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Kuss des Apollo

Titel: Kuss des Apollo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Danella
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streicht er leicht mit der Hand über ihre Augen.
    »Vergiss es«, sagt er.
    Dann geht er über den Hof, besser gesagt, er schreitet, er ist wieder er selbst.
    Er hebt die Agraffe auf, geht zu Amphitryon, legt ihm die Hand auf die Schulter und steckt ihm die Agraffe wieder in die Brusttasche. Aus seiner Jackentasche nimmt er die zweite und steckt sie in Amphitryons Jackentasche, dann nimmt er die dritte, betrachtet sie, lächelt, und dann ist sie verschwunden. Nicht mehr vorhanden. Und dann ist auch er fort. Nur einmal noch wird der Weg zum Hügel gezeigt, dort sieht man ihn kurz, er geht langsam, verschwindet, es ist wohl der Weg zum Olymp.
    Alkmene schaut um sich, wie erwachend, schlingt das Badetuch fester um ihren Körper.
    »Ich wollte gerade duschen«, sagt sie kindlich.
    »Das ist eine gute Idee«, sagt Amphitryon. Tritt neben sie.
    »Das mach ich auch.«
    »Wo kommst du eigentlich her?«, fragt sie.
    Und lässt sich von ihm küssen.
    Ende.
    Sebastian Klose hat also wirklich einen ganz neuen Amphitryon geschaffen. Es gab keine Ähnlichkeit mit Kleist, geschweige denn mit Plautus. Zeus verschwand nicht in einer Donnerwolke zum Olymp, es war auch nicht die Rede von Herakles, den Alkmene gebären würde.
    Und das Wichtigste von allem, kein Diener, kein Soldat hatte den zweiten Amphitryon gesehen, es gab kein Staunen, kein Geschwätz, keinen Klatsch. Und somit war es nun wirklich kein Lustspiel, sondern eine ernste, herzanrührende Liebesgeschichte zwischen einem Gott und einer Menschenfrau. Die Frau würde es nicht mehr wissen, Amphitryon nie erfahren. Das Amphitheater, das Klose so wichtig gewesen war, kam gar nicht mehr vor, nur eben gerade in der Anfangsszene, später war es dann der Säulenpalast in Theben, nicht der weite Raum eines Amphitheaters. Was in der langen Nacht in den Räumen des Palastes geschah, braucht hier nicht weiter erzählt zu werden.
    Sebastian Klose hatte einen großartigen Film gemacht, darüber waren sich alle einig.
    Oder hatte ihn Geraldine gemacht?
    Oder am Ende doch Apollo?
    Daran dachte keiner, davon sprach man nicht. Nur Geraldine wusste es. Sie war überzeugt, dass es Apollo war, der sie an jenem Tag geküsst hatte. Sie hatte es einmal erwähnt, an dem Abend, an jenem Tag, an dem alles begann.
    Und sehr viel später erst würde sie ihn noch einmal aussprechen, diesen einen Satz: Mich hat Apollo geküsst.

Dreharbeiten in München
    Walter Burckhardt war immer der Erste am Set. Verständlicherweise, denn im Laufe der Dreharbeiten hatte er sich in Geraldine verliebt. Er war glücklich verheiratet und hatte seine Frau selten betrogen, schon gar nicht mit einer Kollegin. Er trennte immer ganz genau Spiel und Wirklichkeit, kontrollierte seine Gefühle sehr bewusst, er war nicht leichtfertig, sondern ein Mann von ruhiger, besonnener Art.
    Aber diesmal hatte ihn die Liebe, die Leidenschaft zu dieser Frau geradezu überwältigt. Es begann eigentlich, so rechtfertigte er es vor sich selbst, als dieser junge Grieche so freundlich, so eindringlich von Geraldine gesprochen hatte. Da sah er sie das erste Mal, vorher hatte er sie kaum wahrgenommen. Doch den Griechen, ein Kollege, wie er vermutete, sahen sie nie wieder. Und Geraldine blieb dabei, dass sie ihn nie zuvor gesehen noch mit ihm gesprochen hätte.
    Während der Arbeit in den Studios der Bavaria steigerte sich Burckhardts Liebe, zumal sich zeigte, dass Geraldine nicht nur schön, sondern auch klug war. Sie mischte sich immer wieder in die Regiearbeit ein, was Sebastian Klose zwar verärgerte, aber letzten Endes von ihm akzeptiert wurde.
    So sagte sie zum Beispiel: »Eine tolle Liebesnacht, na schön. Ob sie nun besonders lang ist oder nicht. Was Alkmene offenbar gar nicht bemerkt. Aber sie können ja nicht immer nur das eine tun. Vögeln oder wie man das nennt, es gibt ja allerhand ordinäre Ausdrücke heutzutage.«
    »Woher willst du die denn kennen?«, konterte Sebastian.
    »Na, woher schon? Aus dem Fernsehen natürlich. Das bildet ungemein. Wenn zwei sich lieben, reden sie doch miteinander, sprechen über sich und ihre Liebe, träumen, schmieden Pläne, stehen mal auf, essen was, trinken was. Das ist doch langweilig, wenn nur das eine geschieht.«
    »Mit einem Gott ist das anders«, widersprach Sebastian. »Er hat eben nur das eine vor und sonst gar nichts. Worüber soll er sich denn mit einer Menschenfrau unterhalten? Über sein Leben auf dem Olymp? Über den Krieg, aus dem er nicht kommt? Und was heißt Träume oder Pläne. Die

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