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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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technisch unbegabt war.
     
    Nach dem Essen macht Vater sein Schläfchen, und ich hole mir die Gartenschere und gehe in den Garten, um Rosen für Mutters
     Grab abzuschneiden. Es hat geregnet, und nun riecht alles nach Erde und Wurzeln und fruchtbarem Wachstum – einem wilden, ungebändigten
     Wachstum. Die rote Rose, die am Zaun zu den Nachbarn emporrankt, wird |57| von wilden Ackerwinden fast erstickt, und wo einmal Dill und Petersilie wuchsen, haben sich Brennnesseln breit gemacht. Die
     Lavendelbüsche, die Mutter am Pfad entlang pflanzte, sind hoch aufgeschossen und ausgewachsen. Im Blumenbeet haben sich Weidenschösslinge
     zwischen den braun eingetrockneten Samenkapseln von Klatschmohn und Akelei ausgesät. Alles scheint nach Mutters dunkler Bitterschokolade
     zu gieren. Ach, würde sie seufzen, in einem Garten ist ständig etwas zu tun. Das eine will wachsen, das andere muss zurückgeschnitten
     werden, man kann keine Minute die Hände in den Schoß legen.
     
    Auch auf dem Friedhof gehen Leben und Sterben Hand in Hand. Ein getigerter Kater hat hier sein Gebiet markiert und streicht
     nun an der Hecke entlang, die das Areal zu den Feldern hin abgrenzt. Fette Drosseln picken auf einem frisch aufgeschütteten
     Grab nach Würmern. Fünf neue Gräber sind seit Mutters Tod dazugekommen; fünf andere Menschen aus dem Dorf sind inzwischen
     gestorben. Ich lese die Inschriften auf den Grabsteinen.
Unsere über alles geliebte Mutter   … aus dem Leben geschieden   … zu Gott dem Herrn   … Ruhe in Frieden   … in Ewigkeit   …
Außer den Totengräbern hat sich auch ein Maulwurf ans Werk gemacht und hier und da kleine Hügel aufgeworfen. Einer ist mitten
     auf Mutters Grab. Der Gedanke, dass der kleine schwarze Kerl sich da unten im Dunkeln an sie kuschelt, gefällt mir. Bei ihrer
     Beerdigung sagte der Pfarrer, sie sei jetzt im Himmel, doch sie hatte sehr genau gewusst, dass sie hier in die Erde kommen
     und von den Würmern zerfressen werden würde. (Tu nie einem Wurm etwas zuleide, Nadeshda. Der Wurm ist der Freund des Gärtners.)
     
    Mutter wusste Bescheid über Leben und Tod. Einmal brachte sie vom Markt ein totes Kaninchen mit nach Hause |58| , häutete es und nahm es auf dem Küchentisch aus. Sie holte die blutigroten Innereien heraus, schob ihm einen Strohhalm durch
     die Luftröhre und blies seine Lungen auf. Mit großen Augen beobachtete ich, wie die Lungen auf und ab gingen.
    »Siehst du, Nadeshda, so atmen wir. Wenn wir atmen, leben wir.«
    Ein anderes Mal brachte sie ein lebendes Huhn mit. Sie trug es nach hinten in den Garten, setzte sich, hielt es zwischen den
     Knien fest, als es versuchte sich freizumachen, und drehte ihm mit einem schnellen, leichten Ruck den Hals um. Das Huhn zuckte
     noch einmal, dann lag es still.
    »Siehst du, Nadeshda, so ist es, wenn wir sterben.«
    Das Kaninchen und das Huhn wurden mit Knoblauch, Schalotten und Kräutern aus dem Garten gebraten, und als das Fleisch aufgegessen
     war, nahm sie die Knochen und kochte sie noch zu Suppe aus. Nichts wurde verschwendet.
     
    Ich sitze auf der Bank unter dem Holzapfelbaum und versuche, mich durch meine Erinnerungsbilder hindurchzufinden, doch je
     länger ich sie betrachte, desto weniger weiß ich, ob es sich dabei tatsächlich um meine Erinnerungen handelt oder nicht vielmehr
     nur um Geschichten, die mir erzählt wurden. Als ich klein war, hat Mutter mir häufig Familiengeschichten erzählt, allerdings
     nur solche, die gut ausgingen. Auch meine Schwester hat mir Geschichten erzählt, sehr formelhafte Geschichten mit guten Menschen
     (Mutter, die Kosaken) und bösen Menschen (Vater, die Kommunisten). Veras Geschichten hatten immer einen Anfang, eine Mitte,
     ein Ende und eine Moral. Manchmal erzählte mir auch Vater Geschichten, aber die seinen waren sehr kompliziert gestrickt, zweideutig
     und ohne befriedigenden Ausgang, mit langen Exkursen und voller unverständlicher |59| Fakten. Mutters und Veras Geschichten waren mir lieber.
    Auch ich kann eine Geschichte erzählen: Es war einmal eine Familie – das waren wir, Mutter, Vater, meine Schwester und ich.
     Es war keine besonders glückliche oder besonders unglückliche Familie, nur eine, die sich durchwurstelte, während die Kinder
     heranwuchsen und die Eltern alterten. Es gab eine Zeit, als meine Schwester und ich uns liebten, und auch Vater und ich liebten
     uns. Vielleicht hat es sogar eine Zeit gegeben, als mein Vater und meine Schwester sich liebten, aber daran

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