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Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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«Möwennest» sich am vergangenen Abend hatte übersetzen lassen. Nein, zurückgebracht habe er ihn nicht. Die letzte Fähre sei vom Easterhead-Ufer um halb zwei abgegangen, und Mr Strange habe sie nicht benutzt.
    Battle fragte ihn, ob er Mr Latimer kenne.
    «Latimer? Latimer? Ein gut aussehender, großer junger Herr, der sich manchmal vom Hotel zum ‹Möwennest› übersetzen lässt? Ja, den kenne ich. Aber gestern Abend hab ich ihn nicht gesehen. Heute hat er sich übersetzen lassen und ist mit der vorigen Fähre zurückgekommen.»
    Sie ließen sich übersetzen und gingen zum Hotel Easterhead hinauf, wo sie Ted Latimer trafen.
    Er war sofort bereit, den beiden Beamten Rede und Antwort zu stehen.
    «Ja, Nevile kam gestern Abend. Er sah aus, als ob er sich über etwas Gedanken machte, und er sagte mir, er habe mit seiner Tante einen Streit gehabt. Soviel ich weiß, hat er sich auch mit Kay gestritten, aber davon ließ er natürlich nichts durchblicken. Er war überhaupt ein bisschen wortkarg. Ausnahmsweise schien er sich über meine Gesellschaft zu freuen.»
    «Er hat Sie nicht sofort gefunden, stimmt das?»
    Ted erwiderte scharf: «Weiß nicht, wieso. Ich saß auf der Veranda. Strange sagte, er habe hinausgeschaut und mich nicht gesehen; allerdings war er nicht in bester Verfassung – etwas zerstreut. Vielleicht hielt ich mich auch gerade für ein paar Minuten im Garten auf. Ich verziehe mich oft nach draußen, wenn ich kann. Hier im Hotel herrscht so ein scheußlicher Geruch. Gestern Abend fiel mir das in der Bar auf. Die Rohrleitung, glaube ich. Nevile Strange bemerkte es ebenfalls. Möglich, dass irgendwo im Billardzimmer eine tote Ratte liegt.»
    «Sie spielten also Billard. Und was taten Sie dann?»
    «Oh, wir plauderten miteinander und tranken ein oder zwei Gläschen. Dann stellte Nevile fest, dass er die letzte Fähre verpasst hatte, und ich holte meinen Wagen, um ihn heimzufahren. Gegen halb drei kamen wir an.»
    «Mr Strange war den ganzen Abend mit Ihnen zusammen?»
    «Ja. Sie können sich erkundigen.»
    «Besten Dank, Mr Latimer. Wir werden dieser Aufforderung nachkommen.»
    Als sie den lächelnden, selbstbewussten jungen Mann verlassen hatten, frage Leach:
    «Warum prüfst du Stranges Alibi eigentlich so genau nach?»
    Battle lächelte nur als Antwort.
    Plötzlich ging dem Neffen ein Licht auf.
    «Ach so, du forschst dem andern nach! Das ist also deine Theorie.»
    «Für Theorien ist es noch zu früh», gab der Inspektor zurück. «Ich will nur feststellen, wo Ted Latimer sich gestern Abend aufgehalten hat. Wir wissen, dass er von Viertel nach elf an in Nevile Stranges Gesellschaft war, aber wo steckte er vorher – als Strange herkam und ihn nicht finden konnte?»
    Sie befragten Kellner, Liftjungen und sonstige Hotelangestellte. Zwischen neun und zehn war Latimer auf der Veranda gesehen worden. Um Viertel nach zehn hatte er in der Bar gesessen. Dann aber klaffte bis zwanzig nach elf eine Lücke. Doch schließlich sagte eines der Mädchen aus, Mr Latimer sei mit Mrs Beddoes – «der dicken Dame, die aus dem Norden stammt» – im Schreibzimmer gewesen.
    Als Battle dem Mädchen zusetzte, die genaue Zeit anzugeben, erhielt er die Auskunft, sie glaube, dass es ungefähr elf Uhr gewesen sei.
    «Da haben wir’s», sagte der Inspektor düster. «Er war tatsächlich hier. Vielleicht wollte er die Aufmerksamkeit nicht auf seine dicke und zweifellos reiche Freundin lenken. Somit wären wir wieder bei den andern gelandet – den Bediensteten, Kay Strange, Audrey Strange, Mary Aldin und Thomas Royde. Einer von ihnen hat Lady Tressilian getötet – aber wer? Wenn wir doch nur das wirkliche Mordinstrument finden könnten…»
    Er brach ab und schlug sich auf die Stirn.
    «Ha, jetzt weiß ich, wieso ich an Hercule Poirot denken musste! Komm, mein Junge, wir wollen eine Kleinigkeit essen und dann ins ‹Möwennest› zurückgehen, und dort werde ich dir etwas zeigen.»

32
    Mary Aldin lief unruhig hin und her, ging hinaus, pflückte da und dort ein paar Dahlien, kehrte ins Wohnzimmer zurück, stellte die Blumen in eine Vase und zupfte sinnlos daran herum.
    Aus der Bibliothek drang Stimmengemurmel. Dort hielt sich der Anwalt Trelawny mit Nevile auf. Kay und Audrey waren nirgends zu sehen.
    Mary begab sich abermals in den Garten. Unten bei der Mauer erspähte sie Thomas Royde, der friedlich seine Pfeife rauchte. Sie gesellte sich zu ihm, und mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich neben ihm nieder.
    «Ist etwas

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