Kuss des Feuers
hervorbringen. Neue Knospen streiten ums Licht, und nur die stärkste bleibt.«
Mehr sagte er nicht, sondern riss einen Sack mit schwerer schwarzer Erde auf. »Was wollte er?« Sie ließ sich von der äußeren Ruhe, mit der er die Frage stellte, nicht täuschen. Die Kelle in seiner Hand zitterte, weil er sie so fest umklammerte. Während er einen größeren Topf mit Erde füllte, schnaubte er leise. »Egal. Ich weiß es ohnehin.«
Die Kelle schlug gegen die Marmorplatte, und Miranda zuckte zusammen. Die Stäbe ihres Korsetts bohrten sich in ihr Fleisch, während sie auf den kurz bevorstehenden Wutanfall wartete.
Doch er blieb aus. Archer starrte nur die verschüttete Erde an, als versuchte er sich darüber klar zu werden, wie es dazu gekommen war. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit, als sie beobachtete, wie er zurückwich, statt sich umzudrehen und zu kämpfen. Scham erfasste sie. McKinnon und seine verdammten Gruselgeschichten. Sie war doch wirklich eine blöde Kuh, dass sie ihm überhaupt zugehört hatte. Vielleicht strebte der Club nach Unsterblichkeit. Vielleicht auch nicht. Aber Archer war ihr Ehemann. Der Mann, der sie unter Einsatz seines Lebens beschützte. Er verdiente es nicht, dass man sich in Bezug auf ihn wilden Spekulationen hingab.
»Er hat mir etwas erzählt. Über den …«
»
West Moon Club
?« Archers Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln, als sie vor Überraschung zusammenzuckte. »Du hast meine Münze und kannst keine Ruhe geben. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass du versuchst, so viel wie möglich über den
West Moon Club
herauszufinden.« Er stocherte mit der Kelle in einem Haufen Erde herum. »Du hättest statt seiner auch mich befragen können.«
Sie richtete sich auf. »Du bist verschlossen und ausweichend, wenn man es freundlich ausdrücken möchte. Soll ich etwa glauben, dass du mir Antworten gegeben hättest?«
Er stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus. »Frag mich jetzt, dann wirst du es ja sehen.«
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber sie zwang sich zum Sprechen. »McKinnon glaubt, dass du nach dem Geheimnis der Unsterblichkeit gesucht hast.« Auch wenn es in ihren Ohren lächerlich klang, war ihm keine Überraschung anzumerken. Stattdessen starrte er nur mit leerem Blick auf die Erde.
Als er schließlich sprach, klang seine Stimme hohl und gleichgültig. »Unsterblichkeit war nicht das Ziel, obwohl der Versuch, das Leben zu verlängern, wohl doch in diese Richtung geht.« Vorsichtig nahm er die Rose mit ihrem Ballen und setzte sie in ihren neuen Topf. »Die Rose, die du hier siehst, ist unser erfolgreichster Versuch.«
Miranda blinzelte, als die silberne Rose leicht zitterte, während Archer Erde auf die Wurzeln schüttete. »Ich soll glauben, bei den Morden ginge es um eine Rose?«
»Nein.« Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Meinst du etwa, ich würde dir erzählen, wen ich für verantwortlich dafür halte? Schließlich weiß ich genau, dass du dich dann schnurstracks in Gefahr begeben würdest.«
Sie schnaufte frustriert. »Damit zwingst du mich, woanders nach Antworten zu suchen.«
Archers Körper spannte sich an, aber er erwiderte ihren Blick nicht. »Das hast du doch schon getan, oder nicht?« Ein Klumpen Erde platschte in den Topf. »Ich hoffe, die Zeit, die du mit McKinnon verbracht hast, war die dabei erlangten Informationen wert. Die Frage ist nur, was du ihm im Austausch dafür gegeben hast.« Die Kelle kratzte über die Arbeitsplatte und verteilte die Erde. »Ich kenne den Hund gut genug, um zu wissen, dass es bei ihm nichts umsonst gibt.«
»Es scheint so, als würdest du uns beide gut kennen«, sagte sie ohne nachzudenken.
Die Kelle fiel klappernd auf den Schieferboden. Archer holte tief Luft, dann umklammerte er die Seiten des Arbeitstisches. »Ich muss arbeiten, Miranda. Bitte lass mich allein.«
Langsam ging sie zu ihm. Allzu genau war sie sich des Klangs ihrer Schuhe auf dem Boden und ihres hämmernden Herzens bewusst. Er bewegte sich nicht von der Stelle und drehte sich auch nicht um, als sie so dicht hinter ihn trat, dass sie die angespannte Energie spüren konnte, die ihn umgab. »Du hast keinen Grund, eifersüchtig zu sein.«
Sein Kopf war weiter über den Topf gebeugt. »Bin ich das denn?«
Ihr stockte der Atem, aber sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Sie wusste jetzt, wie sein Körper sich anfühlte. Sie kannte seine Härte und Kraft, nachdem er sich in der Gasse an sie
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