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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Corinna. Ich bin dir nachgelaufen, und du hast mich abblitzen lassen. So sah unsere Beziehung aus.«
    Aber sie wollte nichts davon hören und war noch näher an ihn herangerückt. Er wollte sie fragen, ob sie früher schon Gefühle für ihn gehabt habe, ob sie Matilda zuliebe verzichtet hatte, aber seine Angst vor den Folgen eines Geständnisses ließen ihn verstummen. Und dann … ja, dann hatte er sie geküsst. Das war sein Fehler gewesen. Ein schwerer Fehler. Er konnte sich selbst nicht verstehen.
    Sören kam über den Bahnhofsvorplatz gelaufen, vorbei an den Grünen Reisenden im Wind, der Skulptur, die gerade von einer Familie mit zwei kleinen Kindern bestaunt wurde. Wie die meisten betrat er den Bahnsteig nicht durch die Bahnhofshalle, sondern lief zwischen den Geleisen und dem Bahnhofsgebäude hindurch, vorbei an der stets geöffneten Küchentür des Bistros.
    »Moin, Chef!« Sören blieb vor ihm stehen und betrachtete ihn, als könnte er sich in der vergangenen Nacht äußerlich verändert haben. »Sie machen vielleicht Sachen … War ganz schön komisch, ohne Sie zu frühstücken!«
    Erik sah ihn nicht an, während er antwortete: »Tut mir leid, Sören, dass ich Sie allein gelassen habe. Aber Sie haben meine Schwiegermutter ja selber gesehen. Der personifizierte Vorwurf!«
    »Ist ja auch ein Ding, dass Sie die Nacht bei Corinna Matteuer verbracht haben!«
    Erik fühlte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Mit bebenden Fingern holte er seine Pfeife aus der Innentasche seiner Jacke.
    »Westerland hat einen rauchfreien Bahnhof«, erinnerte ihn Sören.
    »Das weiß ich«, knurrte Erik, als wäre sein Assistent schuld an dieser Entscheidung der Stadt. Sören wusste doch, dass es ihn schon beruhigte, wenn er nur den Pfeifenstiel im Mund hatte und darauf herumkauen konnte. »Ich habe die Nacht in Corinna Matteuers Wohnung verbracht«, sagte er dann langsam und eindringlich, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen. »Nicht in ihrem Bett! Sie hatte Angst vor dem Alleinsein, sie hatte mich gebeten, zu ihr zu kommen. Ich habe es nicht fertiggebracht, ihr die Bitte abzuschlagen. Ist das so schwer zu verstehen?«
    Sören trat verlegen von einem Bein aufs andere. »Geht mich ja auch nichts an.«
    »Dann ist sie zu Bett gegangen«, fuhr Erik fort, »und hat mich gebeten, noch so lange zu bleiben, bis sie eingeschlafen ist.« Dass sie wohl gehofft hatte, er würde ihr folgen, erwähnte er natürlich nicht.
    »Aber sie konnte nicht einschlafen?« Sören wollte Verständnis signalisieren.
    »Doch! Aber ich bin auch eingeschlafen. Auf dem Sofa! Als ich wach wurde, war es schon hell.«
    Sören begann leise zu lachen. »Ehrlich?«
    »Aber meine Schwiegermutter macht mir natürlich Vorhaltungen! Eine verheiratete Frau! Eine Frau, die ihr nicht gefällt, die den Kindern nicht gefällt …«
    »Und da haben Sie es vorgezogen, ohne Frühstück aus dem Haus zu gehen?« Nun erschien auf Sörens Gesicht endlich das Mitgefühl, auf das Erik gehofft hatte.
    »Ich habe mich nur umgezogen und bin wieder gegangen«, entgegnete Erik düster, der allmählich merkte, wie sehr ihm der Kaffee fehlte und wie hungrig er war. »Ich gehe ins Bahnhofsbistro und hole mir was zu essen.«
    Sören sah auf die Uhr. »Das schaffen Sie nicht mehr. Der Zug wird pünktlich sein. Sie wollen Sila Simoni doch nicht mit einem Käsebrötchen in der Hand begrüßen?« Sören wartete Eriks Antwort nicht ab. »Ich schau mal nach dem Inselblatt! «
    Erik beobachtete, wie er im Zeitungskiosk verschwand. Nachdem er Corinna geküsst hatte, wollte sie ihn in ihr Schlafzimmer ziehen, wollte von Liebe reden, von Gefühlen, die zwanzig Jahre umhergeirrt waren und endlich ihr Ziel gefunden hatten. Aber der Kuss hatte in Erik nicht das Gleiche ausgelöst wie in Corinna. Wie auch? Sie konnte ja nicht ahnen, dass dieser Kuss gar nicht ihr gegolten hatte, dass er damit nur einen anderen vergessen wollte. Obwohl Wiebke damit einverstanden zu sein schien, dass er vorerst ihr Geheimnis blieb, hatte der Kuss in ihm die Angst vor Schwierigkeiten geschürt. Dass er Corinna geküsst hatte, war Trotz gewesen, der Versuch, so zu tun, als sei es ohne besondere Bedeutung, eine Frau zu küssen. War das nicht so in der modernen Gesellschaft? Las man nicht überall von unverbindlichen Umarmungen und One-Night-Stands? Aber natürlich war ihm im selben Moment klar geworden, dass er kein Mann für Unverbindliches war. Mit diesem Kuss hatte er Wiebke, Corinna und vor allem sich selbst

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