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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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einem halben Jahr in einer Peep-Show am Mariahilfer Gürtel Banknoten gegen Hartgeld. Ein Zubrot zu der kargen Rente, auf die er als ehemaliger Kinobilleteur Anspruch hat.
    Über das traurige Thema Alter & Alkoholismus hab ich mich mehrfach (schriftlich und singend) am Beispiel des Rudolf Polifka geäußert. Mit dem Ergebnis, daß unbekannte Spender letzten Herbst dem begeisterten, aber nicht mehr wirklich faktensicheren Cineasten den Anschluß ans Kabelfernsehen ermöglichten und die Gebühren für ein Jahr im voraus entrichtet haben.
    Endlich kann der Polifka-Rudl im TV all die Filme immer und immer wieder sehen, bei denen er seinerzeit im Handl-Kino quasi live mit dabei war: »Verdammt in alle Ewigkeit«, »Der Malteser-Falke«, »High Noon«.
    Ich danke auch auf diesem Wege von ganzem Herzen den anonymen Spendern, mach mir aber gleichzeitig große Sorgen um den Herrn Josef und das Cafe Rallye.
    »Was is wirklich der Grund, Herr Josef?« frage ich. »Wolln Sie persönlich nimmer, oder geht es sich mariemäßig momentan grad ned aus? Weil da könnte ich Ihnen auch längerfristig aushelfen ...«
    Der Herr Josef schaut mir in die Augen und fingert dabei die nächste Marlboro aus der Packung.
    »Glauben Sie, ich hab mir das ned lang überlegt, bevor ich es wem sag, Herr Kurt? Und Sie sind der erste.«
    »Also Sperrstund?«
    »Ganz genau. Am 31. März is Feierabend. Sperrstund für immer.«
    »Und dann?« frage ich, während mir eine bunte Revue meiner bisherigen und ein testbildartiges Grau meiner künftigen Abendgestaltung in Fünfhaus durch den Kopf jagen. Der Vergleich sagt: Es wird hier keine Abendgestaltung nach meiner Fasson geben ohne den Herrn Josef und sein Cafe Rallye. Und diese Perspektive schnürt mir die Kehle zu.
    »Und noch was. Wegen dem wichtigen Anruf, den was Sie erwähnt haben, Herr Kurt«, sagt der Herr Josef.
    Ich nicke nur stumm und abwesend.
    »Das Telefon is nimmer. Es steht zwar da, is aber abgsperrt. Tut mir leid. Aber der nächste Fernet geht dafür auf Haus.«
    Mein Abwinken nützt nix.
    Der Herr Josef schenkt das Stamperl wieder voll.

8
    ZUG & ZEIT.
    Zirka eine halbe Stunde später fliegt die Tür auf.
    Die tobenden Naturgewalten wehen eine mannsgroße Schneewächte herein ins Rallye und schließen hinter ihr ordentlich die Tür. Die Schneeverwehung steht einen Moment lang regungslos da, macht dann ein paar lateinamerikanisch anmutende Tanzschritte, zieht sich ein Strickmützchen vom Kopf und gibt sich nach einem pferdemäßigen Schnauben und einem rabenmäßigen Krächzen als der Herr Trainer zu erkennen.
    »Die reinste Hölle«, flucht er, »von Meidling da her in die Sechshauser Straßen geschlagene 35 Minuten. Zu Fuß. Mit dem Auto hast sowieso keine Chance. Da steht alles. Und wer noch nicht steht, der rutscht, und dann steckt er fest. Alaska is dagegen ein Schas im Wald.«
    Der Trainer schält sich aus seinem Eskimokostüm und wechselt nahtlos das Thema:
    »Hat die Nora schon angerufen?«
    Ich tausche Blicke mit dem Herrn Josef.
    »Wir wissen es nicht, Trainer, weil die Großwetterlage die Telefonleitung lahmgelegt hat«, sage ich nicht ganz wahrheitsgemäß, aber darauf haben sich der Herr Josef und ich vorhin geeinigt. Niemand braucht zu wissen, wie eng der finanzielle Engpaß wirklich ist, in dem das Rallye steckt. In den noch verbleibenden sechs Wochen seiner Existenz soll es in Würde Abschied nehmen können von der gastronomischen Landkarte dieser Welt.
    »Wunderbar«, sagt der Trainer und meint das kaputte Telefon. Er parkt sich neben mir ein an der Bar. »Ich hätt gern ein Krügerl, Herr Josef. Und irgendwas zum Aufwärmen.«
    »Einen Tee?« fragt der Herr Josef. »Hagebutte?«
    »Keinen Tee«, sagt der Trainer.
    »Mehr was Klares?«
    »Ja. Mehr in die Richtung. Was hams denn da?«
    Der Herr Josef wirft einen Blick unter die Budel. Dort hat er die hochprozentigen Schätze verborgen, deren Leerflaschen derzeit in seiner Sonderschau im Hinterzimmer zu bewundern sind.
    »Vogelbeere«, zählt der Herr Josef auf, »einen Marillenen, aber von dem tät ich Ihnen eher abraten, dann einen dänischen Wodka, einen russischen Wodka und einen Tequila, aber der paßt heut irgendwie ned zum Wetter. Und außerdem ist das Salz aus und die Zitron.«
    Der Trainer wählt einen Wodka, ob dänisch oder russisch ist ihm egal, diesbezüglich vertraut er ganz auf die Kompetenz des Gastwirts.
    »Und wie, bitte sehr, soll mich die Nora jetzt da erreichen?« wendet sich der Trainer dann mit

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