Kurzgayschichten
eigentlich nicht ...“
Er lehnte sich zufrieden zurück und lächelte selig vor sich hin.
„Ich geh dann mal meine Sachen aus dem Auto holen, ja?“ Ich stand auf und ging Richtung Wohnungstür.
Irgendwie freute ich mich auch auf das Klassentreffen, ich war gespannt wie sich all die Leute in den zehn Jahren verändert hatten, wenn sie dies überhaupt getan hatten.
Außerdem lenkte mich das Ganze von Julian ab.
3
Worauf hatte ich mich da nur eingelassen!
Nach dem gut fünfzehnten Mal „Daylight in your eyes“ war ich geistig umnachtet. Jo zappelte immer noch freudig herum als hätte er das Lied gerade zum ersten Mal gehört.
„Können wir nicht etwas anderes hören, oder die Musik ganz bleiben lassen?“ Ich sah ihn entnervt an und er grinste nur.
„Wir haben einen Deal, die Musik im Auto, mit dem wir zum Klassentreffen fahren, ist da mit inbegriffen!“
Ich fuhr mir entnervt durch die Haare. Gut, ich durfte solange ich nichts anderes hatte, bei Jo wohnen, aber war das im Vergleich zu der Musik noch ein fairer Deal?
Außerdem kam ich nicht umhin zuzugeben, dass ich auf seiner harten Couch so gut wie gar nicht schlafen konnte und dann bei der Arbeit natürlich dementsprechend aussah.
Wenn man zudem noch in einem Computerladen arbeitete und für gewisse Fehler einiger PCs der Kunden keine Augen hatte, weil diese einem trotz zwei schwarzen Kaffees zufielen, war das nicht gerade förderlich beim Chef.
Es war ein Wunder, dass ich für diesen Samstagvormittag freibekommen hatte. Das größere Wunder war jedoch, dass ich Jo noch nicht umgebracht hatte. Die Musik machte mich völlig wahnsinnig!
Mein Freund schien für seinen Teil mit sich und der Welt zufrieden, als er in den kleinen Spiegel guckte und sich den Eyeliner nachzog, immer wieder an seinem weißen Hemd zupfte und seine schwarze Stoffhose glatt zog.
Genau das ärgerte mich nämlich.
Gut, ich war schon mal froh darüber, dass er nicht das roséfarbene Rüschenhemd und die dazu passende Hose angezogen hatte, aber seine übertrieben heitere Art mit der grässlichen Musik nervten mich einfach ungeheuerlich.
Mir kam eine zugegeben fiese Idee und so schlenkerte ich kurz mit dem Wagen hin und her.
Jo quietschte entsetzt, als er sich einen riesigen schwarzen Strich die Wange entlang gemalt hatte und zeterte wild herum.
Ich tat so, als könnte ich ihn der Musik wegen nicht hören und so schaltete er das Gejaule endlich aus um mich wild anzufahren.
„Spinnst du total? Wie sehe ich denn jetzt aus?!“ Er fuchtelte aufgeregt mit den Händen herum und deutete auf seine Wange.
Ich setzte meine Unschuldsmiene auf und deutete auf den Verkehr draußen.
„Tut mir wirklich leid, aber ich musste einem Laster ausweichen ...“
Er schnaubte verächtlich und kramte in seiner kleinen Jeanstasche nach Erfrischungstüchern, um sich den Strich wegzuwischen.
Die Musik blieb für den Rest der Fahrt aus.
„Meine Güte, René, du hast dich ja kaum verändert!“ Sie drückte mich und gab mir links und rechts ein Küsschen auf die Wange.
Danke, Amelie, du siehst auch noch genau so scheiße aus, wie früher.
„Du aber auch nicht, Amelie!“ Ich stimmte in ihr falsches Lachen mit ein und versuchte mich im Zaum zu halten, das Gedachte nicht noch laut auszusprechen. Ich konnte diese Tussi damals schon nicht leiden, diese intrigante rothaarige Schnepfe, die alles herumtratschte und über alles und jeden Bescheid wusste.
Jo und ich hatten sie damals liebevoll „die Hexe“ genannt.
Jetzt, zehn Jahre später, schien sie sich tatsächlich kein bisschen verändert zu haben. Nur dass die damals offenen Haare nun kunstvoll hochgesteckt waren und sie ein paar Kilo Schminke mehr im Gesicht hatte. Die paar Kilo machten sich auch in ihrer Hüft- und Gesäßebene bemerkbar.
„Und du musst Johannes sein ...“ Sie musterte den ehemaligen Mitschüler etwas distanziert.
„Du hast dich aber ganz schön ...verändert ...“ Sie lachte etwas unsicher und musterte ihn mehrmals.
Sein Kajal saß übrigens wieder perfekt, Rouge und Lipgloss leider auch. Jo reichte ihr die Hand und grinste breit.
„Könnte daran liegen, dass ich unter die Tunten gegangen bin!“
Sie tat leicht pikiert, lachte dann aber übertrieben laut und schrill.
„Aber du siehst ja noch genauso aus wie damals, Amelie, na ja, vielleicht etwas mehr Speck auf den Hüften, aber sonst ...“
Sie lachte wieder unsicher und bat uns endlich herein, musterte Jo hinter seinem Rücken
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