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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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seinem Gesicht kurz ein Ausdruck blanker Wut sichtbar. Doch dann grüßte er beherrscht den Ersten der Burford und den Offizier der Wache.
    »Guten Morgen, guten Morgen. Dieser Morgen muß Ihnen doch ganz besonders schön Vorkommen«, antworteten sie. »Da drüben liegt sie: gleich hinter der Généreux .«
    Dillons Blick suchte den belebten Hafen ab. Das Licht fiel fast waagerecht ein, so daß die leicht gekräuselte Wasserfläche ein blendendes Glitzern zurückwarf und alle Masten und Rahen seltsam plastisch wirkten.
    »Nein, nein«, sagten seine Kameraden. »Drüben bei der Ausrüstungshulk. Die Feluke hat sie nur verdeckt. Da — können Sie sie jetzt erkennen?«
    Er konnte. Vorher hatte er in viel zu großer Höhe gesucht und die Sophie , die nicht mehr als eine Kabellänge entfernt sehr tief im Wasser lag, glatt übersehen. Er stützte sich mit beiden Händen auf die Reling und studierte sein neues Schiff voll gespannter Aufmerksamkeit. Nach einer Weile lieh er sich das Teleskop vom Offizier der Wache und untersuchte sie noch einmal gründlich vom Bug bis zum Heck. Dabei blieb sein Blick an einer funkelnden Epaulette hängen, die nur dem Kommandanten gehören konnte. Ihre Besatzung wirkte so tatendurstig wie ein Bienenschwarm vor dem Hochzeitsflug.
    Dillon war auf eine kleine Brigg gefaßt gewesen, doch nicht auf einen Zwerg. Die meisten Slups von vierzehn Kanonen verdrängten zweihundert bis zweihundertfünfzig Tonnen. Aber bei der Sophie konnten es nicht mehr als hundertfünfzig sein.
    »Ihr kleines Hüttendeck finde ich ganz reizend«, sagte der Offizier der Wache. »Es ist die frühere spanische Vencejo , nicht wahr? Und daß sie ein bißchen niedrig aussieht — mein Gott, jedes Schiff, das man von einem Vierundsiebziger herab aus der Nähe betrachtet, wirkt niedrig.«
    Drei Dinge über die Sophie waren allgemein bekannt: erstens, daß sie im Unterschied zu den meisten anderen Briggs achtern einen kleinen Aufbau mit Hüttendeck besaß; zweitens, daß sie früher den Spaniern gehört hatte; und drittens, daß sie sich einer Ulmenpumpe auf dem Vordeck rühmen konnte, eines ausgehöhlten Ulmenstamms, der direkt in die See führte und durch den das Wasser zum Deckwaschen heraufgepumpt wurde — ein unwichtiges Detail, aber auf einem kleinen Schiff so ungewöhnlich, daß es sich jedem Seemann einprägte.
    »Ihr Quartier mag ja vielleicht etwas eng sein«, meinte der Erste Offizier. »Aber Sie werden es bestimmt erholsam finden, die Konvois in aller Ruhe kreuz und quer durchs Mittelmeer zu geleiten.«
    »Naja ...« James Dillon fand nicht so schnell die passende Entgegnung auf diese vielleicht freundlich gemeinte Bemerkung. »Naja«, wiederholte er deshalb nur und zuckte resigniert die Achseln. »Sie werden doch ein Boot für mich abstellen, Sir? Ich möchte mich so früh wie möglich drüben an Bord melden.«
    »Ein Boot? Hol mich der Henker«, rief der Erste empört. »Als nächstes wird man noch eine Admiralsbarkasse von mir verlangen. Passagiere der Burford lassen sich ein Fährboot rufen, Mr. Dillon. Andernfalls können sie schwimmen.« Mit kalter Abneigung starrte er James an, bis ihn ein Kichern des Quartermasters verriet. Mr. Coffin liebte es nämlich zu scherzen, selbst vor dem Frühstück.
    »Dillon, Sir. Melde mich mit Ihrer Erlaubnis zum Dienst«, sagte James und nahm den Hut ab, so daß sein Haarschopf in der grellen Sonne feuerrot aufleuchtete.
    »Willkommen an Bord, Mr. Dillon.« Jack tippte seinerseits grüßend an den Hut, streckte die Hand aus und musterte seinen neuen Ersten so intensiv, daß seine Miene fast abweisend wirkte. »Sie wären hier jederzeit willkommen, sind es heute aber ganz besonders, denn wir haben einen arbeitsreichen Tag vor uns ... He, Ausguck! Regt sich schon was auf der Werft?«
    »Alles ruhig, Sir.«
    »Der Wind könnte nicht günstiger sein«, sagte Jack und spähte wohl zum hundertsten Mal zu den wenigen weißen Wölkchen auf, die langsam über den Schönwetterhimmel zogen. »Doch bei dem steigenden Barometer ist ihm nicht zu trauen.«
    »Ihr Kaffee ist serviert, Sir«, meldete der Steward.
    »Danke, Killick. Was gibt’s, Mr. Lamb?«
    »Ich habe keine Ringbolzen, die auch nur annähernd groß genug wären, Sir«, beklagte sich der Zimmermann. »Aber ich weiß, auf der Werft liegt ein ganzer Haufen davon. Darf ich darum schicken?«
    »Nein, Mr. Lamb. Setzen Sie keinen Fuß in diese Werft, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist. Verdoppeln Sie die vorhandenen Klinkbolzen, dann

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