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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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kletternd und zu zweit oder zu dritt in die Boote unten springend — der unaufhörliche Befehl der Bootsmannsgehilfen »Klar zum Gefecht, klar zum Gefecht«, ausgestoßen in gellendem Flüstern — Unteroffiziere, die ihre Teams musterten und die Narren (wovon die Sophie ein gerüttelt Maß besaß) mit ihren drängenden Fragen nach dem Was und dem Warum zum Schweigen brachten — Jacks gedämpfte Stimme, die in der Dunkelheit nach Mr. Ricketts und Mr. Babbington rief...
    »Sir? «
    »Auf meinen Befehl entern Sie beide mit den Toppgasten sofort auf und setzen schleunigst alle Mars- und Bramsegel.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Überraschung allenthalben. Das langsame, wachsende Erstaunen auf der Santa Lucia , wo die Wache verschlafen die Brigg anstarrte, die immer näher driftete; wollte sie sich dem Konvoi anschließen? »Das ist dieser Däne, der immer an der Küste auf und ab kriecht«, meinte ein Gewitzter. Und dann die Verblüffung beim Anblick zweier Boote, die hinter der Brigg hervor auf sie zuschossen. Nach der ersten Schrecksekunde taten die Leute auf der Santa Lucia ihr Bestes. Sie rannten um ihre Musketen, sie zogen die Entermesser und banden eine Kanone los. Aber jeder der sieben Männer handelte unabhängig von den anderen, und außerdem blieb ihnen weniger als eine Minute Zeit. Als die brüllenden Sophies ihre Boote an den Fock- und Großrüsten festmachten und übers Schanzkleid quollen, wurden sie deshalb nur mit einem Musketenschuß, dem Geknattere einiger Pistolen und halbherzigen Hieben der Entermesser empfangen. Im nächsten Augenblick hatten sich die vier Gelenkigsten ins Rigg geflüchtet, einer rannte nach unten, und zwei lagen tot oder verwundet an Deck.
    Dillon trat die Kajüttür auf und starrte den jungen Steuermann über den Lauf seiner schweren Pistole drohend an. »Sie ergeben sich?«
    »Oui, monsieur« , stammelte der Junge.
    »An Deck mit Ihnen.« Dillons Kopf ruckte Richtung Niedergang. »Murphy, Busseil, Thompson, King — verschalkt die Luken. Los, los, macht schon. Davies, Chambers, Wood — an die Schoten. Andrews, hol die Fock dicht!«
    Er selbst sprang ans Steuerrad, stieß einen leblosen Körper beiseite und legte Ruder. Die Santa Lucia drehte erst langsam, dann immer williger vom Wind weg. Mit einem Blick über die Schulter sah Dillon, daß sich auf der Sophie schon die Bramsegel füllten; Fock, Großstagsegel und Gaffelgroß folgten fast im selben Augenblick. Er duckte sich und spähte unter seiner Fock nach vorn: Das Vollschiff vor ihm begann zu halsen — es drehte vor den Wind und wollte auf dem anderen Bug anluven, um die Prise zu retten. An Bord herrschte fieberhafte Aktivität, ebenso auf den drei anderen Schiffen des Konvois: Männer rannten umher, Geschrei, Pfeifentrillern, Trommelwirbel drangen herüber — aber bei dem schwachen Wind und der geringen Segelfläche geschah alles mit der Langsamkeit einer Pantomime, präzise, vorhersehbar und leise. Jetzt wurden überall Segel gesetzt, aber die Schiffe lagen immer noch reglos im Wasser, und James bekam das seltsame Gefühl, selbst Teil dieses Schweigens zu sein — eines Schweigens, das im nächsten Augenblick von der Sophie unterbrochen wurde, die mit fliegenden Fahnen am Backbordbug der Schnau vorbeiglitt und ihnen ein donnerndes Hurra herüberschickte. Sie allein schob eine nennenswerte Bugwelle vor sich her, und mit einer stolzen Aufwallung sah James, daß jedes ihrer Segel bereits geschotet war und optimal zog. Mit unglaublicher Geschwindigkeit strömten die zusammengerollten Hängematten von unten herauf — zwei fielen in der Eile über Bord —, und auf dem Achterdeck reckte sich Jack höher als die Schutznetze, schwenkte seinen Hut und brüllte »Gut gemacht, Sir, sehr gut!« zu ihnen herüber, als sie passierten. Die Enterer jubelten nun ihrerseits den alten Bordkameraden zu, und damit wich die Atmosphäre blutgieriger Mordlust endgültig vom Deck der Schnau. Erneutes Jubelgeschrei der Briten, und diesmal kam ein allgemeines Geheul als Antwort von unten.
    Die Sophie machte unter Vollzeug fast vier Knoten. Die Gloire dagegen hatte kaum Ruderwirkung und bei ihrer Halse noch mehr Fahrt verloren — sie befand sich unaufhaltsam in einer langsamen Drehung, die ihr ungeschütztes Heck Sophies Breitseite aussetzen mußte. Die Distanz zwischen beiden Schiffen betrug weniger als eine Viertelmeile und nahm rasch weiter ab. Aber der französische Kommandant war kein Narr. Jack sah, daß sein Besanbramsegel jetzt backgestellt

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