Kuss des Feuers
nicht wie eine. Die Ärmel ihres Kleides reichten bis zu den Handgelenken und der Kragen ging bis hoch ans Kinn. Das Kleid zeigte also keine Haut, machte dies aber durch den engen Schnitt wieder wett.
Victoria und Cheltenham verschwanden aus ihrem Blickfeld, während Miranda nachdachte. Sie wäre ihnen gern gefolgt, doch da trat eine vertraute Gestalt dunkel, groß und finster an ihre Seite.
»Da sind Sie ja«, sagte sie und schaute mit gerunzelter Stirn zu Archer auf. »Mir wird noch ganz schwindlig werden, wenn Sie den ganzen Abend kommen und gehen.«
Er griff nach ihrem Ellbogen und setzte sich mit ihr in Bewegung, um den Ballsaal zu verlassen. »Dann sollte ich Sie vielleicht nach Hause bringen, damit Sie sich hinlegen können«, murmelte er und blickte sich leicht ablenkt um.
»Ich zöge es vor, wenn wir uns unterhielten.« Sie gingen um ein besonders ungestüm tanzendes Paar herum. »Ach, übrigens, ich habe gerade eine Ihrer Verwandten kennengelernt – Miss Victoria Archer …«
Er blieb abrupt stehen. »Sie ist weder eine Verwandte von mir noch heißt sie Archer. Wie kommen Sie auf so etwas?«
Miranda zwinkerte überrascht. »Weil sie genau das behauptet hat.«
Archer knurrte angewidert.
Miranda runzelte die Stirn. »Warum sollte sie so etwas sagen?«
»Um sich zu ergötzen?«, antwortete er mit gepresster Stimme und führte Miranda wieder von der Menge fort. »Weil sie eine durchtriebene Lügnerin ist? Ich weiß nicht mal ansatzweise, was ihre Gründe sein könnten.«
Sie bewegten sich an den Rand des Raumes, und Miranda blieb stehen. Es gefiel ihr überhaupt nicht, wie er sie am Ellbogen festhielt, und sie entwand ihm ihren Arm.
»Hören Sie auf, mich ständig hinter sich her zu zerren. Ich bekomme noch blaue Flecken.« Sie rieb sich den misshandelten Ellbogen und musterte Archer voller Widerwillen. »Sie schien mir ganz reizend zu sein.«
Archer schnaubte, und sie wurde lauter. »Sie war offener und freundlicher zu mir als jede andere Frau, die ich heute Abend kennengelernt habe.«
Archers Blick schweifte durch den Raum, als fragte er sich, ob Victoria wohl jeden Moment inmitten der Tänzer auftauchen könnte. »Sie ist eine sehr gute Schauspielerin.« Er rückte näher an sie heran und schirmte sie damit gegen den Lärm ab, der im Raum herrschte. »Hören Sie, ich entschuldige mich dafür, dass ich eben so schroff zu Ihnen gewesen bin«, sagte er und setzte dabei den einschmeichelnden Klang seiner Stimme ein. »Sie konnten es ja nicht wissen.«
Er warf einen Blick über die Schulter und sah dann wieder Miranda an, während sie sich wunderte, welche Wirkung Victoria auf ihn zu haben schien. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hätte Miranda nicht gedacht, dass er vor irgendetwas Angst haben könnte.
»Aber jetzt wissen Sie es«, fuhr er fort und sah sie aus seinen grauen Augen bittend an. »Und es wäre mir sehr recht, wenn Sie nicht noch einmal mit ihr reden würden.«
Schöne Worte für einen direkten Befehl. Ihre Verärgerung wurde immer größer. »Da ist etwas, das Sie mir verschweigen.«
Wie erwartet bildeten sich leichte Fältchen in seinen Augenwinkeln. »Was denn zum Beispiel?«, fragte er sanft.
»Zum Beispiel, warum Sie sie als so störend empfinden. Zum Beispiel, warum sie sich entschieden hat, Ihren Namen zu benutzen.« Miranda rückte ganz dicht an ihn heran, damit er nicht zurückweichen konnte. »Zum Beispiel, warum sie genau die gleiche, außerordentlich seltene Augenfarbe wie Sie hat, aber angeblich nicht mit Ihnen verwandt ist.«
Archers Augen wurden schmal, und seine Brust hob sich leicht – alles Anzeichen dafür, dass er gleich explodieren würde. Es war ihr völlig egal.
»Soll ich es Ihnen etwa auseinanderklamüsern?«, zischte er.
»Ja.«
Sie dachte, er würde gleich losbrüllen, aber er beugte sich nur wie ein finsterer Racheengel. »Sie lebt in Schande und hat einen so schlechten Ruf, dass Cheltenham sie jetzt, wo wir uns unterhalten, bittet zu gehen. Mit ihr in Verbindung gebracht zu werden kann Ihnen gesellschaftlich nur schaden.«
Miranda fehlten die Worte, während sie ihn mit großen Augen ansah. »Ich hätte Sie für den Letzten gehalten, der sich über unpassenden Umgang und einen schlechten Ruf Gedanken macht.«
Er zuckte zusammen, als wäre er geschlagen worden. Sein Blick ließ sie einen schrecklichen Moment lang nicht los. »Halten Sie sich fern von ihr, Miranda«, sagte er tonlos, dann stapfte er davon und ließ sie allein
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