Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Früher, so hieß es, war sie mal eine Pferderennbahn gewesen. In den Wiederaufbaujahren hatte man sie zunächst verfallen lassen, aber als sich die wirtschaftliche und politische Lage in NuYu Anfang des 21. Jahrhunderts stabilisiert hatte, waren die Politikerinnen zu der Erkenntnis gelangt, dass man den Männern einen gewissen Freiraum zum Ausleben ihrer animalischen Triebe gestatten musste. Organisierte Sportwettkämpfe waren ein Ventil dafür, hatten sie entschieden. Wagenrennen nach römischem Vorbild, Sumoringen nach japanischer Art, Sportfeste nach antiker griechischer Tradition – die Olympiaden – erfreuten sich inzwischen nicht nur bei den Männern großer Beliebtheit, auch Frauen sahen gerne zu, wenngleich sie nie daran teilnahmen. Sport betrieben wir natürlich auch, allerdings um unserer Gesundheit willen und nicht, um über andere zu siegen. Das war schlicht unnötig.
Cam hatte sich wieder seiner Tastatur gewidmet, und ich murmelte schließlich: »Ich bin nicht wirklich glücklich darüber, mich auf ein Pferd setzen zu müssen.«
»Wirklich glücklich wärst du auch nicht, wenn du die Strecke zu Fuß gehen müsstest. Und mit einem Fahrzeug welcher Art auch immer könntet ihr viel zu schnell in eine der Kontrollen geraten. Hier, schau, neue Nachrichten.«
Und die waren wirklich beängstigend. Delbert selbst hatte sich meiner angenommen. Der Schmierlappen war immer auf Sensationen aus, und aus mir hatte man inzwischen eine gemacht. Rebs Gesicht tauchte auf, Reb, als er sich vor Schmerzen auf dem Pflaster wand. Er sei in das Heilungshaus gebracht worden, in dem auch ich nach einem gefährlichen Unfall mit giftigen Hornissen behandelt worden sei, verkündete Delbert. Ersten Ermittlungen zufolge habe sich der Subcult in mein Zimmer geschlichen, mir mein Id entwendet und mich aus dem Heilungshaus entführt.
Die heulende Bonnie kam ins Bild und stieß zwischen Schluchzern hervor, dass sie sich schuldig fühle. Ihretwegen sei ich von den furchtbaren Insekten gestochen worden. Sie habe geahnt, dass das Gift mir weit mehr schaden würde als einer normal gesunden Person.
Maie wurde als Nächste gezeigt und herb von Delbert befragt, welche Maßnahmen sie gegen die unerträglichen Ausfälle der Subcults zu ergreifen gedenke, die todkranke Töchter der Electi brutal entführten.
»Mir sind keine Ausfälle bekannt, Delbert. Ich habe den Auftrag, eine Vermisste zu suchen, und wie erste Ermittlungen ergaben, hat sie auf eigene Verantwortung das Heilungshaus verlassen. Ihre Ärztin hat uns bestätigt, dass sie sich zwar schwach und etwas desorientiert gefühlt, aber keinerlei Anzeichen einer lebensbedrohenden Krankheit gezeigt habe.«
»Die Priesterin des Heilungshauses hat mir bestätigt, dass Junora Kyria sich in einem überaus gefährdeten körperlichen Zustand befand«, beharrte Delbert.
»Selbst wenn dem so wäre, hat die Priesterin ihre Kompetenz mit dieser Behauptung weit überschritten. Priesterinnen sollen für das seelische Heil der Patienten sorgen, sie haben keine medizinischen Aussagen zu treffen. Und wenn Sie auf diese Weise versuchen, Delbert, der Vermissten Angst zu machen, dann ist das unlautere Einmischung in unsere Ermittlungsarbeit. Wir gehen mit aller Sorgfalt den Spuren nach, und ich hoffe, wir werden Junora Kyria in Kürze wohlbehalten zu ihrer Mutter zurückbringen.«
Damit wandte sie sich resolut von der Kamera ab.
»Sie schützt Reb«, sagte ich.
»Ja, sie schützt ihn. Und da sie, glaube ich, eine verdammt kluge Frau ist, ahnt sie auch, was wirklich vorgefallen ist. Wenn ihr Glück habt, hat sie euch damit den Weg frei gemacht, hier zu verschwinden.«
»Ob sie auch Bonnie durchschaut hat?«
»Wenn sie mit der Priesterin gesprochen hat, dann ja.«
»Dr. Martinez zumindest hat sie wohl befragt.«
Cam nickte. Mir fiel noch etwas ein, als ich an Dr. Martinez dachte.
»Was ist mit der Patientenakte meines Vaters, Cam? Hast du etwas herausfinden können?«
»Ja, aber was ich gefunden habe, ist nicht hilfreich. Die Akte ist nämlich auch bei PanDemica unauffindbar. Aber solche kleinen Probleme reizen meine Leute. Es wird ein bisschen dauern, aber man kann nicht alle Spuren verwischen. Auch zu Rebs Vater werden wir noch etwas finden.«
»Hazel hat mir damals erzählt, dass es in den Reservaten kein Kommunikationsnetz gibt. Aber sie hat es trotzdem geschafft, mir eine Nachricht zu schicken. Wirst du mich informieren, sobald du etwas gefunden hast?«
»Auf welchem Weg hat Hazel dir
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