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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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zwischen ihnen wieder alles so würde, wie es gewesen war. In ihrem tiefsten Inneren war ihr klar, dass das höchst unwahrscheinlich war, und wieder einmal dachte sie darüber nach, was für Folgen es möglicherweise für sie beide hätte, wenn er sich um das höchste Amt im Staat bewerben würde.
    Das Ergebnis ihrer Überlegung war genauso niederschmetternd wie die vielen anderen Male, wenn ihr das Szenario durch den Kopf gegangen war. Er hatte recht – wenn ihr Vater ein normaler Mensch gewesen wäre, hätten die Medien keinen Grund, der Sache weiter nachzugehen. Hingegen wäre das Doppelleben eines Mannes wie Cornelius Woodward Hall eine Riesensensation.
    Deshalb müsste sie aus Jacks Leben verschwinden, wenn er sich tatsächlich für das Amt des Gouverneurs bewarb. Weil sich nur auf diese Art verhindern ließ, dass die Allgemeinheit von ihrer Vergangenheit erfuhr. Auch wenn der Gedanke, dass sie nicht an seiner Seite hier in Boston enden würde, unerträglich für sie war. Bei der Vorstellung, nach Fertigstellung des Porträts nach New York zurückzukehren und ihn nie wiederzusehen, brach ihr das Herz.
    Callie atmete tief ein, blickte wieder auf das Bild – und sprang derart panisch auf, dass ihr Stuhl nach hinten fiel. Sie hörte kaum das krachende Geräusch, mit dem er auf den Boden traf, und war auch für Arties erschrockenes Jaulen taub.
    »Oh nein, nein, nein …«
    Sie warf den Holzstab auf den Tisch und schnappte sich einen Lappen, obwohl ihr das verdammte Ding ganz sicher keine Hilfe war.
    Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen starrte sie ungläubig auf das Porträt. Das Lösungsmittel hatte durch den Lack hindurch ein Loch in die Farbschicht gebrannt.
    Sie beugte sich noch weiter vor, denn sie hoffte, dass die nähere Betrachtung zeigen würde, dass der Schaden nur oberflächlich war. Aber das war er nicht. Auf der Spiegeloberfläche hatte sich die von Copley aufgetragene Farbe auf einer Fläche von der Größe einer Dollarmünze aufgelöst.
    Fluchend blickte Callie auf das Glas, das sie geöffnet hatte. Sie hatte versehentlich das stärkste Lösungsmittel ausgewählt und das verdammte Zeug auch noch zu lange wirken lassen, während sie in Gedanken versunken gewesen war. Deshalb hatte die Chemikalie jede Menge Zeit gehabt, um in die Farbe einzudringen und sich dort in aller Ruhe auszubreiten, wodurch eine wesentlich größere Fläche als die, auf die sie sie aufgetragen hatte, in Mitleidenschaft gezogen worden war.
    Auf ihren Handflächen, unter den Achseln und auf ihrer Stirn bildeten sich dicke Schweißperlen.
    Sie hatte ein großes Kunstwerk ruiniert. Sie bekäme niemals wieder einen Job. Jack würde sie umbringen.
    Und das alles, weil sie abgelenkt gewesen war.
    So einen dämlichen Anfängerfehler durfte man ganz einfach nicht …
    Aber dies war nicht der rechte Augenblick, um sich in Selbstvorwürfen zu ergehen. Dazu hätte sie, weiß Gott, noch jede Menge Zeit, wenn sie auf dem Sozialamt Schlange stand.
    Sie musste sich jetzt konzentrieren. Konzentrieren und sich überlegen, wie der Schaden vielleicht doch noch zu beheben war. Und dann würde sie Gerard Beauvais im Museum anrufen.
    Sie beugte sich erneut über das Bild und blickte verzweifelt zwischen dem beschädigten Spiegel und all den anderen, fantastisch restaurierten Stellen hin und her.
    Verdammt. Sie brauchte Beauvais’ Hilfe jetzt sofort.
    Sie zog seine Visitenkarte aus der Werkzeugkiste, wählte seine Nummer und betete, dass ihre Stimme nicht versagte, falls er gleich am Apparat wäre. Hauptsache, sie bräche nicht in Tränen aus. Denn wenn sie außer unfähig auch noch jämmerlich erschiene, wäre der Albtraum perfekt.
    Sie erreichte seine Mailbox, hinterließ darauf die Bitte, sie so schnell es ging zurückzurufen, und legte mit einem leisen Schluchzen wieder auf.
    Dann holte sie tief Luft, beschloss, sich nicht länger vorzustellen, dass sie sich in Zukunft ihren Lebensunterhalt als Pizzafahrerin verdienen müsste, und beugte sich noch einmal über das Porträt. Der Appetit des Lösungsmittels hatte noch immer nicht nachgelassen, und es fraß sich immer weiter in das Bild.
    Wie eine zerstörerische Flut dehnte sich der Schaden immer weiter aus.
    Und löschte nicht nur all die Farbe, sondern auch ihre berufliche Zukunft aus.
    Sie stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab und sagte sich, Beauvais bekäme dieses Bild sicher ebenso wie den berühmten Fra Filippo Lippi wieder hin. Er würde die Farbtöne und die Pinselstriche so gut an

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