Kussfest
Wasserhahn auf und füllte den Mülleimer mit Wasser. Jamie war ihm gefolgt und beobachtete ihn mit in die Hüften gestemmten Armen. »Willst du jetzt meinen Mülleimer in die Luft sprengen?«
»Ich habe die Bombe entschärft. Das ist nur eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme.« Er trat einen Schritt zurück. »Das dürfte reichen. Das Ding macht uns keinen Arger mehr.« Ein paar Minuten später drehte Max, von Jamie gefolgt, eine Runde ums Haus. Plötzlich sah er auf. »Wo sind eigentlich die beiden, die nebenan den Rasen gemäht haben?«
»Woher soll ich das wissen? Ich hab die Sekunden gezählt. Ich dachte schon, du würdest in tausend Stücke gesprengt werden!
»Komisch«, sagte er, als er den Rasenmäher erblickte, der mitten im Garten stand.
Jamie war immer noch wütend. »Vielleicht machen sie Mittagspause. Oder sie haben das Wort ›Dynamit‹ gehört und zugesehen, dass sie Land gewinnen. Manche Leute laufen vor so was weg, Holt.«
Max starrte in Gedanken auf den verwilderten Rasen. »Hast du zufällig gesehen, ob die ein Auto dabeihatten?«
Jamie wunderte sich, dass er sich so für die Gärtner interessierte. Wahrscheinlich wollte er sie nur von dem Gedanken ablenken, dass er in eine Gummizelle gehörte. »Nein, warum?« Plötzlich fiel der Groschen. »Glaubst du, die haben den Sprengstoff in deinen Kofferraum getan?«
»Sie hatten auf jeden Fall die Gelegenheit, und es ist doch seltsam, dass sie so schnell verschwunden sind. Ob die Nachbarn irgendwas gesehen haben?«
Jamie sah sich um. »Sieht nicht so aus, als wäre schon jemand von der Arbeit zurück. Die Einzige, die normalerweise da ist und was hätte sehen können, ist Mrs Chadwick, aber sie ist alt und senil und verbringt ihre Zeit im Bett vor dem Fernseher. Sie würde sich wahrscheinlich nur fürchten, wenn wir ihr jetzt Fragen stellen, und da würde eh nichts rauskommen.
Max nickte. »Geh doch einfach schon mal deine Sachen packen.«
Jamie schluckte, und es fühlte sich an, als würde sie ein ganzes Hühnerei hinunterschlucken. Sie war Waffen und Bomben und Verrückte nicht gewohnt. Sie wandte sich zur Tür und blieb dann nochmal stehen. »Der einzige Grund, warum ich mich gerade zusammenreiße, ist, dass wir uns in einer gefährlichen Situation befinden. Aber ich bin immer noch stocksauer und will in meinem ganzen Leben nicht mehr mit dir reden.«
Als Jamie ihre Tasche packte, überlegte sie, ob ihr Leben je wieder normal werden würde. Max Holt war geradezu in ihr Leben gestürmt und hatte alles auf den Kopf gestellt, und er schien wild entschlossen, damit weiterzumachen.
Sie musste möglichst schnell Phillip heiraten, dachte sie. Phillip war sicher und normal. Max Holt war alles andere. Er war gefährlich. Wahrscheinlich gefährlicher als die Person, die hinter ihnen her war.
Jamie und Max trafen mit reichlich Zeit vor dem Abendessen bei den Fontanas ein. Jamie aalte sich in einer heißen Badewanne mit Lavendel-Badesalz, das sie von Deedee bekommen hatte, trocknete sich mit einem flauschigen Handtuch ab und cremte sich dann mit einer speziellen Lotion ein, von der Deedee der Meinung war, jede Frau müsse sie haben. Statt ihres eigenen Schlafshirts zog Jamie ein Satinnachthemd über, das eigens für Besuch bereitlag. Deedee verwöhnte ihre Gäste gern.
Schließlich ließ sie sich in einem weich gepolsterten Sessel nieder und blätterte durch einige Zeitschriften mit Schönheitstipps, die sie noch nie ausprobiert hatte. Herrje, sie zupfte sich nicht einmal die Augenbrauen und schminkte sich nur sehr dezent. Sie hatte einfach keine Zeit, vor der Arbeit noch so einen Aufwand zu betreiben. Einen Lockenstab hatte sie zuletzt für die Beerdigung ihres Vaters benutzt, inzwischen würde sie ihn wahrscheinlich nicht einmal wiederfinden, mit ihrem Haar tat sie das Gleiche wie mit einem Großteil ihrer Kleidung: waschen und fertig, das reichte ihr.
Jamie döste ein bisschen und wachte erst eine Stunde später auf, nur zwanzig Minuten vor dem Aperitif. In Rekordzeit zog sie sich die einzige Leinenhose, die sie besaß, und eine Baumwollbluse an und wusste genau, dass sie sich dafür verfluchen würde, wenn sie sie wieder bügeln musste, unten fand sie Deedee, die in einem grasgrünen, seidenen Abendkleid, das ihre Kurven umschmeichelte, aussah, als sei sie geradewegs der
Vogue
entsprungen.
»Oh, ich wusste gar nicht, dass wir uns zum Abendessen schick machen sollen«, sagte Jamie und fragte sich, wie ihre Freundin es schaffte, zu jeder Tages-
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