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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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stießen. Ich für meinen Teil habe einmal den Schrank gestreift.«
    »Der Trick dabei ist wohl, gar nicht darüber nachzudenken. Auch diese Burschen, die an ihren Stücken geschwitzt haben, dachten nicht mehr über die einzelnen Handgriffe nach. Taljen fieren, auswischen, einrammen, das ging alles ganz mechanisch. Ja, ich bin wirklich sehr stolz auf sie, besonders auf die Crews von Nummer drei und Nummer fünf in der Backbordbatterie. Und zu Beginn waren gerade sie die schlimmsten Tölpel, glauben Sie mir.«
    »Sie gehen wirklich mit bewundernswertem Ernst an ihre Ertüchtigung.«
    »Wieso — ja, sicher. Wir haben keine Minute zu verlieren.«
    »Tja ... Und diesen ständigen Zeitdruck empfinden Sie nicht als bedrückend, als enervierend?«
    »Herrgott, nein. Er gehört zu unserem Leben wie — wie das Pökelfleisch. In Tidengewässern stehen wir sogar noch mehr unter Druck. Binnen fünf Minuten kann auf See alles mögliche passieren — haha, dazu sollten Sie mal Lord Nelson hören! Was die Artillerie betrifft, so kann eine einzige Breitseite ein Schiff entmasten und damit das Gefecht entscheiden. Niemand vermag zu sagen, ob wir nicht schon in der nächsten Stunde gezwungen sind, eine abzufeuern. Auf See muß man auf alles gefaßt sein.«
    Wie wahr... Ein Argusauge, das die Dunkelheit durchdringen konnte, hätte gerade in diesem Moment das Kielwasser der nach Cartagena segelnden spanischen Fregatte Cacafuego entdeckt, die mit Sicherheit der Sophie begegnet wäre, wenn diese sich nicht eine Viertelstunde damit aufgehalten hätte, die Fackeln auf den Fässern zu löschen. Aber so ging die Cacafuego ungesehen eineinhalb Meilen westlich an der Sophie vorbei, und kein Schiff ahnte etwas vom anderen. Dasselbe Argusauge hätte noch eine Reihe anderer Fahrzeuge in der Nähe von Kap Náo gesehen, denn der ganze Schiffsverkehr von Almena, Alicante oder Malaga mußte diese Landspitze runden — wie Jack sehr wohl wußte. Das Argusauge hätte insbesondere einen kleinen, nach Valencia bestimmten Konvoi bemerkt, der unter dem Geleitschutz eines Freibeuters segelte. Und es hätte erkannt, daß Sophies Kurs, falls er beibehalten wurde, die Brigg in der letzten halben Stunde vor der Morgendämmerung dicht unter Land in Luv an den Konvoi heranbringen würde.
    »Sir, Sir«, piepste Babbington in Jacks Ohr.
    »Still, mein Liebling«, murmelte sein Kommandant, der im Traum mit einem ganz anderen Geschlecht beschäftigt war. »Hä?«
    »Mr. Dillon läßt Ihnen sagen, wir haben Topplichter in Sicht.«
    »Ha!« Mit einemmal hellwach, stürzte Jack im Nachthemd hinauf an Deck.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte James, salutierte im grauen Licht und reichte ihm sein Nachtglas.
    »Guten Morgen, Mr. Dillon.« In Erwiderung des Saluts tippte Jack an seine Nachtmütze und hob das Teleskop. »Welche Peilung?«
    »Genau querab, Sir.«
    »Bei Gott, Sie haben gute Augen.« Jack ließ das Glas sinken, wischte es sauber und spähte noch einmal in den wabernden Morgendunst. »Zwei. Drei. Und noch ein viertes, glaube ich.«
    Die Sophie lag beigedreht unter einem dunklen Kliff, das backstehende Fockbramsegel gegen den Mast gepreßt und das Großbramsegel beinahe voll, so daß eines das andere ausbalancierte. Der Wind — soweit überhaupt feststellbar — kam in kleinen, unberechenbaren Stößen aus Nordnordwest und brachte den Duft der warmen Hügel mit. Aber in Bälde, wenn die Sonne das Land aufheizte, würde er zweifellos auf Nordost oder sogar Ost drehen.
    Jack sprang in die Wanten. »Wir wollen uns die Sache von oben ansehen«, sagte er. »Oh, zur Hölle mit diesen Röcken.«
    Es wurde heller; der Morgendunst lichtete sich und enthüllte fünf Fahrzeuge, in unregelmäßiger Reihe oder fast auf einem Haufen segelnd. Alle waren schon mit den Rümpfen über der Kimm, und das nächste stand nicht mehr als eine Viertelmeile querab. Sie hielten fast genau nach Süden, zuerst das Vollschiff Gloire , ein schneller Freibeuter aus Toulon, bewaffnet mit zwölf Achtpfündern. Jaume Mateu, ein reicher Kaufmann aus Barcelona, hatte ihn gechartert, um seine beiden Schebecken zu beschützen, die Pardal und die Xaloc , mit jeweils sechs Kanonen.
    Letztere hatte außerdem eine wertvolle (und illegale) Sendung unverzolltes Quecksilber geladen.
    Die Pardal stand in Lee achteraus vom Freibeuter und fast auf gleicher Höhe mit ihr, aber in dessen Luv und nur vier-oder fünfhundert Meter von der Sophie entfernt, segelte die Santa Lucia , eine neapolitanische Schnau. Sie war

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