Kurt Ostbahn - Peep- Show
bekanntlich kurzen Prozeß. Wäre ja nicht das erste Mal ...«
»Ach, komm’ Sie! Jetzt geht aber Ihre schrullige Wiener Phantasie mit Ihnen durch. Russenmafia — wenn ich das schon höre! Was hätten meine Auftraggeber denn davon, ihr bewegliches Kapital aus dem Verkehr zu ziehen? Noch dazu in ihrem eigenen Etablissement? Denken Sie mal in Ruhe drüber nach, anstatt meine Zeit zu vergeuden.«
Schraake, immer noch die Freundlichkeit in Person, umrundet den Generalstabsschreibtisch und komplimentiert seinen Besucher zur Tür.
»Trotzdem wär’s mir lieb, wenn Sie nicht auf dumme Ideen kämen, von wegen Polizei und dergleichen«, gibt er dem Doc mit auf den Weg. »Schließlich gibt’s auch in Ihrem Leben einiges, das die Behörden interessieren könnte. Ich denke da insbesondere an Ihre Apotheken-Connection, Herr Doktor.«
Der abschließende Klaps auf die Schulter befördert den Doc fast in den Schoß der langbeinigen Vorzimmerdame. Im letzten Moment fängt er sich wieder und verläßt bedrückt die Stätte seiner schmählichen Niederlage.
***
Sonntag, 22. März:
Es war ganz ganz schrecklich ... der fürchterlichste Sonntag meines Lebens. Und dabei habe ich es immer schon gewußt. Seit mir der D. mit dieser Idee gekommen ist, habe ich gespürt, daß sein großartiges »Familientreffen« nur in einer Katastrophe enden kann.
Die drei erwachsenen Kinder und ich gemütlich bei Kaffee und Kuchen in seiner Wohnung in der Raimundgasse. Nur daß seine Kinder nichts davon gewußt haben, daß der Papa bei der Jause seine neue Herzdame vorführen will. Peinlich. Ich bin fast im Erdboden versunken. Zuerst, bei der Malakofftorte, nur betretenes Schweigen. Ich hab nicht gewußt, ob ich heulen, den D. vor seinen Kindern zur Sau machen oder einfach aufstehen und gehen soll. Danach, im Wohnzimmer, bin ich mir vorgekommen wie auf dem Prüfstand. Der ältere Sohn hat mich mit hochgezo-genen Augenbrauen angestiert, als wäre ich ein minderes Wesen von einem anderen Stern. Der jüngere hat mir die ganze Zeit unter den Rock geschaut und dabei nicht nur feuchte Hände gekriegt. Und die arrogante Ziege von einer Tochter (Jusstudentin) hat mir andauernd durch die Blume zu verstehen gegeben, daß ich im Leben ihres Herrn Papa nichts verloren habe.
Hab ich auch nicht! Spätestens seit der D. auf seine schulmeisterliche Art den Kindern vorgebetet hat, woher ich komme und was ich seit der Pleite mit der Boutique beruflich mache, ist bei mir auf alle Ewigkeit der Ofen aus. Ich habe keine Ahnung, was er sich dabei gedacht hat, mein Leben in allen Einzelheiten vor seinen Fratzen auszubreiten. Ich will es auch gar nicht wissen. Ich will überhaupt nichts mehr von ihm wissen. Der D. ist für mich gestorben.
Gleich morgen kriegt er die 150.000,- zurück, die er mir aufgedrängt hat, damit ich die Schulden bei der Sozialversicherung und beim Finanzamt zurückzahlen kann. Und wenn er mich anruft, werde ich ihm sagen, daß er sich in Zukunft die Mühe sparen soll, weil ich wieder mit dem Erwin zusammen bin, der zwar ein ziemliches Arschloch ist, aber wenigstens im Bett was zusammenbringt. Das wird ihn dort treffen, wo er — wie alle Männer — am empfindlichsten ist, nämlich in seinem Stolz!
Dem Erwin erzähle ich lieber nichts von der ganzen Sache, weil der jetzt noch unberechenbarer ist, seit er den Job als »Wachorgan« im Donauzentrum hat. Möglicherweise haben die ihm dort sogar eine Pistole gegeben! Ich will gar nicht dran denken, was alles passieren könnte, wenn er wieder seine Wut kriegt ...
Kapitel 6:
»Caramba Spezial«
»Ned deppert zruckreden, wann i di was frag!« zischt Erwin Stelzhammer und packt das Mädchen am Oberarm. Die Kleine im übergroßen Skater-Outfit will das Wachorgan abschütteln, aber Erwin verstärkt seinen Griff und zerrt sein Opfer durch die Regalreihen der Computerspiele-Abteilung zu einer Tür mit der Aufschrift »Notausgang«.
Der Marktfahrer hat im Zweitberuf seine wahre Erfüllung gefunden. Beim Aufgreifen von Ladendieben darf er groß, stark und mächtig sein. Und das ist er am liebsten bei seiner weiblichen »Kundschaft«.
Die Kleine heißt Jana und ist ihm heute nicht zum ersten Mal aufgefallen, als er im Büro vor den Überwachungsmonitoren saß und den trägen Geschäftsgang im Megatronics-Großmarkt beobachtete. Bisher konnte er dem hübschen dunkelhaarigen Mädchen mit der modischen Igelfrisur noch nie was anhängen. Aber diesmal hat er ganz genau gesehen, wie sie einen Color-Gameboy und
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