Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
den Kopf gegen die Nackenstütze und versuchte, mir vorzustellen, wie ihr Leben ausgesehen haben mochte. Es muss hart gewesen sein, keine Wahlmöglichkeit zu haben, aber andererseits führten sie ein privilegiertes Leben, wo andere viel weniger besaßen. Dennoch, meine Entscheidungsfreiheit war mir ein kostbares Gut.
Schon bald legte sich ein Schleier über meine Gedanken und mein erschöpfter Körper fiel in einen tiefen Schlaf. Als ich erwachte, reichte mir Mr. Kadam ein verpacktes Sandwich und einen großen Fruchtsaft. »Sie sollten etwas essen. Wir steigen über Nacht in einem Hotel ab, sodass Sie sich zur Abwechslung in einem bequemen Bett ausschlafen können.«
»Was ist mit Ren?«
»Ich habe ein Hotel ausgesucht, das in der Nähe des Dschungels liegt. Wir werden ihn dort absetzen und auf dem Rückweg wieder einsammeln.«
»Was ist mit Tigerfallen?«
Mr. Kadam lachte leise. »Hat er Ihnen davon erzählt, ja? Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Kelsey. Er wird den Fehler kein zweites Mal begehen. Es gibt keine Großkatzen in dieser Gegend, weshalb die Bewohner nicht nach ihm Ausschau halten werden. Wenn er sich ruhig verhält, hat er nichts zu befürchten.«
Eine Stunde später hielt er neben einem dicht bewachsenen Teil des Dschungels, am Rand einer kleinen Stadt, und ließ Ren aussteigen. Wir fuhren weiter, in ein Dorf voll bunt gekleideter, geschäftiger Menschen und farbenfroher Häuser, und hielten vor unserem Hotel.
»Es ist kein Fünf-Sterne-Hotel«, erklärte Mr. Kadam, »aber es hat seinen Charme.«
In dem blitzblanken Schaufenster eines kleinen Lebensmittelladens lagen Waren aus. Über dem Geschäft befand sich ein riesiges Schild, das von einem Holzrahmen getragen wurde. Es war pink und rot gestrichen und verkündete etwas, das ich nicht lesen konnte. Außerdem prangte dort eine altmodische Cola-Flasche, die überall auf der Welt erkannt wurde, egal in welcher Sprache der Schriftzug war.
Mr. Kadam ging zur Hotelrezeption, während ich umherschlenderte und mir die Auslagen besah. Hier gab es eine bunte Mischung aus amerikanischen Schokoriegeln, Limonade, exotischen Süßigkeiten und Eis am Stiel in knalligen Verpackungen.
Mr. Kadam bekam die Schlüssel und kaufte uns zwei Dosen Cola und zwei Eis am Stiel. Er reichte mir ein weißes, während er das orangefarbene behielt. Ich riss die Verpackung auf, beroch es misstrauisch.
»Es ist nicht zufällig aus Sojabohnen und Curry?«
Er grinste. »Probieren Sie.«
Das tat ich und war überrascht, dass es nach Kokosnuss schmeckte. Nicht so gut wie Tillamook Mudslide, aber gar nicht so übel.
Mr. Kadam biss ein großes Stück von seinem Eis ab, hielt es mit einem Grinsen hoch und sagte: »Mango.«
Das zweistöckige, mintgrüne Hotel hatte ein schmiedeeisernes Tor, einen betonierten Innenhof und eine flamingofarbene Einrichtung. In meinem Zimmer stand mitten im Raum ein Doppelbett. Ein farbenfroher Vorhang verbarg einen kleinen Kleiderschrank mit ein paar Holzbügeln. Eine Schale und ein Krug mit frischem Wasser sowie einige Tonbecher standen auf einem Tisch. Zwar gab es keine Klimaanlage, dafür kreiste träge ein Deckenventilator über meinem Kopf, der die warme Luft kaum bewegte. Es gab kein Badezimmer. Alle Gäste mussten sich die Toiletten im Erdgeschoss teilen. Die Unterkunft war spartanisch, aber charmant und schlug den Dschungel auf jeden Fall um Längen.
Nachdem mich Mr. Kadam auf mein Zimmer gebracht und mir den Schlüssel gegeben hatte, erklärte er, mich in drei Stunden zum Abendessen abholen zu wollen, dann zog er sich zurück.
Er war kaum aus der Tür, als eine kleine Inderin, die über einem weißen Rock ein knalloranges, wallendes Hemd trug, hereinkam, um meine schmutzige Wäsche abzuholen. In null Komma nichts kehrte sie mit meinen sauberen Kleidungsstücken zurück und hängte sie zum Trocknen auf die Wäscheleine vor meiner Tür. Sie flatterten leise im Wind, und ich schlummerte ein, eingelullt von dem beruhigenden Haushaltsgeräusch.
Nach einem kurzen Schläfchen und ein paar neuen Zeichnungen von Ren als Tiger flocht ich mir einen Zopf und band ihn mit einem roten Haargummi zusammen, der farblich zu meinem roten Hemd passte. Ich hatte gerade meine Sneakers angezogen, da klopfte Mr. Kadam auch schon an der Tür.
Er lud mich zum Essen in das beste Restaurant der Stadt ein, das Mango Flower. Wir fuhren mit einem kleinen Motorboottaxi über den Fluss und spazierten zu einem Gebäude, das aussah wie ein Südstaaten-Herrenhaus und
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