Kurs auf Spaniens Kueste
gekostet haben, beide zu erobern, denn die Schebecke hatte sich später bestimmt keinen Deut um ihre übereilte Kapitulation geschert.
»Sehr gute Arbeit, Mr. Dillon«, rief er, als James an Bord der Sophie kam, eine Gestalt in zerrissener, unbekannter Uniform vor sich herschiebend. »Hat sie versucht, sich davonzustehlen?«
» Versucht hat sie’s, Sir«, sagte James. »Erlauben Sie, daß ich Ihnen Kapitän La Hire von der Königlich-Französischen Artillerie präsentiere.« Sie verbeugten sich und wechselten einen Händedruck. La Hire sagte leise und echauffiert: »alten zu Gnaden«, und Jack erwiderte: » Domestique, monsieur .«
»Die Schnau war eine neapolitanische Prise«, berichtete James. »Kapitän La Hire war so freundlich, das Kommando über ihre königstreuen französischen Passagiere und die italienischen Seeleute zu übernehmen und die Prisenbesatzung in Schach zu halten, während wir zur Schebecke pullten, um sie in Besitz zu nehmen. Leider standen die andere Schebecke und die Tartane schon zu weit in Luv, ehe wir unsere Prisen gesichert hatten; so konnten sie an der Küste entlang entkommen und liegen jetzt unter den Kanonen von Almoraira.«
»Ah so? Dann wollen wir mal einen Blick in diese Bucht werfen, sobald die Gefangenen an Bord gebracht sind. Viele Gefangene, Mr. Dillon?«
»Nur an die zwanzig, Sir, weil die Mannschaft der Schnau ja mit uns verbündet ist. Sie war auf dem Weg nach Gibraltar.«
»Wann wurden die Franzosen überwältigt?«
»Oh, schon vor gut acht Tagen — die Prise gehört mit Fug und Recht uns.«
»Um so besser. Stießen Sie auf heftigen Widerstand?«
»Nein, Sir, es war halb so schlimm. Wir haben zwei Narren von der Prisencrew eins über den Schädel gehauen, und auf der Schebecke gab es ein dummes kleines Handgemenge — ein Mann wurde von einer Pistolenkugel getroffen. Ich hoffe, auch bei Ihnen ging alles glatt, Sir?«
»Ja, gewiß — keine Toten, keine Schwerverwundeten. Der Freibeuter gab zu schnell Fersengeld, als daß er uns großen Schaden hätte zufügen können. Machte vier Knoten gegen unsere drei, selbst ohne die Royals. Wirklich ein extrem schneller Segler.«
Jack hatte den Eindruck, daß ein Schatten über Dillons Gesicht glitt oder sein Ton reservierter wurde. Aber bei der Eile, mit der er die nächsten Aufgaben erledigen mußte — die Prisen überprüfen, die Gefangenen unterbringen —, konnte er sich nicht Rechenschaft darüber ablegen, warum er sich so unangenehm berührt fühlte. Das wurde ihm erst zwei oder drei Stunden später klar, als sich dieser Eindruck bestätigte und indirekt präzisierte.
Sie saßen in Jacks Kajüte, vor sich auf dem Tisch die Karte mit Kap Náo, in dessen drohendem Schatten Kap Almoraira und Kap Ifach vorsprangen, zwischen sich die Bucht mit dem Dorf Almoraira. Rechts von ihm saß James, links Stephen und gegenüber Mr. Marshall.
»Und wir dürfen auch nicht vergessen«, sagte Jack gerade, »was der Doktor hier herausgefunden hat: Der Spanier hat ihm berichtet, daß die andere Schebecke eine Ladung Quecksilber an Bord hat, versteckt in harmlosen Mehlsäcken. Also müssen wir sie mit größter Vorsicht behandeln.«
»Oh, natürlich, natürlich«, sagte James Dillon.
Jack warf ihm einen scharfen Blick zu und sah danach sogleich wieder auf die Karte, die von einer Skizze Stephens ergänzt wurde; sie zeigte eine kleine Bucht mit einem Dorf und einem viereckigen Wehrturm an ihrem Scheitel. Eine niedrige Mole ragte zwanzig oder dreißig Meter weit ins Meer hinaus, knickte dann nach links ab und endete nach weiteren fünfzig Metern an einem großen Felsen; so entstand ein Hafen, der gegen Wind aus allen Richtungen bis auf Südwest geschützt war. Ein steiles Kliff zog sich an der Rückseite des Dorfes bis zur nordöstlichen Landspitze der Bucht hin. Auf der anderen Seite reichte ein Sandstrand vom Wehrturm bis zur südwestlichen Huk, hinter der das Terrain abermals hoch und schroff wurde. Denkt der Bursche etwa, daß ich kneife? fragte sich Jack. Daß ich den Freibeuter entkommen ließ, weil ich nichts riskieren und lieber schnell zur Prise zurück wollte?
Der Turm beherrschte mit seiner Batterie die Hafeneinfahrt. Er stand etwa zwanzig Meter südlich vom Dorf und dem Kiesstrand, auf den die Fischerboote gezogen wurden.
»Nun zu diesem Felsen am Kopf der Mole«, sagte Jack laut. »Könnte er gut drei Meter hoch sein?«
»Wahrscheinlich höher. Aber es ist acht oder neun Jahre her, seit ich dort war«, antwortete
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