Kuss mich kuss mich nicht
das war also kein Problem, denn die Schecks des Mannes waren ganz bestimmt gedeckt.
Was ihn selbst anging, so würde sie ihn hoffentlich nur sehen, wenn er das Gemälde brachte, und dann noch einmal, wenn es fertig war. Vielleicht käme er auch zwischendurch einmal vorbei, um zu sehen, wie es lief. Aber mit so wenigen Begegnungen käme sie sicherlich zurecht.
Plötzlich dachte sie an den verrückten Augenblick zurück, in dem er sich vorgebeugt hatte, als wollte er sie küssen.
Vielleicht wären bereits seltene Begegnungen mit diesem Mann zu viel …
Sie blieb bis zum Sonnenaufgang wach, dachte über all die Dinge, die sie kaufen oder borgen müsste, nach, und nachdem sie endlich einen Weg gefunden hatte, diese Arbeit durchzuführen, wählte sie die Nummer, die auf der Visitenkarte stand, und war überrascht, als sich eine Sekretärin meldete, obwohl Wochenende war.
Sie nannte ihren Namen, woraufhin sie ein freundliches »Oh, gut. Er erwartet Ihren Anruf nämlich schon« hörte.
Dann ertönte klassische, ziemlich bombastische Musik, und Callie schaffte es zu schlucken, auch wenn ihr Mund vollkommen ausgetrocknet war.
»Guten Morgen, Ms Burke.« Walkers weiche, leicht spöttische Stimme rief ein Kribbeln in ihr wach.
»Ich werde es tun.«
Er stieß ein zufriedenes Lachen aus, meinte dann aber in geschäftsmäßigem Ton: »Gut. Dann kommen Sie um zehn ins Plaza, ja?«
Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Ich dachte, Sie wären in Boston.«
»Nein, ich bin noch hier. Also, zehn Uhr in meiner Suite?« Als sie zögerte, fügte er trocken hinzu: »Wenn es Sie beruhigt, besorge ich gerne eine Anstandsdame. Und packe vorher auch die Handschellen und die Bondage-Masken weg.«
Sie umklammerte den Hörer etwas fester – »hahaha« –, notierte sich den Namen seiner Suite, legte mit wild klopfendem Herzen wieder auf, griff sich an die Brust, ertastete dort ein paar Knöpfe und blickte an sich herab.
Sie hatte sich gar nicht zum Schlafen umgezogen.
Aber schließlich hatte sie in der vergangenen Nacht auch kaum ein Auge zugetan.
Während sie noch überlegte, ob es wirklich klug gewesen war, den Auftrag anzunehmen, tappte sie ins Bad, drehte die Dusche an und zog sich aus. Die schwarze Hose, die weiße Bluse und der schwarze Pulli, die sie unbeabsichtigt als Schlafanzug verwendet hatte, wirkten ebenso bescheiden wie das andere Zeug in ihrem Schrank.
Sie wünschte sich, sie hätte irgendetwas Schickes, das sie anziehen könnte, wenn sie zu ihm ging. Ein Outfit, das ihr etwas von dem Selbstbewusstsein gäbe, das sie bräuchte, wenn sie diesem Menschen gegenübersäße und so täte, als wäre sie genauso weltgewandt wie er.
Ihr Blick fiel auf den Hosenanzug von Chanel, und lächelnd dachte sie, dass Grace wahrscheinlich nichts dagegen hätte, wenn sie das gute Stück noch einmal anziehen würde.
4
Auf die Minute pünktlich betrat Callie das Hotel, zog ihren Mantel aus und faltete ihn so, dass statt des Pelzes das Satinfutter zu sehen war. Dann suchte sie die Fahrstühle, fuhr in die angegebene Etage, gelangte in einen breiten eleganten Flur und ging einer Reihe blank polierter Messingschilder nach.
Eine blonde Frau in einem schicken roten Kostüm und passendem Mantel kam ihr entgegen und hüllte sie in eine teure Duftwolke. Das kurz geschnittene Haar betonte ihre fein gemeißelten Wangenknochen und die schräg geschnittenen Augen, und ihr Schmuck sah auf dezente Weise teuer aus.
Lächelnd nickte sie ihr zu, und Callie ahmte das erhabene Aufwärts-Nicken nach und sagte sich, sie müsste sich die Geste merken, falls sie irgendwann einmal mit Mitgliedern der High Society zusammentraf.
Sie ging weiter bis zu einer breiten Flügeltür mit der Aufschrift »Greenough Suite« und wollte gerade klopfen, als in ihrem Rücken jemand fragte: »Wollen Sie zu Mr Walker?«
Überrascht drehte sich Callie nach dem Zimmermädchen um, das mit einem Stapel Handtücher den Flur herunterkam.
»Ja.«
»Er ist vor circa einer Stunde weggegangen. Wahrscheinlich ist er bald zurück, aber ich darf Sie trotzdem nicht einfach reinlassen.«
»Kein Problem. Ich warte einfach hier.«
Als das Zimmermädchen wieder ging, lehnte sich Callie an die Wand und drückte ihren Mantel an die Brust. Sie überlegte, was sie sagen sollte, wenn er käme, und dachte an die Frau, der sie im Flur begegnet war. Wie wurde Jack Walker wohl von jemandem wie ihr begrüßt?
Egal, was für Worte sie verwenden würde, sie wären auf jeden Fall perfekt. Genau wie
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