Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe
und Uuregma Ulantsetseg erwartete einen Erliiz.
Und genau zu der Zeit, als der kleine Baldam das Licht der Welt erblickte, fand in unserem Kulturzentrum eine Feier statt. Zu feiern gab es eigentlich nichts, aber das Somonpräsidium hatte beschlossen, das Kulturhaus habe aufgehört, sicher zu sein, und obwohl die Männer das Dach doch repariert hatten, war wieder ein Stück herausgefallen, also würden wir es niederreißen. Zuvor jedoch, um gut Wetter zu machen, veranstaltete das Somonpräsidium noch eine Feier in dem Haus.
Wir übten mit den Kindern »Meine sich in die Ferne erstreckende Steppe« ein, »Des guten Altans Pferde« und weitere beliebte Lieder unseres Aimak. Anra spielte den ganzen Abend auf der Morin Chuur, und die Frauen hatten eine Menge Buuz gekocht und kübelweise samtigen Milchtee. Zwei kleine Mädchen aus meiner Klasse konnten Nugaaralt, und weil Schlangenfrauen sich seit jeher bei allen großer Beliebtheit erfreuen, wechselten sich unsere Gesangsdarbietungen mit ihren kunstfertigen Auftritten ab. Es war ein sehr guter Abend. Die kleinen Mädchen verflochten sich auf unterschiedlichste Art, Erwachsene und Kinder sahen ihnen atemlos zu, und darüber hinaus schaffte man es auch noch, eine Menge Somonangelegenheiten zu bereden.
Ich war eine der wichtigen Personen der ganzen Zusammenkunft. Ich hatte fast das ganze Programm vorbereitet, und so stand ich die meiste Zeit auf dem Podium, führte die Aufsicht über die Kinder und passte insgesamt auf.
Ojuna konnte mir nicht entgehen.
Ich hatte gedacht, von uns würde niemand kommen, sie wären für solche Dinge nicht so zu haben, aber dann bemerkte ich auf der absolut hintersten Eckbank Ojuna. Sie musste mich gesehen haben, und dass sie nicht zu mir kam, das wusste ich, war kein Zufall.
Ojuna saß ganz in die Ecke gedrückt, Najma hatte sie um die Taille gefasst, und sie tuschelten miteinander. Ich sah Nara vor mir und welches Ende es mit ihr genommen hatte, und vor meinen Augen tanzten violette Kreise. Fast wäre ich losgelaufen, um Ojuna bei den Haaren von ihm wegzuziehen, besann mich aber rechtzeitig.
Womöglich würde ich etwas kaputtmachen, und sie mir dann die Augen auskratzen. Nein. Ich ließ es bleiben.
Als ich den Sommer über wieder für zwei Monate ins Ger kam, hatten Ojuna und Najma es schon allen gesagt. Papa stimmte zu, Mama umarmte sie und ging gleich mit Einfällen bezüglich der Hochzeit und der ganzen praktischen Fragen zum Wohnen und so weiter hausieren. Alles war wieder in Ordnung bei uns.
Es war klar, dass Nara bei der Hochzeit nicht fehlen durfte. Am meisten bestand Ojuna darauf. Ich hatte sie nie besonders geschätzt, und jetzt sah ich, wie sie einer Tigerin gleich für ihre Schwester kämpfte. Man kam überein, das Paar würde vorläufig ein Ger neben den Eltern aufstellen. Najma hatte, glaube ich, unseren Papa so liebgewonnen, dass es ihn gar nicht nach Hause zog, und wir freuten uns, dass Ojuna uns erhalten blieb.
Sie war schön geworden.
Papa sagte, etwa so hätte Magi ausgesehen. Aber er flüsterte es nur mir zu, leise in mein Ohr, damit Mama es nicht hörte.
Er hatte Recht.
Sie geriet als Einzige ihm nach, und daher war er gehörig stolz auf sie. Auch Najma konnte sich in die Brust werfen. So eine schöne, junge und wohlhabende Braut musste man mit der Laterne suchen. Najma war so alt, wie Magi gewesen wäre. In zwei Lenzen würde er dreißig werden.
Unsere Großmutter hatte immer gesagt, Grünschnäbel wären nichts für Frauen, die es ernst meinten. Grünschnäbel sind fürs Vergnügen da, für den Anfang, aber heiraten soll eine Frau jemand Ordentlichen. Und ebenso der Mann. Er soll ruhig zuwarten, um sich dann das ganze Leben lang an einer jungen Frau zu erfreuen. Dschingis Khan hatte lauter viel jüngere, nur heutzutage drehen die Leute alles um, jammerte Großmutter den guten alten Zeiten nach. Sie hätte ihre Freude an Ojuna gehabt. Aber Ojuna konnte Großmutter letztlich doch nicht das Wasser reichen. Großvater war zwanzig Jahre älter gewesen als sie.
Ich hatte ihn nicht mehr erlebt. Nicht einmal Mama. Papa kennt ihn zumindest ein bisschen: aus Großmutters Erzählungen und von einigen verschwommenen Erinnerungen.
Das war ein fröhlicher Sommer damals. Najma und Ojuna neckten einander in einem fort, ritten um die Wette, bewältigten aber auch eine Menge Arbeit. Ojuna bestickte Najma die alten Deels, so dass sie vor Farben erstrahlten, wie wenn sich die Steppe im Frühling mit Blumen überzieht. Wie
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