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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Straße«, bekräftigte Linkohr.
    Schweizer zögerte. »Mit scharfem S oder mit zweien?«
    Linkohr wusste nicht, wie er diese Frage deuten sollte.
     
    *
     
    Häberle hatte den kürzesten Weg zurück über Magdeburg gewählt. Besser allerdings wäre die Route über den Großraum Berlin gewesen, doch ihm waren nach der langen Nacht mit dem sympathischen Kollegen die Bundesstraßen angenehmer erschienen als die Autobahnen. Die 330 Kilometer von Mirow bis Westerhausen zogen sich endlos dahin. Als er sich am frühen Nachmittag endlich über Quedlinburg dem kleinen Örtchen am Rande des Harzes näherte, schien die Sonne und Häberle wünschte sich, hier ein paar Tage verbringen zu können. Der bewaldete Höhenzug, in dessen Verlauf sich irgendwo der Brocken befinden musste, erinnerte ihn sofort an die heimische Schwäbische Alb. Doch viel Zeit, die Schönheit dieser Landschaft zu genießen, blieb ihm nicht. Seine Navigatorin führte ihn durch die schmalen Sträßchen des beschaulichen Orts zur Hessengasse, die sich ein Stück Dorfromantik über alle Zeiten hinweggerettet hatte. Eine Gasse wie aus Häberles Kindheitstagen: Zwischen den betonierten Fahrspuren wuchs Gras und von beiden Seiten ragten die Hecken über Mauern und Gartenzäune hinweg. Häberle überlegte, ob diese Gasse überhaupt für Autos geeignet war, doch nachdem er kein Verbotsschild gesehen hatte, lenkte er seinen Dienstwagen hinein. Der Hausnummer nach bewohnte Uwe Wollek ein schmales Gebäude, das wie alle anderen dicht an den Straßenraum heranreichte.
    Häberle stoppte, wohl wissend, dass er mit seinem Göppinger Autokennzeichen schnell auffallen würde. Er stieg aus, sah an der brüchigen Fassade des einstöckigen Hauses hoch, das ihm nicht sonderlich bewohnt vorkam. Am Klingelknopf, der neben der hölzernen Eingangstür angebracht war, stand tatsächlich der Name Wollek. Häberle drückte drei-, viermal, doch er erwartete nicht, dass jemand öffnen würde. Denn schließlich hatte er im Laufe des Vormittags mehrmals die Telefonnummer angerufen, die sie ermittelt hatten.
    »Sie wollen zu Herrn Wollek?«, hörte er plötzlich eine Männerstimme hinter sich. Er drehte sich erschrocken um. Vor ihm stand ein kräftiger Mann mit dünnen weißen Haaren und einem Lächeln. »Da werden Sie kein Glück haben.«
    »Ist er denn nicht da?«, fragte Häberle freundlich zurück und ging auf ihn zu.
    »Seit Tagen nicht, ne«, antwortete der Mann, der offenbar durch die Garagentür des Nachbarhauses gekommen war. »Er ist letzte Woche weggefahren, mit seinem Wohnmobil. Er wird erst wieder nach der Sonnenwende zurück sein.« Der Mann musterte den Ankömmling kritisch. »Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    Häberle überlegte, ob er sich zu erkennen geben sollte. »Kriminalpolizei«, entschied er dann und kramte in seiner Freizeitjacke nach dem Ausweis. »Häberle. August Häberle.«
    Der Mann wurde noch misstrauischer. »Ist denn etwas mit Herrn Wollek?«
    Häberle zuckte mit den Schultern. Er ließ sich von dem Mann, der seinen Namen mit Veil angab, durch die ans Haus gebaute Garage in einen traumhaften, geradezu mediterranen Garten führen, wo prächtige Sommerblumen blühten und die Gemüsebeete auf eine liebevolle Pflege schließen ließen. Dazwischen entdeckte Häberle ein kleines Gewächshaus und eine Gerätehütte. Die beiden Männer ließen sich an einer Sitzgruppe nieder, die auf einer Terrasse unter alten Bäumen stand. Häberle entschied, den Grund seiner Reise zu nennen, zumal ihm sein Gegenüber als ein grundehrlicher Rentner erschien. »Und deshalb«, kam der Kommissar schließlich zur Sache, »würde mich interessieren, was Herr Wollek normalerweise so macht.«
    Veil, der inzwischen Mineralwasser eingeschenkt hatte, holte tief Luft. »Herr Wollek ist vor drei, vier Jahren in das Häuschen eingezogen. Als Mieter. Fragen Sie mich aber bitte nicht, wer ihn besucht hat. Wir wohnen zwar dicht beieinander, aber wir halten uns meist hier hinten auf. Und dort drüben«, er deutete in Richtung des Nachbarhauses, wohin eine Mauer und dichter Bewuchs die Sicht versperrten, »da sehen wir nichts.«
    »Und wenn Sie nachdenken: Was fällt Ihnen spontan zu Herrn Wollek ein?« Häberle entdeckte eine großflächige historische Glasmalerei, die in einen Mauervorsprung eingelassen war, der ein geschwungenes Vordach trug. Sie zeigte Musikerszenen aus dem vorletzten Jahrhundert.
    »Wenn Sie mich so direkt fragen«, erwiderte Veil, »dann weiß ich nur, dass er Chemiker ist

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