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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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käuflich gewesen. Er hätte das Geld zurückgewiesen und sogar überall rumerzählt, dass Matteuer-Immobilien ihn kaufen wollte.«
    »Schön blöd«, knurrte Tove. »Ich hätte die Kohle genommen.«
    Mamma Carlotta war empört. »Sie sollten sich schämen!«
    »Die anderen schämen sich ja auch nicht«, gab Tove zurück, holte den Zahnstocher aus dem Mund, besah ihn sich lange und fing dann an, die Zwischenräume seines Gebisses zu reinigen.
    Erstaunlicherweise hatte sogar Fietje zu dieser Sache eine Meinung. »Die anderen Gemeinderatsmitglieder behaupten, ihnen wären keine Bestechungsgelder angeboten worden. Ludo Thöneßen hätte sich das aus den Fingern gesogen.«
    »Warum sollte er das tun?«, fragte Mamma Carlotta.
    Aber Fietje zuckte nur mit den Schultern. Diesbezügliche Mutmaßungen waren nicht in einem halben Satz zu erledigen, also ließ er es lieber.
    »Vielleicht Rache?«, meinte Tove und spießte eine Fischfrikadelle auf, um ihre Unterseite zu betrachten, während der Zahnstocher wieder in seinem Mund hin und her zappelte.
    »An wem will er sich denn rächen?« Mamma Carlotta erwärmte sich allmählich für das Thema.
    »Was weiß ich?« Tove stellte fest, dass die Unterseite der Fischfrikadelle appetitlicher aussah als die Oberseite, und fing an, sie alle umzudrehen. »Ludo Thöneßen steht das Wasser bis zum Hals. Wenn sein Squashcenter auch noch den Bach runtergeht, hat er nichts mehr. Ich weiß das. Seit er sich die Sansibar und das Gogärtchen nicht mehr leisten kann, holt er sich manchmal eine Currywurst bei mir. Und dann erzählt er schon mal dies und das. Zum Beispiel, dass die anderen ihn von oben herab behandeln, seit er sein Vermögen verloren hat.«
    Mamma Carlotta griff sich an den Kopf, als wollte sie sich die Haare raufen. »Wenn’s ihm schlecht geht, wäre doch gerade er derjenige, der das Bestechungsgeld annimmt und dann im Gemeinderat für die Pläne von Matteuer-Immobilien stimmt.«
    Tove grinste. »Tja, Signora, es soll noch anständige Menschen geben! Versteh ich genauso wenig wie Sie.«
    Entrüstet wies Mamma Carlotta den Verdacht zurück, dass sie kein Verständnis für die Charakterstärke eines aufrechten Mannes habe. Und da sie, wenn sie entrüstet war, noch lauter sprach als sonst, war Fietjes Stimme kaum zu verstehen.
    »Er war übrigens lange nicht zu Hause«, stellte er fest. »Seit mindestens drei Tagen nicht.«
    Tove glotzte seinen einzigen Stammgast an. »Hast du schon wieder vor der Sauna im Squashcenter gespannt?«
    Mamma Carlotta griff prompt nach ihrem Weinglas und nippte daran, in der Hoffnung, so lange nippen zu können, bis von Fietjes schlechter Angewohnheit nicht mehr die Rede war. Dass der Strandwärter sich gerne bei Dunkelheit auf der Insel herumtrieb und in fremde Fenster blickte, wusste sie, aber warum er das tat und was er zu sehen hoffte, davon wollte sie nichts hören. Schlimm genug, dass er immer wieder von empörten Feriengästen angezeigt und von Erik deshalb regelmäßig in Gewahrsam genommen wurde. Was für ein Glück, dass ihr Schwiegersohn nicht wusste, wie gut sie mit Fietje Tiensch bekannt war!
    »Er wohnt in diesem kleinen Apartment, direkt hinter der Sauna«, verteidigte sich Fietje, als wäre damit erklärt, dass die Umkleidekabinen der Sauna einen unwiderstehlichen Reiz auf ihn ausübten. »Seit er seine Villa verkaufen musste.«
    »Und da hast du ihn seit Tagen nicht gesehen?«, höhnte Tove und spuckte seinen Zahnstocher hinter die Theke.
    »Jawoll«, antwortete Fietje, zog die Bommelmütze tiefer in die Stirn und starrte so tief in sein Jever, dass Mamma Carlotta wusste: Sein Kontingent an Wörtern und Sätzen war für diesen Tag erschöpft.
    Aber immerhin griff er nach dem Stift, den Mamma Carlotta ihm hinlegte, und setzte seinen Namen auf die Unterschriftenliste, während Tove Griess dabei blieb, dass er mit der Bürgerinitiative und ihren Zielen nichts zu tun haben wollte. »Von mir aus sollen die das Gesundheitshaus ruhig bauen.«
    Ehe Mamma Carlotta sich empören und die vielen Gründe aufzählen konnte, die die Kinder ihr eingebläut hatten, öffnete sich die Tür von Käptens Kajüte, und eine fröhliche Stimme rief: »Moin!«
    Die junge Frau mit den roten Locken strahlte Tove Griess so lange an, bis der tatsächlich so was Ähnliches wie ein Lächeln produzierte. »Was darf’s sein?«
    »Ich habe gehört, hier gibt’s die besten Fischbrötchen von Sylt!«
    Tove fiel die Kinnlade herunter, und Fietje verschluckte sich an seinem

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