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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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von Wiebke und suchten die seiner Schwiegermutter. Dass die Bürgerinitiative von Ludos Tod überrascht wurde, hatte er nicht zu hoffen gewagt. Er war sicher gewesen, dass Mamma Carlotta längst die eine oder andere Bemerkung hatte fallen lassen, um damit Fragen herauszufordern, denen dann unmöglich auszuweichen war. Er kannte das ja. »Sollte ich etwa lügen?« Auf diese Gegenfrage war Erik gefasst gewesen, wenn er seiner Schwiegermutter mit Vorwürfen gekommen wäre. Aber er hatte sich getäuscht, und still und heimlich bat er sie um Verzeihung. Weder Jacqueline noch die Mitglieder von »Verraten und verkauft« schienen zu wissen, was mit Ludo Thöneßen geschehen war. Nur Wiebke wusste Bescheid, und auch sie schien geschwiegen zu haben.
    Erik blieb dabei, dass niemand erfahren sollte, wer Ludo Thöneßen auf dem Gewissen hatte. Nur dass er ermordet worden war, teilte er kurz und sachlich mit und ergänzte in die eisige Stille: »Schon in der Nacht von Freitag auf Samstag. Wir haben seine Leiche erst heute gefunden.«
    Sören stand an seiner Seite, die Hände auf dem Rücken, und beobachtete die Mitglieder der Bürgerinitiative. Mamma Carlotta saß aufrecht an einem Tisch, als sonnte sie sich in der Bedeutung, die ihrem Schwiegersohn in diesem Augenblick zuteilwurde. Wiebke hing an seinen Lippen, was Erik zu übersehen versuchte, weil es ihn nervös machte.
    Nicht lange, dann kam die Frage, mit der er gerechnet hatte. »Wer war es?«
    »Gibt es schon einen Verdacht?«, ergänzte Wiebke sogar, als wüsste sie genauso wenig wie alle anderen, und zeigte ihm damit, dass sie sich an ihr Versprechen hielt. Erik war froh, dass sie eine Anrede umging und ihn nicht in aller Öffentlichkeit duzte. Die Frage, wie es mit ihnen weitergehen sollte, hatte er sich mehrmals gestellt und dann jedes Mal an Lucia gedacht. Jetzt gab es noch eine andere Antwort: Er musste sich erst von den Erinnerungen an seine Jugend mit Corinna befreien. Er war zu sehr Friese, das Spontane ängstigte ihn. Er musste herausfinden, was es mit diesem Kuss am Vormittag auf sich hatte, was er ihm bedeutete, was er für Wiebke bedeutete, wohin er führen konnte. Seine Vernunft musste dem verwirrenden Gefühl folgen, das in ihm erzeugt worden war, und das ging nicht so schnell wie damals bei Lucia. Er war älter geworden, er entschied nicht mehr für sich allein. Er brauchte Zeit zum Nachdenken, aber er ahnte, dass Wiebke ihm diese Zeit nicht gern lassen würde.
    Erik entschloss sich, nicht auf ihre Frage zu antworten. Wenn auch Ludos Mörderin bekannt war, er wollte etwas von den Hintergründen erfahren. Und denen würde er eher auf die Schliche kommen, wenn diese Menschen, die Ludo Thöneßen gut gekannt hatten, darauf aus waren, seinen Mörder zu entlarven.
    Er machte einen Schritt auf die Tür neben der Theke zu, hinter der Ludos Büro war. »Wer etwas sagen kann, was uns weiterhilft, den bitte ich ins Büro. Vielleicht hat jemand irgendwelche Beobachtungen gemacht, etwas gesehen, was unwichtig schien und erst jetzt eine Bedeutung bekommt?« Er machte noch einen Schritt auf die Tür zu. »Aber Sie können natürlich auch ins Polizeirevier kommen und eine Aussage machen. Bitte, überlegen Sie sich, ob Sie dazu beitragen können, diesen Mord aufzuklären.«
    Erik warf seiner Schwiegermutter einen warnenden Blick zu, damit sie Matilda Pütz’ Namen nicht erwähnte und niemandem verriet, dass diese sich das Leben genommen hatte, weil sie zur Mörderin geworden war. Sie nickte ihm beschwichtigend zu, sie hatte verstanden. Und Mamma Carlotta schien auch zu begreifen, warum Erik einen warnenden Blick zu Wiebke schickte. Ihre Augen gaben die Antwort, die er hören wollte: Notfalls würde sie dafür sorgen, dass die Reporterin schwieg. In diesem Augenblick war Erik mal wieder dankbar, dass seine Schwiegermutter so fix denken konnte, wie sie Gemüse schnippelte, Soßen rührte und Fahrrad fuhr. Er warf Wiebke einen letzten Blick zu, die ihren bunten Schal vom Hals wickelte, als richtete sie sich auf einen längeren Aufenthalt im Squashcenter ein, dann öffnete er die Tür des Büros.
    Jacqueline folgte ihnen. »Was wird denn jetzt?«, fragte sie und blieb in der offenen Tür stehen, als wollte sie demonstrieren, dass sie den beiden Beamten nicht nachgegangen war, um eine Aussage zu machen. »Soll ich nachher den Laden schließen und nicht wieder aufmachen?«
    Erik sah sie bedauernd an. »Sie fürchten um Ihren Lohn?«
    Jacqueline nickte. »Aber nicht nur deshalb

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