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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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sich wegen eines Mannes umbringt.« Als sie Erik ansah, schien sie aus weiter Ferne zurückzukommen. »Lies weiter.«
    »Nein, ich bringe mich nicht um, weil er mich unglücklich gemacht hat. Ich will nicht mehr leben, weil ich ihn auf dem Gewissen habe. Es war ganz leicht. Aber ich habe nicht geahnt, wie schwer es ist, mit der Schuld zu leben. Ich kann nicht mehr.«
    Die letzten Worte waren leicht verwischt, als hätte Matilda geweint. Der Brief schloss ohne Gruß ab, als sei sie mit ihren Kräften am Ende gewesen. Nur ihren Namen hatte sie rechts unten aufs Briefblatt gesetzt.
    Erik griff nach der Hand von Corinna, die wie versteinert dasaß. »Ludo Thöneßen?«, fragte er noch einmal. »Der wird seit Tagen vermisst.«
    »Dieser kleine Versager!«, stieß Corinna hervor. »Dieser Habenichts! Dieser lächerliche Gutmensch! Für den wirft sie ihr Leben weg?«
    »Wenn das stimmt, was in dem Brief steht, müssen wir seine Leiche finden«, sagte Erik nervös. »Kannst du mir helfen? Hast du eine Ahnung, wo sie ihn umgebracht haben könnte?«
    Corinna zuckte mit den Schultern, als wäre ihr Ludos Leiche von Herzen egal. Dann nickte sie zu der weißen Plastikkarte. »Vielleicht in einem Hotel?«
    Erik steckte die Plastikkarte ein und erhob sich. Unsicher sah er auf Corinna herab. Was sollte mit ihr geschehen? Konnte er sie allein lassen? Wollte sie vielleicht sogar lieber allein sein?
    Im selben Augenblick sah sie auf. »Bitte, bleib bei mir. Ich kann jetzt unmöglich allein sein. Wenn du gehst, stürze ich mich auch vom Balkon.«
    Erik merkte, dass er unwillig die Stirn runzelte. So gut er ihre Not und ihren Schmerz verstehen konnte, dass sie gleichzeitig versuchte, ihn zu erpressen, gefiel ihm trotzdem nicht. Aber dann rief er sich zur Ordnung. Er durfte jetzt kein Wort auf die Goldwaage legen. Corinna befand sich in einem Ausnahmezustand. Sie hatte den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren. Nein, er musste dafür sorgen, dass sie irgendwo unterkam, wo sie Schlaf finden konnte.

M amma Carlotta schob Wiebke Reimers in die Küche und drückte sie auf einen Stuhl. »Madonna, was für eine Tragödie! Die arme Frau! Wie verzweifelt muss sie gewesen sein, dass sie keinen anderen Ausweg wusste.« Sie lief in den Vorratsraum und kam mit einer Grappaflasche zurück. »Nett, dass Sie mich nach Hause gebracht haben. Ich hätte stundenlang auf meinen Schwiegersohn warten müssen.«
    »Meinen Sie?« Wiebke sah sich in der Küche um, als interessierte sie jedes Detail der Einrichtung. »Bei einem Selbstmord müssen doch keine Spuren gesichert werden.«
    »Sì, e vero!« Mamma Carlotta riss die Kühlschranktür auf und holte Antipasti heraus, marinierte Zucchini, Champignons und Auberginen, eingelegte getrocknete Tomaten und die Oliven, die sie aus Umbrien mitgebracht hatte. »Die sind von unserem Nachbarn, einem Olivenbauern. Feinkost Meyer hat zwar auch gute Oliven, aber diese sind noch besser.« Sie lief erneut in die Vorratskammer und kam mit einem Suppentopf zurück. »Es ist noch was von der Ginestrata da.«
    »Ginestrata?«, gab Wiebke zurück, während sie die Antipasti probierte und zu Mamma Carlottas Freude entzückt die Augen verdrehte.
    »Eiercremesuppe«, übersetzte Mamma Carlotta. »Eigelb in Geflügelbrühe einrühren, Marsala dazu und mit Salz und Zimt würzen! Dann Butterflöckchen zugeben, ein wenig Muskatnuss und eine Prise Zucker. Schon ist die Ginestrata fertig. Aber mit dem Aufwärmen muss man vorsichtig sein. Sie darf nicht mehr kochen.«
    »Bitte, keine Umstände«, versuchte es Wiebke Reimers der Höflichkeit halber.
    »Che sciocchezza! Das sind keine Umstände. Ich muss mich doch bei Ihnen bedanken. Nicht nur dafür, dass Sie mich nach Hause gebracht haben, auch dafür, dass Sie … wie sagt man?«
    Wiebke grinste. »… dass ich dichtgehalten haben?«
    »Sì! Wenn meine Enkelkinder wüssten, dass ich im Baubüro war, um für meinen Neffen um das Bistro im Gesundheitshaus zu bitten … Mamma mia! Aber wenn Niccolò erfährt, dass ich mein Versprechen nicht gehalten habe, nur weil ich mit Carolina und Felice gegen Matteuer-Immobilien protestiere, das wäre genauso schlimm.« Seufzend ergänzte sie: »Man kann es einfach nicht allen recht machen.«
    »Vielleicht ändert sich jetzt alles. Wenn die Tote Corinna Matteuer ist, wird Schluss sein mit Matteuer-Immobilien.«
    »Aber es könnte auch ihre Zwillingsschwester sein.« Mamma Carlotta rührte in der Suppe, dass es nur so spritzte. »Haben Sie eine

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