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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Verdacht auf Werner Kohout bzw. Hannes und Michaela Kreuzschinder zu lenken. Oder wie seht ihr das?«
    »Hmm«, sagt der Trainer.
    »Tja, also«, sage ich.
    Zirka zwei Stunden später wissen wir zwar nicht viel mehr, aber wir haben einen Plan. Und ein Plan ist immer gut.
    Also, und darüber sind sich Doc, Trainer und meine Wenigkeit einig: Der Werner Kohout hat sich als Hannes Kreuzschinder nicht hinausgeschickt in die weite Welt, um dort blutige Taten zu verüben. Vielmehr gibt es irgendwo da draußen einen Kreuzschinder-Impersonator und Faxschreiber, der Kreuzschinders Kopfsalat so gut kennt, daß er seine kranke Schreibe überaus überzeugend kopieren kann. Mit dem Ziel und Zweck, eine Spur zu dem Geisteskranken zu legen, der bei einem geplanten, zukünftigen Verbrechen den perfekten Sündenbock abgeben würde. An flankierenden Maßnahmen setzt unser falscher Kreuzschinder: erstens die permanente Belästigung des Trainers durch kleine Vandalenakte (Postkasten, Türschloß), Telefonterror und schließlich heute die Zustellung der Fotokollektion des Club Severin, die Kreuzschinder als aktives Mitglied ausweisen soll; zweitens den Überfall auf die in seinem zweiten Fax angesprochene Mondo-Kassiererin; und drittens einen Einbruch in das Noroticom-Haus in der Raxstraße, inklusive die kunstvolle Fesselung von Zofe Gerda.
    Nach Durchsicht sämtlicher Dateien und Akten kommen Trainer, Doc und meine Wenigkeit überein: Als Kreuzschinder-Copycat kommen nur zwei Personen in Frage, nämlich a) Mistress Nora vulgo Karin Richter selbst, und b) Paul Körner, der geschaßte Lover und Geschäftspartner von Nora.
    Wenn man a) ausschließt, weil es irgendwie wenig Sinn macht, sich selbst zu bedrohen und damit den eigenen Schulfreund und Ghostwriter zu sekkieren, bleibt als Kandidat nur noch der Computerfex und Gummisklave Paul, der sich in Noras Privatleben ebenso auskennt wie in den diversen Noroticom-Welten. Die virtuelle hat er selbst miterfunden, in der realen ließ er sich von seiner strengen Dame gern quälen, als ihr Verhältnis noch frisch, sorgenfrei und ungetrübt war.
    Paul Körner hat alles, was ein Täter braucht. Vor allem ein Motiv: Eifersucht (z. B. auf den neuen Herrn Trainer), gekränkten Sklavenstolz, Rachegelüste (nicht nur, aber auch wegen der finanziellen Einbußen, die sein Ausscheiden aus Noroticom bedeuten).
    Womit Paul Körner, der Täter, leider nicht dienen kann, ist eine Tat. Ein Kapitalverbrechen, das seinen immensen Aufwand an Zeit, Material und Hirnschmalz rechtfertigt.
    »Wir stehen also vor der Aufgabe«, bringt der Doc das Ergebnis unserer Sitzung auf den Punkt, »einen Mord zu verhindern, von dem Paul Körner denkt, daß ihn der Kreuzschinder begehen würde, und für den man diesen auch, nicht zuletzt auf Grund der bisher gelegten falschen Fährten, belangen wird.«
    Zustimmendes Nicken. So ist es. Genauso. Kompliziert, aber wahr.
    Und somit tritt Plan A in Kraft.

28
    ZIMT & HONIG.
    Drehschluß. Badeschluß.
    Nora ist noch unter der Dusche, wird aber in wenigen Minuten zu uns stoßen. Gerda deckt einstweilen mit dem Trainer den Tisch im Wohnbüro. Die Dreharbeiten, mit denen sich Herrin und Zofe die letzten Stunden oben im Gummisalon abgeplagt haben, seien »soso lala« gelaufen, nicht unbedingt »Oscar«-verdächtig, weil man nicht wirklich gut drauf war — die Nachwirkungen des Überfalls von heute Vormittag. Jetzt ist Gerda nur noch müde und will heim ins Bett. Genau das ist in Plan A nicht vorgesehen. Also freut sie sich, daß der Trainer und ich ein buntes Sample vom Chinesen mitgebracht haben, diverse Schätze und Geheimnisse von Huhn und Rind sowie die verläßliche knusprige Ente. Und sie freut sich, daß Schluß ist mit der Geheimnistuerei, weil man endlich normal reden kann, ohne ständig drauf achten zu müssen, was man wem sagen darf, den Trainer und seine Geisterschreiberei betreffend.
    »Ich hab damit kein Problem«, sage ich.
    »Ich sowieso nicht«, sagt der Trainer.
    »Na, da weiß ich von der Nora aber ganz andere Gschichten«, sagt Gerda und flüstert hinter vorgehaltener Hand: »Der Herr Trainer is bei Noroticom ein mindestens so großes Betriebsgeheimnis wie die Formel bei Coca Cola. Gelt, Trainer?« Sie schubst ihn an, kneift ihn in die Heldenbrust und lacht. Der Trainer läßt sich nicht anmerken, ob er eventuell ein Problem hat mit Gerdas Vertraulichkeiten, sondern richtet die Plastikstäbchen fein säuberlich und akribisch parallel zum Eßbesteck neben den Tellern

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