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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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weiß. Jetzt will ich wissen, was du gesehen hast“, sagt der Doc, bittet mich mit einer kategorischen Geste, ihm hinaus ins Vorzimmer zu folgen, und dort zieht er sich die Straßenschuhe an.

9
    Was Mordhäuser betrifft, fehlt mir eindeutig die Erfahrung, aber wenn ein Haus mit nur einer Leiche schon so wenig einladend, um nicht zu sagen furchteinflößend wirkt, wie muß dann erst das Zuhause eines Serienmörders aussehen, der, sagen wir, zwei Dutzend Opfer in Keller und Garten vergraben hat.
    Jetzt, im mattgelben Licht der Straßenlaternen und bei strömendem Regen hat der klobige Kasten, in dem Frido Knapp gewohnt und gewirkt hat, nichts Romantisch-Wagnerianisches mehr, nein, jetzt steht in der Auhofstraße 238 das traute Heim von Tobe Hoopers Kettensägen-Mörder.
    Der Bandbus mit Axel und Ronnie an Bord wartet bereits vor dem schmiedeeisernen Gartentor, als der Doc und ich im Taxi vorfahren.
    „Ist auf diese Knaben Verlaß?“ erkundigt sich der Doc und reicht dem Taxler zwei Hunderter nach vorn.
    „Inwiefern?“
    „Können sie vertrauliche Informationen für sich behalten, oder muß man damit rechnen, daß sie spätestens zu Mitternacht in der Disco alles ausposaunen, was sie heute gesehen haben?“
    Ich überlege kurz, dann sage ich: „Für die Burschen leg ich meine Hand ins Feuer.“ Viel lieber hätte ich dem Doc aber gesagt: „Du wolltest die beiden unbedingt dabeihaben, deshalb hab ich sie herbestellt, obwohl sie in der Kaltenbeck-Küche genug Arbeit haben. Also, was soll die blöde Frage, jetzt wo es zu spät ist?“
    Ich steige aus, während der Doc auf sein Wechselgeld wartet.
    Nach der Taxifahrt von der Kirchengasse heraus nach Hietzing weiß der Doc jedes kleinste Detail über Axel und Ronnie, ihren Auftrag und Fettuccini, ihren Auftraggeber. Er saß die ganze Zeit schweigend neben mir und hielt wie ein Beichtvater den Kopf gesenkt und die Hände im Schoß gefaltet.
    Ich meine, ich schätze den Doc. Er ist kompetent. Er ist klug. Er ist in seiner Arbeit gründlich und gewissenhaft. Aber ich weiß nie, wie ich bei ihm dran bin. Der Mann ist kein Teamarbeiter. Und mit notorischen Eigenbrötlern tu ich mir schwer. Da kommt es, vor allem in Stress-Situationen, ziemlich bald zu massiven Problemen. Das weiß ich. Meine Musikanten und der Trainer können Ihnen das bestätigen. Zum Beispiel meine Angst, den Doc mit einer unvorsichtig formulierten Frage aus der Fassung zu bringen. Da halt ich dann also den Mund, obwohl ich natürlich nur zu gern wüßte, was dem Doc seinerzeit in diesem Keller zugestoßen ist, was den Fotokünstler Frido Knapp in seinen Augen zum Kretin macht, wann und weshalb er verschwunden, untergetaucht oder ausgewandert ist und wieso das alles den Doc ganz persönlich und in seinem tiefsten Inneren berührt, was seinem analytischen Geist und methodischen Denken nicht unbedingt zuträglich ist.
    „Das Linoleum is draußen“, begrüßt mich Axel und schlägt mit der flachen Hand auf die regennasse Bordwand des Kleintransporters. „Kommt morgen in der Früh auf die Deponie.“
    „Super“, sage ich. „Und was is mit den Kacheln?“
    Axel und Ronnie haben darauf entweder keine positive Antwort, oder aber es hat ihnen angesichts des Doc, der soeben umständlich aus dem Taxi steigt und gleichzeitig versucht, seinen Regenschirm aufzuspannen, kurzfristig die Sprache verschlagen.
    Ronnie räuspert sich, und Axel läßt ein nervöses Hüsteln hören. Dann, nach einer längeren Nachdenkpause, fragt er:
    „Und das is der Doktor Trash?“
    „Wie er leibt und lebt“, sage ich. Und weil Axel und Ronnie die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben steht, füge ich rasch hinzu: „Er is heute nicht besonders gut drauf. Also reds ihn bitte nicht deppert an.“
    Das Taxi fährt ab, und der Doc schaut ihm mit sorgenvoller Miene nach, ehe er sich unsicheren Schrittes und an uns vorbei dem Gartentor nähert.
    „Hi, Doc“, sagt Ronnie und lächelt schief.
    „Hallo“, sagt Axel. „Ziemliches Sauwetter, was?“
    „Abend“, sagt der Doc, ohne die beiden eines Blickes zu würdigen. Er schaut in den Vorgarten, dann schweift sein Blick über die düstere Fassade des Mordhauses und verweilt an einem uns unbekannten Punkt.
    Die Burschen und ich stehen hinter ihm im Regen und warten, daß was passiert.
    „Jawohl. Das ist es“, sagt der Doc nach einer halben Ewigkeit.
    Damit sagt er uns nix Neues. Aber wir üben uns weiter in Geduld, während uns der Regen übers Gesicht läuft.
    „Nicht besonders

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