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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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du nicht aufhörst zu kritzeln, wirst du dir die Augen verderben, Pauline. Was machst du da überhaupt? So viele Briefe kann kein Mensch schreiben.“
    „Es sind keine Briefe, Maman.“ Pauline hob den Kopf. „Ich habe beschlossen, Dichterin zu werden. Heute Nacht träumte ich nämlich …“
    „Dichterin! Sacre Bleu, das fehlt uns noch“, fiel Marianne ihr ins Wort. „Leg sofort die Feder beiseite und rück vom Fenster ab. Wie oft soll ich euch noch sagen, dass ihr euch vor der Sonne hüten müsst? Sie verdirbt den Teint, und gleichgültig, was andere behaupten, es gibt kein wirkungsvolles Mittel, um die Katastrophe einer gebräunten Haut rückgängig zu machen.“
    Pauline stierte in die Luft und bewegte stumm die Lippen. Die Ermahnung prallte ungehört an ihrer dichterischen Schaffenskraft ab. Viviane unterdrückte ein Augenrollen. Dieser Nachmittag würde sich in unerträgliche Länge ziehen. Schon wieder. Während andere Bootsfahrten auf dem Land genossen, musste sie ihre Fertigkeit mit der Nadel verfeinern, weil ihre Mutter der Ansicht war, es würde ihre Unruhe lindern.
    Cocolais trat ein. Das Faktotum des Hauses war in die Jahre gekommen und konnte kaum noch die Füße heben. Daher stolperte er in einer Regelmäßigkeit, die an Sturheit grenzte, über alle im Haus vorhandenen Schwellen und Teppichränder. Vorsorglich hatte ihr Vater ihm die übliche Verneigung vor den Herrschaften untersagt, nachdem Cocolais einmal zu Boden gegangen war und sich die Nase gebrochen hatte. Daher stand er nun stocksteif im Salon.
    „Der Chevalier de Casserolles wünscht, Madame La Marquise seine Aufwartung zu machen.“
    Sofort lebte ihre Mutter auf. „Ah, und ich glaubte mich schon völlig vergessen. Ich lasse bitten, Cocolais.“
    „Madame La Marquise lässt bitten“, knarzte das Faktotum und hielt dem Überraschungsbesuch die Tür auf.
    Ein Mann, so breit wie hoch, schob sich in den Salon. Seine Wangen waren so rund, dass sie ihn zwangen, die Lippen zu spitzen, was seiner Mimik einen Ausdruck des permanenten Staunens verlieh. Seine Garderobe passte sich den gespannten Wangen an. Die Strümpfe zeigten ein beachtliches Dehnvermögen – von den engen Hosen ganz zu schweigen. Als er sich über die Hand ihrer Mutter beugte, knirschten die Nähte seines Anzugs. Pauline kicherte.
    „Meine Verehrung, Madame La Marquise. Ich hegte große Hoffnung, Sie und Ihre liebreizende Tochter anzutreffen“, nuschelte er verzückt.
    „Nun, heute ist wohl Ihr Glückstag. Viviane, dies ist der Chevalier Thibaut de Casserrolles.“
    „Sehr erfreut“, murmelte sie.
    Ihre Mutter warf ihr einen Blick zu, in dem eine deutliche Warnung stand. Der Chevalier war auf ihre Liste möglicher Heiratskandidaten geraten. Das bedeutete, er verfügte über ein großes Vermögen und jegliches Fehlverhalten ihm gegenüber hatte Konsequenzen.
    „Tatsächlich ein Glückstag!“, röhrte er wie ein angeschossener Hirsch. „Selten hat ein Mann die Ehre der Gesellschaft zweier zauberhafter Damen.“
    Ihre Mutter blickte durch die offenen Flügeltüren in den azurblauen Sommerhimmel über dem Garten. „Jeder, der bei dieser fürchterlichen Hitze das Haus verlässt, hat diese Ehre verdient, Chevalier.“
    Die Hitze hatte beträchtlichen Schaden an ihm angerichtet. Die Ränder seiner Perücke waren feucht. Er tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von den Schläfen, ehe die Tropfen sein Kinn erreichten. „Ihre Einladung, Sie jederzeit besuchen zu dürfen, war zu verlockend, um ihr nicht umgehend nachzukommen, Madame La Marquise. Ich hoffte auf eine Fortsetzung unserer letzthin geführten Unterhaltung, die ich als überaus anregend und vielversprechend empfand.“
    Misstrauisch äugte Viviane von einem zum anderen und versuchte den Hintersinn dieser Worte zu ergründen. Wortreich war jede Unterhaltung, die Marianne zu führen gedachte. Vielversprechend waren die wenigsten, da sie sich auf Banalitäten beschränkte. Eine Ahnung keimte in Viviane auf, zumal nun beide die Lippen spitzten und einen einvernehmlichen Blick tauschten. Sie hatte genügend gedrechselte Höflichkeiten gehört und legte ihr Nähzeug beiseite. Cocolais schlurfte herein und stützte sich schwer auf einen Servierwagen mit Gebäck und Erfrischungen. Casserolles griff sich ein Törtchen und wollte es gerade in den Mund schieben, als Viviane aufstand.
    „Ausgezeichnet, dass Sie eingetroffen sind, um meiner Mutter Gesellschaft zu leisten, Chevalier, denn ich hatte soeben vor, im

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