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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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schrill.

    Der neue Gast hob den Kopf und grinste sie an. Er sagte
heiter: »Entschuldigung, ich will nicht stören.« Es sah so aus, als würde er
umkehren, aber er drehte sich nicht herum.

    Plötzlich hatte er einen Revolver mit sehr langem, dickem
Lauf in der Hand, war unversehens nur noch zwei Schritte von ihnen entfernt und
sagte vollkommen unbeteiligt: »Tut mir leid, Jungs.«

    Dann schoss er Gretzki in den Kopf. Es machte dreimal
plopp und Gretzkis Kopf flog nach hinten, kam dann nach vorn und fiel einfach
auf den Tisch, als hätte er sich von dem Körper unter ihm unabhängig gemacht.

    Dann schoss Milan ohne irgendeine Körperbewegung. Saß
regungslos da und schoss. Er traf den Mann im Arbeitsanzug in den Kopf. Der
nickte wie eine Marionette zur Seite, als wäre das alles nur ein Spaß, seine
Bewegungen waren die eines Clowns. Blut war auf dem grünen Tuch des Billards.
Dann fiel der Mann in Zeitlupe nach vorn und sackte gekrümmt auf den Dielen
zusammen.

    Milan kam hoch, rannte nach vorn und stellte sich neben
die Eingangstür. Er zischte fast ohne einen Laut: »Wir müssen raus hier, Grau!«
Zum Wirt: »Du hast uns nie gesehen! Es waren drei fremde Gäste, okay? Komm
Grau, aber sieh erst nach, ob er Papiere hat. Los!«

    Grau klopfte den Mann ab. »Er hat nichts bei sich.«

    »Verdammt, dreh ihn um! In der Hosentasche!«

    Da war eine Brieftasche oder etwas Ähnliches. Grau zog
sie heraus und steckte sie ein.

    »Los jetzt.«

    »Hol die Bullen!«, sagte Milan zum Wirt. »Jetzt sofort!«

    Grau starrte auf seine Hände. Sie waren voll mit Blut und
irgendeiner grauen Masse. Gretzkis Gehirn, dachte er mechanisch, Gretzkis
kluges Köpfchen.

    Er ging hinter die Theke, tauchte die Hände in das Spülbecken
für die Gläser und griff dann nach einem Küchentuch. Fiebrig dachte er: Meike,
hol mich aus dieser Sache raus! Mein Eichhörnchen, mir wächst das alles über
den Kopf! Dann zog er den Stöpsel aus dem Becken. Es war totenstill. Der Wirt
lehnte an einem hohen Regal und war ziemlich blass.

    Als der erste von Gretzkis Männern durch die Tür kam, schoss
Milan in den Türrahmen und schrie laut: »Draußen bleiben! Die Bullen kommen!«
Dann lief er vor Grau her durch den Hinterausgang.

    Sie rannten etwa zehn Minuten, ohne innezuhalten, aber auch
nicht allzu hastig, dann blieb Milan stehen. »Los, sieh in der Brieftasche
nach! Wir müssen wissen, wer der Mann war.«

    Grau kramte darin herum, fand einen Pass, schlug ihn auf,
konnte die kyrillische Schrift nicht lesen und gab ihn an Milan weiter.

    »Shmalenko«, murmelte Milan. »Er ist Russe. Sicher einer
von Davidoffs Leuten. Davidoff hat sich bestimmt gefreut, dass Gretzki so dumm
war, hierherzukommen. Wahrscheinlich ist der Pass falsch, der Mann sprach an
der Theke astreines Deutsch. Egal. Komm weiter.«

    »Warte doch mal«, sagte Grau. Er rief Sundern an, bekam
jemand, dessen Stimme er nicht kannte, und verlangte Meike.

    »Ja?«, fragte sie aufgeregt. »Oh, Scheiße, Grau, ich habe
so Angst um dich, wenn du da draußen rumläufst. Komm doch her.«

    »Hör zu. Gretzki ist tot. Er ist direkt vor unseren Augen
erschossen worden. Wahrscheinlich war es ein Mann von Davidoff. Du solltest
dich auf die Socken machen.«

    »Das haben wir doch schon besprochen, Grau, das geht
nicht. Ich lasse meine Adoptivfamilie hier nicht allein. Wann kommst du?«

    »So schnell wie möglich.«

    »He, nicht auflegen. Ich soll dir sagen, dass Bullen hier
sind. Ziemlich viele sogar. Sie fotografieren und filmen.«

    »Sie werden spätestens damit aufhören, wenn heute Abend
in der ARD die Nachrichten laufen«, sagte Grau bissig. Er unterbrach die
Verbindung und fragte Milan: »Kann man in Mehmets Haus auch durch die Keller
oder über die Dächer kommen?«

    »Weiß ich nicht«, sagte Milan. »Das muss man ausprobieren,
vielleicht geht es. Also, Gretzki ist raus, bleibt Davidoff. White und Thelen
brauchen nur zu warten, die Schweine.«

    »Ich werde Dörte anrufen«, sagte Grau ohne Atem. »Ich muss
rausfinden, was Thelen tut, wenn er gerade ganz katholisch ist.«

    »Was soll das?«, fragte Milan misstrauisch.

    »Verdammt«, fluchte Grau heftig. »Es ist doch eigentlich ganz
einfach. Wenn wir das gottverdammte Geld haben und den Stoff, ist Sundern raus,
oder? Also müssen wir es suchen.«

    »Aber White und Thelen werden es dir nicht zeigen«, erwiderte
Milan.

    »Vielleicht müssen sie das gar nicht«, sagte Grau leise.
»Wo ist hier ein Café? Oder, nein, warte. Gibt

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