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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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es hier eine Bank oder
irgendeinen Park?«

    Sie hörten das ferne, aber durchdringende Signal von Polizeisirenen.

    »Da vorn ist ein Café mit Tischen auf der Straße. Ich brauche
einen Schnaps. Ist dir auch schlecht?«

    »Es geht«, sagte Grau. »Gretzki hatte gar keinen Kopf
mehr. Ich brauche Dörte Volkmann. Sie ist gut in Sozialpolitik, sie müsste
etwas wissen. Verdammt noch mal, Milan, warum hast du eigentlich diesen Mann
mit dem russischen Pass erschossen?«

    Milan erstarrte, sein Gesicht straffte sich, seine Wangenmuskeln
wurden weiß. »Grau, du bist ein Arsch! Warst du nicht dabei, hast du die Augen
zugemacht? Er hat Gretzki erschossen. Drei Schüsse! Was hätte er denn getan? ›Entschuldigung‹
gemurmelt, um zum Lokus zu gehen und zu pinkeln?«

    Er fuchtelte mit beiden Händen vor Graus Gesicht herum.
Dann beugte er sich plötzlich zur Seite und übergab sich. Sein ganzer Körper
zuckte. Er keuchte und sagte: »Es geht mir nicht so gut.«

    »Schon gut, schon gut.« Grau fühlte sich ziemlich
hilflos.

    »Er hätte doch nicht aufgehört zu schießen, dieser Shmalenko«,
sagte Milan würgend. Er wischte sich über das Gesicht. »Ach Grau, wie sagt ihr
Deutschen: Es ist ein Kreuz mit dir.«

    »Tut mir leid«, sagte Grau matt. »Ich habe Dörtes Telefonnummer.
Irgendwo in meinem Hirn habe ich sie. Bestell mir bitte einen Magenbitter oder
so was. Und einen Kaffee. Und … Herrgott, ich habe nicht mal ein Stück Papier
bei mir. Egal, macht nichts. Ich versuche es.« Er wählte eine Nummer in Bonn,
von der er inständig hoffte, dass sie richtig war. Er konnte nicht konzentriert
denken und war von großer Angst erfüllt.

    Ein Mann meldete sich: »Studio des WDR in Bonn.«

    »Gott sei Dank!«, sagte Grau erregt. »Ist Frau Volkmann
da, Dörte Volkmann? Es ist mehr als wichtig.«

    »Ich verbinde Sie.«

    Dann kam ihre Stimme, sachlich, warm.

    »Hör zu, Jobst Grau hier. Ich erzähle dir jetzt eine verrückte
Geschichte. Sie hat etwas mit dem verschwundenen Diplomaten Steeben zu tun.
Hast du Zeit, mir zuzuhören?«

    »Na ja, nicht lange.«

    »Du wirst viel Zeit haben, wenn du erst verstehst, worum
es geht. Die ganze Sache fing damit an, dass ein Amerikaner namens White mich
bat, einen Mann zu suchen. Ich ging nach Berlin …«
    Verkrampft versuchte er, die Geschichte zusammenhängend
zu erzählen, bis er begriff, dass das gar nicht möglich war. Aber er bot Dörte
immerhin einen roten Faden. Als bei ihr der Groschen fiel, als sie kapierte, dass
er es gewesen war, der den ganzen Fall losgetreten hatte, wurde sie aufgeregt:
»Hast du die Sache etwa an die ARD in Berlin gegeben?«

    »Ja«, sagte Grau. »Und jetzt pass auf, dir verspreche ich
den Background der Geschichte kostenlos. Bei diesem Amerikaner White ist ständig
ein Mann des Bundesnachrichtendienstes. Er heißt Dr. Robert Thelen. Thelen ist
in der Caritas aktiv und bezeichnet sich selbst als christlichen Überzeugungstäter.
Ich muss einfach nur wissen: Was macht der in der Caritas, was tut der da?«

    »Die Geschichte glaube ich nicht, Grau. Die ist zu verrückt,
die kaufe ich dir nicht ab.«

    »Lieber Gott, Dörte, hör doch mal zu. Ich will nicht wissen,
ob du die Geschichte glaubst, sondern ich muss rauskriegen, was Thelen in der
Caritas tut.«

    »Das darf nicht wahr sein«, flüsterte sie. »Ich habe den
immer für einen heimlichen Schwulen gehalten. Und nun das! Das hätte ich nie
gedacht. Den kenne ich seit Jahren. Also, Thelen ist Spezialist für Altenheime.
Klingelt es jetzt bei dir, Grau?«

    »Altenheime? Wieso? Wieso muss da etwas klingeln?«

    »Du bist wirklich schwer von Begriff. Also gut, noch mal
ganz langsam: Du suchst einen Mann, der Geld und Kokain nach Berlin
transportiert hat. Den hast du längst gefunden, das wissen wir alle, der ist
mausetot. Jetzt suchst du das Geld und den Stoff. Du denkst, White und dieser
Thelen haben das Zeug.

    Thelen ist der Mann bei der Caritas, der in einem hohen,
teils kirchlichen Gremium den Ausbau, Neubau und Umbau von Altenwohnheimen und
Pflegeheimen in den neuen Bundesländern steuert. Die haben sich die großen Wohlfahrtsträger
aufgeteilt. Das Rote Kreuz baut die Heime in Thüringen, die Leute von der
Arbeiterwohlfahrt die in Brandenburg und so weiter.

    Die Caritas hat jede Menge vergammelte Heime in Ostberlin
übernommen und muss die jetzt sanieren. Wenn Thelen das Kokain hat, brauchte er
es bloß in irgendein Altenheim der Caritas zu bringen. Niemand, Grau, wirklich
niemand wird es

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