Kussfest
eine verantwortungsvolle Aufgabe.«
»Wie soll er es denn lernen, wenn er dir immer am Schürzenzipfel hängt?« Er lehnte sich zurück. »Wir brauchten nur schnell ein paar Sachen zu regeln und könnten heute Abend schon weg sein«, sagte Phillip.
»Und was ist mit deinen Mandanten?«
»Meine Sekretärin macht einfach neue Termine aus. Ich sage ja nicht dauernd Termine ab. Ich glaube nicht, dass mir auch nur einer das Mandat kündigt, bloß weil ich mal heirate und in die Flitterwochen fahre.«
Jamie rutschte auf dem Stuhl herum. »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, Phillip. Ich habe Sicherheitsleute im Zeitungsgebäude wegen der Schießerei. Was sollen denn meine Leute denken, wenn ich jetzt still und heimlich verschwinde, ohne mich auch nur von ihnen zu verabschieden?«
»Sie werden denken, du bist verliebt und konntest es gar nicht mehr erwarten, meine Frau zu werden.«
»Und ich muss auch an Deedee denken. Sie war immer für mich da, Phillip. Und sie kommt mit der Situation gerade überhaupt nicht klar. Ich habe richtig Angst, dass sie am Ende Frankie verlässt.«
»Jamie, du solltest dich mal reden hören!«, sagte er. »Das hat doch alles überhaupt nichts mit unserer Hochzeit zu tun!«
Sie konnte ihn nur schweigend ansehen.
»Ich habe langsam das Gefühl, du willst mich überhaupt nicht heiraten.« Er machte eine Pause und betrachtete sie. »Ist es wegen Max Holt? Bist du in ihn verliebt?«
»Natürlich nicht. Ich kenne ihn ja kaum.«
»Aber du verbringst ganz schön viel Zeit mit ihm.«
»Du weißt doch, dass er mein Partner ist.«
»Aber deswegen brauchst du doch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag mit ihm zusammen zu sein. Ist dir eigentlich klar, wie das aussieht? Wahrscheinlich weiß schon die ganze Stadt, dass du die Nacht mit ihm im Sumpf verbracht hast.«
Jamie verstand plötzlich. »Das hat Annabelle dir eingeredet, oder?« Es würde Annabeiles Distanziertheit Max gegenüber erklären.
»Meine Mutter macht sich auch Sorgen, ja. Sie will nicht, dass der Tratsch dir schadet.«
»Und macht dir das auch Sorgen?«
»Ich hab nie was auf Tratsch gegeben, das weißt du doch. Aber wenn die Leute schlecht über die Frau reden, die ich heirate, macht mich das natürlich wütend.«
»Es tut mir Leid, wenn ich dich blamiert habe, Phillip. Das ist bestimmt nicht das erste Mal, dass du mich vor deiner Mutter verteidigen musstest.«
»Was soll das denn heißen?«
»Das soll heißen, dass sie findet, du heiratest unter deiner Würde.« Jamie schämte sich, sobald sie es ausgesprochen hatte. Annabelle hatte sie stets wie ein Familienmitglied behandelt.
Phillip starrte seine Kaffeetasse an. »Es ist kein Geheimnis, dass meine Mutter manchmal ein ziemlicher Snob sein kann, aber sie hat dich immer in Schutz genommen.«
»Mich in Schutz genommen?«, fragte Jamie überrascht.
»Vielleicht ist ›in Schutz nehmen‹ der falsche Ausdruck.« Er rieb sich die Stirn. »Mist, das hätte ich jetzt besser nicht gesagt. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich rede.« Jamie war verletzt, aber sie war es gewohnt, das nicht zu zeigen. Sie wusste, dass seit Jahren über ihre Familie getratscht wurde, darüber, dass ihre Mutter sie verlassen hatte und ihr Vater in den letzten Jahren psychisch krank und arbeitsunfähig gewesen war. Die Kinder in der Schule hatten Jamies Mutter schon mit allen möglichen Schimpfwörtern belegt, als Jamie noch gar nicht wusste, was sie bedeuteten. Sicher wurde Annabelle darauf angesprochen, dass ihr Sohn eine Frau heiraten wollte, die nicht aus gutem Hause stammte. Und Annabelle, die ihren blaublütigen Stammbaum bis zum Anbeginn der Zeit zurückverfolgen konnte, sah sich gezwungen, sich für ihre zukünftige Schwiegertochter zu entschuldigen.
»Schon okay, Phillip«, sagte sie sanft. »Ich weiß, dass ich nicht die erste Wahl deiner Mutter gewesen wäre. Es tut mir Leid, wenn meine Vergangenheit ihr oder dir peinlich ist.«
»Mach dich doch nicht lächerlich, ich bin stolz darauf, dass du meine Frau wirst. Und meine Mutter ist ganz hingerissen.«
Die Kellnerin legte ihnen die Rechnung auf den Tisch und entfernte sich still wieder, als hätte sie gespürt, dass sie im falschen Moment gekommen war. »Ich habe dir erklärt, warum ich jetzt nicht mit dir wegfahren kann«, sagte Jamie. »Ich hatte gehofft, du würdest das verstehen. Vielleicht, wenn das alles vorbei ist.
»Dann sind mir wohl die Hände gebunden«, sagte er. »Du weigerst dich, zu mir zu kommen, damit ich auf dich
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