Kurz vor Mitternacht
linke Knauf ist nach dem letzten Saubermachen abgewischt worden.»
«Im Papierkorb war ein Stückchen zerknittertes Schmirgelpapier», erklärte Jones. «Ich dachte, das hätte nichts weiter zu bedeuten.»
«Weil Sie nicht wussten, was wir suchen. Na, ich wette, dass sich der Knauf abschrauben lässt… ja, dachte ich mir’s doch.»
Jones hielt den Knauf in der Hand und wog ihn. «Ein ganz hübsches Gewicht.»
Leach, der sich darüber beugte, sagte: «Da ist etwas Dunkles – am Gewinde.»
«Blut, ganz bestimmt», murmelte Battle. «Der Knauf wurde gesäubert und sorgsam abgewischt, aber den Fleck am Gewinde hat man übersehen. Das ist die Waffe, mit der die alte Dame ermordet wurde. Aber es gibt noch mehr zu suchen. Jones, Sie müssen das ganze Haus nochmal durchkämmen. Diesmal passen Sie aber bitte etwas besser auf.»
Mit kurzen Worten erklärte der Inspektor die Einzelheiten. Dann ging er zum Fenster und lehnte sich hinaus.
«Da steckt etwas Gelbes im Efeu. Das ist sicher wieder ein Teilchen zu unserem Mosaik.»
Als Inspektor Battle die Halle durchquerte, trat ihm Mary in den Weg.
«Kann ich Sie kurz sprechen, Inspektor?»
«Gewiss, Miss Aldin. Darf ich bitten?»
Er öffnete die Tür zum Esszimmer. Hurstall hatte den Mittagstisch schon abgeräumt.
«Ich möchte Ihnen etwas sagen, Inspektor, das Sie meiner Meinung nach wissen sollten», begann Mary.
Ohne Umschweife berichtete sie dann von Treves’ Besuch und von der Geschichte, die er erzählt hatte. Battle hörte mit größter Aufmerksamkeit zu.
«Er sagte, er würde den Betreffenden wiedererkennen? Was war es übrigens – ein Mann oder eine Frau?»
«Ich hatte das Gefühl, dass es sich um einen Knaben handeln müsste, so wie die Geschichte lief, aber wenn ich mich recht erinnere… ja, jetzt weiß ich’s wieder, Mr Treves betonte ausdrücklich, dass er weder Alter noch Geschlecht angeben wolle.»
«Tatsächlich? Das könnte unter Umständen wichtig sein. Und er sagte, dass er das Kind aufgrund eines besonderen körperlichen Merkmals jederzeit wiedererkennen würde?»
«Ja.»
«Vielleicht eine Narbe… Hat jemand hier im Hause eine Narbe?»
Battle beobachtete, dass Mary kurz zögerte, bevor sie antwortete: «Nein, mir ist nichts dergleichen aufgefallen.»
Er lächelte.
«Los, los, Miss Aldin. Es ist Ihnen etwas aufgefallen. Meinen Sie nicht, dass ich es auch selber merken würde?»
Sie schüttelte den Kopf.
«Mir ist… mir ist nichts dergleichen aufgefallen.»
Aber er erkannte, dass sie erschrocken und erregt war. Offensichtlich hatten seine Worte einen sehr unangenehmen Gedanken in ihr wachgerufen. Er hätte gern gewusst, worum es sich dabei handelte, aber seine Erfahrung sagte ihm, dass er Mary Aldin jetzt ganz vergeblich zusetzen würde.
Er brachte das Gespräch wieder auf Treves.
Mary erzählte ihm die tragische Fortsetzung des Abends.
Battle stellte ihr noch einige Fragen, dann sagte er ruhig: «Das ist ein ganz neuer Fall für mich.»
«Wie meinen Sie das?»
«Noch nie ist mir ein Mörder untergekommen, der seine Tat beging, indem er ganz einfach ein Schild an einen Lift hängte.»
Sie blickte ihn entsetzt an.
«Glauben Sie wirklich…?»
«Dass es ein Mord war? Natürlich! Eine rasche Tat, die nicht weiter schwierig war. Ebenso gut hätte sie erfolglos sein können, aber zufällig hatte sie Erfolg.»
«Nur weil Mr Treves wusste…»
«Ja, weil er in der Lage gewesen wäre, unsere Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Person zu lenken. So aber tappten wir anfangs im Dunkeln. Jetzt haben wir einen kleinen Lichtschein, und mit jeder Minute wird es heller. Ich will Ihnen etwas sagen, Miss Aldin – der Mord an Lady Tressilian, war bis in die kleinste Einzelheit geplant. Und ich bitte Sie, Folgendes zu beherzigen: Lassen Sie keinen Menschen wissen, dass Sie mir den Vorfall mit Mr Treves erzählt haben. Das ist wichtig. Keinen Menschen, wohl verstanden!»
Mary nickte. Sie sah noch immer ganz benommen aus. Inspektor Battle verließ das Zimmer und machte sich daran, das zu tun, was er vorgehabt hatte, als Mary Aldin ihn angesprochen hatte. Er war ein systematischer Mensch. Er wollte eine bestimmte Auskunft haben, und davon konnte ihn nichts abbringen.
Er klopfte an die Tür zur Bibliothek, und Neviles Stimme rief: «Herein!»
Battle wurde mit dem Anwalt Trelawny bekannt gemacht, einem großen, vornehm aussehenden Mann mit durchdringend blickenden dunklen Augen.
«Entschuldigen Sie bitte die Störung», sagte der Inspektor
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