Kusswechsel
Seifenresten und hing in einer Abdeckplatte aus Marmor. Toilettenartikel waren links, Rasiermesser und Elektrorasierer rechts. Keine Badewanne, dafür eine große Duschkabine aus Marmor und Glas. Neben der Dusche, an einem Haken, ein weißer Frotteebademantel.
Das Ankleidezimmer war voller Kleider, eine Mischung aus Freizeit- und Berufskleidung. Die Berufskleidung erkannte ich sofort. Der Ranger, der Freizeitkleidung trug, war bislang noch nicht in mein Leben getreten. Alles hing sauber und ordentlich auf Bügeln oder lag gefaltet im Regal. Keine schmutzigen Strümpfe auf dem Boden. Alles picobello gebügelt. Zum Glück keine Damenunterwäsche. Keine Antibabypillen oder Tamponpackungen.
Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder wohnte Ranger zusammen mit seiner Mutter, oder er hielt sich eine Haushälterin. Da nichts auf eine kleine kubanische Lady als Mitbewohnerin hindeutete, tippte ich auf die Theorie mit der Haushälterin.
»Und«, sagte ich zu der leeren Wohnung, »es wird doch sicher niemand etwas dagegen haben, dass ich heute Abend hier bleibe, oder?«
Es widersprach niemand, was ich als positives Zeichen deutete. Zehn Minuten später war ich mit Rex und einer zweiten Garnitur Kleider wieder in der Wohnung. Ich stellte Rex’ Käfig auf die Küchenablage und gab ihm ein Stück Apfel. Den Rest des Apfels aß ich selbst und schlenderte hinüber zur Sitzecke. Ich ließ mich auf dem bequemen Sofa nieder und nahm mir die Fernbedienung für den Fernseher. Irre, diese vielen Knöpfe; ich hatte keinen blassen Schimmer, wozu die alle gut sein sollten. Kein Wunder, dass Ranger gesagt hatte, er würde nie fernsehen.
Ich ließ von dem Fernseher ab und siedelte ins Schlafzimmer über. Müde wie ich war, sah das Bett ungemein einladend aus, aber bei dem Gedanken, mich zwischen Rangers Laken zu legen, brach mir der kalte Schweiß aus.
Hab dich nicht so, sagte ich mir. Er ist ja nicht da.
Stimmt, antwortete ich, aber das hier sind nun mal
seine
Laken, verdammte Hacke. Seine Intimlaken sozusagen. Nervös kaute ich auf der Unterlippe. Andererseits sah es ganz so aus, als wären die Laken nach dem letzten Gebrauch gewaschen worden. Also waren sie nicht mehr ganz so intim, oder?
Problem Nummer zwei: Ich wollte die Bettwäsche nicht mit dem Sabber in meinem Haar kontaminieren. Das bedeutete, dass ich in Rangers Badezimmer duschen musste. Das wiederum hatte zur Folge, dass ich mich nackt ausziehen musste. Und bei dem Gedanken daran, dass ich nackt in Rangers Badezimmer stehen würde, brach mir wieder der Schweiß aus.
Jetzt mach schon, rief ich mich selbst zur Ordnung. Werd endlich erwachsen. Leider war genau das ein Teil des Dilemmas. Auf die Vorstellung, nackt unter Rangers Dusche zu stehen, reagierte ich nämlich durchaus erwachsen: Eine unangenehme Mischung aus Begehren und heftiger Verlegenheit. Ich befahl mir, einfach nicht darauf zu achten. Dann kniff ich die Augen zu und zog mich schnell aus. Ich machte die Augen wieder auf, regulierte die Wassertemperatur und stellte mich unter den Strahl. Ganz ernst. Geschäftsmäßig. Den Sabber aus dem Haar waschen, und raus aus der Dusche.
Als ich mich halbwegs mit Rangers Duschgel eingerieben hatte, hatte ich mich kaum mehr im Griff. Der Duft um mich herum verbreitete sich. Mir war heiß, ich war glitschig vor lauter Gel, und ich war umgeben von Rangers Duft. Qual. Ekstase. Plötzlich kam ich. Igitt. Sollte ich noch mal in Rangers Wohnung einbrechen, würde ich meine eigene Seife mitbringen.
Ich scheuerte mir tüchtig die Haare, trat schnell aus der Duschkabine und trocknete mich ab. Ja, ja, es waren Rangers Handtücher, und wer weiß, was er damit alles berührt hatte.
Also bloß nicht unten rum abtrocknen!
Das war kein stiller Gedanke, es war eher ein mentaler Aufschrei.
Ich zog mir Unterhose und T-Shirt an und marschierte ab ins Bett, schlüpfte unter die Decke, schloss die Augen und stöhnte. Es war himmlisch. Wolke sieben war gar nichts dagegen. Der totale Genuss – abgesehen von dem dumpfen Gefühl einer bevorstehenden Katastrophe.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war es im Zimmer immer noch dunkel. In der ganzen Wohnung waren die Rollos zugezogen, und ich hatte nicht die Absicht, sie hochzuziehen. Ich wollte meine Anwesenheit nicht hinausposaunen. Ich wälzte mich aus dem Bett und ging direkt unter die Dusche. Jetzt war ich schon viel mutiger. Und ich freute mich regelrecht auf Rangers Dusche. Gott sei mir gnädig! Ich war ein Duschgelflittchen!
Nach dem
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