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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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davor, allein zu sein. Es war eine schreckliche
     Zeit damals.«
    »Welcher Kommandant von welchem U-Boot ?«
    »Von der Schwarzmeerflotte. Mit dem sie verlobt war.«
    »Mutter war mit einem U-Boot -Kommandanten verlobt?«
    »Hast du das nicht gewusst? Er war die große Liebe ihres Lebens.«
    »Nicht Papa?«
    »Was glaubst
du
denn?«
    »Keine Ahnung«, jammert die kleine Rotznase, »mir hat nie jemand etwas davon erzählt.«
    »Manchmal ist es besser, wenn man nicht zu viel weiß.«
    Rums. Schon hat die große Schwester die Tür zur Vergangenheit wieder zugeschlagen und den Schlüssel herumgedreht.

|141| 11.
Nötigung
    Valentina hat einen Termin wegen ihres Widerspruchs gegen die Entscheidung der Einwanderungsbehörde bekommen. Die Anhörung
     soll im April in Nottingham stattfinden.
    Und plötzlich begreift mein Vater, dass er doch nicht vollkommen machtlos ist.
    »Ich gehe nicht hin«, sagt er.
    »Doch gehst du«, sagt Valentina.
    »Du kannst allein hingehen. Wieso soll ich nach Nottingham fahren?«
    »Du dummer Mann. Wenn du nicht gehen, Immigration-Bürokrazija sagt: Wo dein Ehemann? Warum nicht Ehemann hier?«
    »Sag der Bürokrazija, ich bin krank. Sag, dass ich nicht kommen kann.«
    Valentina holt sich Rat bei ihrem Rechtsanwalt in Peterborough. Der erklärt ihr, dass es ihren Fall ernsthaft gefährden würde,
     wenn ihr Mann nicht mitkäme und sie keinen Beweis dafür vorlegen könne, dass er wirklich krank ist.
    »Du krank in Kopf«, sagt Valentina zu Vater. »Du machen zu viel Probleme. Reden zu viel verrückt. Immer zu viel Küsschen-Küsschen.
     Vierundachtzig Jahr alt Mann nicht gut. Doktor muss schreiben Brief.«
    »Ich bin nicht krank«, sagt Vater. »Ich bin Dichter und Ingenieur. Im Übrigen, Valentina, solltest du bedenken, |142| dass auch Nietzsche von Leuten, die ihm geistig unterlegen waren, für verrückt gehalten wurde. Wir gehen zu Dr.   Figges. Die wird dir bestätigen, dass ich nicht krank im Kopf bin.«
    Die Ärztin des Ortes, eine sanfte, kurz vor dem Ruhestand stehende ältere Dame, kennt meine Eltern seit über zwanzig Jahren.
    »Gut«, sagt Valentina. »Wir gehen zu Dr.   Figges. Dann ich ihr erzähle von Oralsex.« (Wie bitte? Oralsex? Mein Vater??)
    »Nein! Nicht! Valja, warum musst du mit allen Leuten darüber reden?« (Mir davon zu erzählen scheint ihm allerdings nichts
     auszumachen!)
    »Ich werde sagen, vierundachtzig Jahr alt Ehemann will machen Oralsex. Schluffi-schlaffi-Mann will Oralsex.« (Bitte, Papa
     – mir wird gleich schlecht.)
    »Valenka, bitte!«
    Valentina hat Mitleid. Gut – sie werden zu einem anderen Arzt gehen. Valentina und Mrs.   Zatshuk packen meinen Vater in Valentinas Schrottauto. Sie haben es so eilig, ihn einem Arzt vorzuführen, bevor er es sich
     anders überlegt, dass sein Mantel schief zugeknöpft ist und er seine Schuhe falsch herum anhat. Weil er anstelle seiner Fernbrille
     immer noch seine Lesebrille auf der Nase hat, sieht er alles wie durch einen Schleier – den Regen, das Hin und Her der Scheibenwischer,
     die beschlagenen Autofenster, die Hecken, an denen sie vorbeifahren. Valentina am Lenkrad fährt in ihrem wilden Fahrstil Marke
     Eigenbau, Mrs.   Zatshuk sitzt hinten und hält Nikolai umklammert, für den Fall, dass er auf die Idee kommt, die Tür aufzumachen und sich hinausfallen
     zu lassen. So schießen sie über die schmalen Straßen und durch die Pfützen, dass das Wasser hoch aufspritzt und die Fasane
     am Wegrand um ihr Leben rennen.
    |143| Sie fahren also nicht zur Dorfpraxis von Dr.   Figges, sondern in den Nachbarort, wo ein anderer praktischer Arzt tätig ist. Ein indischer Arzt mittleren Alters, der jedoch,
     als sie ankommen, gar nicht selbst da ist. Seine Vertreterin, Dr.   Pollock, ist jung, rothaarig und sehr hübsch. Vater ist nicht bereit, mit ihr über seine Probleme zu sprechen. Kurzsichtig
     starrt er sie durch seine beschlagenen Brillengläser an, während er unauffällig versucht, sich die Schuhe richtig herum anzuziehen,
     ohne dass sie etwas davon mitbekommt. Valentina hat das Sprechen übernommen. Sie ist sicher, dass die junge Ärztin ihrem Fall
     wohlwollend gegenübersteht, und breitet Vaters seltsames Benehmen in allen Einzelheiten vor ihr aus: sein ewiges Husten, die
     Toshiba-Äpfel, die Traktor-Monologe, seine unaufhörlichen sexuellen Forderungen. Dr.   Pollock mustert Vater, sie bemerkt sehr wohl die falsch herum angezogenen Schuhe, seinen starren Blick, den schief zugeknöpften
     Mantel und

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