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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Wahrheit würde dennoch irgendwann ans Licht kommen. Man konnte sich Treue und Verbindlichkeit versprechen, aber solche Versprechen wurden nicht selten wieder gebrochen.
    Sie spürte, wie eine unendliche Schwermut sie überwältigte. Sie fühlte sich … befleckt.
    Poppy saß lächelnd neben ihr. »Gleich beginnt der zweite Akt«, sagte sie. »Meinst du, dem Bauern wird es gelingen, sich an dem Prinzen zu rächen?«
    »Oh, ganz bestimmt«, antwortete Catherine. Sie versuchte heiter zu klingen, aber es gelang ihr nicht.
    Poppys Lächeln verblasste. Sie blickte Catherine prüfend an. »Geht es dir gut, meine Liebe? Du siehst blass aus. Ist etwas passiert?«
    Noch bevor Catherine antworten konnte, drängte sich Leo zurück in die Loge, begleitet von einem Kellner, der ein Tablett mit Champagner trug. Eine kleine Glocke ertönte aus dem Orchestergraben, die darauf hinwies, dass die Pause zu Ende ging. Zu Catherines Erleichterung begaben sich die Zuschauer wieder zu ihren Plätzen und das Gedränge auf den Korridoren löste sich auf.
    »Bitte sehr, die Damen!« Leo reichte Poppy und Catherine jeweils ein Glas Champagner. »Es empfiehlt sich, ihn schnell zu trinken.«
    »Warum?«, fragte Catherine und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Der Champagner wird in diesen Schalen ziemlich schnell schal.«
    Catherine stürzte ihren Champagner mit undamenhafter Eile hinunter und schluckte mit geschlossenen Augen gegen das brennende Prickeln in ihrer Kehle an.
    »So schnell meinte ich nun auch wieder nicht«, sagte Leo und musterte sie mit einem besorgten Lächeln.
    Das Licht wurde gedämpft, und das Gemurmel im Publikum verstummte.
    Catherine schielte zu dem Silbergestell hinüber, in dem die Champagnerflasche, der man eine weiße Serviette fein säuberlich um den Hals gebunden hatte, kühl gestellt war. »Dürfte ich noch ein Glas …?«, flüsterte sie.
    »Nein, du wirst beschwipst, wenn du ihn so schnell trinkst.« Leo nahm ihr das leere Glas ab, stellte es beiseite, und nahm ihre behandschuhte Hand in seine. »Catherine«, fragte er zärtlich, »worüber denkst du nach?«
    »Später«, flüsterte sie und zog die Hand zurück. »Bitte.« Sie wollte den anderen nicht den Abend verderben, außerdem konnte sie unmöglich das Risiko eingehen, dass sich Leo im Theater auf die Suche nach Latimer machte und ihn zur Rede stellte. Es wäre nichts zu gewinnen, wenn sie ihm jetzt etwas sagte.
    Im Theater wurde es dunkel, und das Stück ging weiter. Selbst der melodramatische Charme der Geschichte konnte sie nicht von ihrem Elend ablenken. Sie blickte mit starrem Blick auf die Bühne hinunter und hörte die Dialoge der Schauspieler, als handelte es sich um eine fremde Sprache. Und während dieser ganzen Zeit kreisten ihre Gedanken einzig und allein darum, eine Lösung für ihr inneres Dilemma zu finden.
    Und es schien nichts zu helfen, dass sie die Antworten bereits wusste. Es war nicht ihre Schuld, dass sie damals in dieser Lage gewesen war. Die Schuld lag bei Latimer und Althea und ihrer Großmutter. Catherine konnte sich das bis an ihr Lebensende immer wieder vor Augen führen, und trotzdem waren ihre Schuldgefühle, ihr Schmerz, ihre Verwirrung immer noch da. Wie würde sie sich jemals von diesen Gefühlen befreien können?
    Während der folgenden zehn Minuten blickte Leo immer wieder zu Catherine und stellte fest, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sie bemühte sich angestrengt, sich auf das Stück zu konzentrieren, aber es war nicht zu übersehen, dass sie in Gedanken mit etwas völlig anderem beschäftigt war. Sie war abwesend, unerreichbar, als wäre sie in Eis eingeschlossen. In dem Versuch, sie zu trösten, nahm er noch einmal ihre Hand und fuhr mit dem Daumen über die Handschuhkante an ihrem Handgelenk. Die Eiseskälte ihrer Haut war erschreckend.
    Die Stirn in tiefe Falten gelegt, beugte sich Leo zu Poppy vor. »Was zum Teufel ist denn mit Marks passiert?«, erkundigte er sich flüsternd.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie machtlos. »Harry und ich unterhielten uns mit Lord und Lady Despencer, und Catherine stand etwas abseits. Als wir uns wieder setzten, bemerkte ich, dass sie schlecht aussah.«
    »Ich werde sie ins Hotel zurückbringen«, erklärte Leo.
    Harry, der den letzten Satz mitgehört hatte, runzelte die Stirn und sagte: »Lasst uns alle gehen.«
    »Es ist nicht nötig, dass auch nur einer von uns jetzt nach Hause geht«, protestierte Catherine.
    Leo schenkte ihr keine Beachtung, sondern starrte Harry

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