Kuss des Apollo
endloses Thema wie die griechische Mythologie.«
»Nur ist alles, was man wissen muss, schon zu Papier gebracht worden.«
»Das ist ein Irrtum, Vater. Es gibt nichts auf der Welt, was bis in die letzten Ecken erforscht ist. Es gibt noch unendlich viel zu entdecken und zu beschreiben.«
»Ja, vor allem, wenn man endlich erforscht hat, wer dieser Shakespeare wirklich war.«
»Nun esst erst mal«, sagte Jana, »sonst wird die Suppe kalt. Es gibt heute eine aufgeschlagene Kressesuppe.«
»Aha«, sagte Loske. »Erstes Vorzeichen von Ostern. Wisst ihr noch, als wir Ostern in Bad Reichenhall waren und Klose mit seinem komischen Skript da ankam?«
Geraldine saß rechts neben Frobenius. Thomas war der Tischnachbar von Jana. Alexander saß ihr gegenüber. Sie vermied seinen Blick. Kein Wunder, dass sie erschrocken war, als er ins Zimmer kam. Er war ein besonders gut aussehender junger Mann. Und er hatte etwas – wie sollte man es nennen? –, etwas Zwingendes im Blick. Etwas, das einen festhielt. Doch das war Unsinn. Als er ins Zimmer kam, von draußen aus dem Garten, hatte er sie noch gar nicht angesehen. Also was war es dann?
In diesem Augenblick bedauerte sie, dass Sebastian nicht da war. Er hätte eine Hilfe sein können. Hilfe? Wozu, wofür? Sie unterbrach das Gespräch, das sich noch um Reichenhall drehte.
»Ist Sebastian wirklich in Griechenland?«
»Ja«, sagte Frobenius. »Das hat er mir erzählt. Dir doch auch, Alexander?«
»Er war ja hier, als ich vor zwei Wochen ankam. Er hat ununterbrochen von Griechenland geredet. Er ist einfach noch nicht fertig damit.«
»Das gibt es«, sagte Frobenius. »Manchmal können sich Regisseure in eine Idee verrennen, ich habe das schon erlebt.«
»Na, da wird er wohl bei der schönen Helena landen«, feixte Loske.
»Oder er entdeckt, dass Odysseus doch bei den Affen durchgefahren ist.« Alexander lachte. »Das reicht für einen neuen Film.«
»Bei den Affen? Was für Affen?«, fragte Geraldine.
»Bei den Affen, die auf dem Felsen von Gibraltar leben.«
»Fragt sich nur, ob die damals schon dort gelebt haben«, meinte Frobenius und lachte auch. »Jetzt fangen wir auch schon an zu spinnen.«
Was das mit den Affen auf sich hat, weiß ich auch nicht, dachte Geraldine. Ich bin schrecklich ungebildet. Ab morgen werde ich nur noch Bücher lesen. Nie mehr einen Blick ins Fernsehen, nie mehr vor mich hin grübeln. Und mit Vater muss ich morgen über das alles sprechen. Ausführlich.
Zunächst beschäftigte sie das Essen, ausführlich. Und es wurde darüber geredet.
»Früher«, erzählte Thomas, »durfte man Spargel nicht mit dem Messer schneiden. Das hat mir jedenfalls meine Mutter beigebracht.«
»Das haben wir alle so gelernt. Aber inzwischen sind die Sitten bei Tisch etwas gelockerter«, sagte Frobenius.
»In ganz feinen Lokalen gab es früher längliche Gabeln, oder man könnte sagen, spezielle Klammern«, ergänzte Loske, »damit konnte man den Spargel aufspießen und einfach davon abbeißen. Ein besonders feines Lokal fällt mir ein, das ist der Erbprinz in Ettlingen, da wurde Spargel so serviert. Es hatte nur den Nachteil, dass man die Spargelspitzen zuerst essen musste. Und ich hebe sie mir gern als letzten Bissen auf.«
Es ist wie damals, dachte Geraldine, als ich das erste Mal hier war. Da wurde auch über das Essen geredet, über die Ente. Und Sebastian fand es albern.
Sie musste lachen.
Loske sah sie fragend an. »Finden Sie es nicht besser, Geraldine, die Spargelspitze am Schluss zu essen?«
Sie erzählte, was sie eben gedacht hatte.
»Ja, das stimmt schon«, gab Jana zu. »Wir reden beim Essen über das Essen. Es beweist, dass es gut schmeckt. Angenommen, es schmeckte nicht, würde man den Mund halten.«
»Oder meckern«, sagte Loske.
»In einem Restaurant vielleicht. Aber nicht, wenn man privat eingeladen ist.«
»Mein Vater kocht sehr gut«, sagte nun Geraldine.
Alle blickten Thomas an, der lächelte und sagte: »Na ja, so einigermaßen. Allzu sehr wirst du nicht verwöhnt, Geraldine. Sülze mit Bratkartoffeln. Und mal Buletten. Aber Spargel könnte ich auch.«
»Ich kann überhaupt nicht kochen«, sagte Geraldine. »Aber ich werde jetzt genau aufpassen, wie Papa es macht.«
»Sie werden jetzt einen Film drehen. Und danach kochen lernen«, sagte Frobenius.
Später, als sie wieder im Gartenzimmer saßen, berichtete er noch von den anderen Stoffen, die man Geraldine anbieten wollte.
»Es ist sehr wichtig, Geraldine, dass Sie bald wieder
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