Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
zerstören.«
»Sie hat angegeben, ein Unbekannter habe sie gerettet«, sagte Reb.
»So hat sie mich selbst in dieser Situation noch geschützt. Sie ist eine großartige Frau, Reb. Und es hat mir lange wehgetan, dass ich sie verlassen musste. Ich frage mich nur, warum sie dich nicht früher zu mir geschickt hat.«
»Sie konnte mich nicht finden.«
»Sie hatte alle Möglichkeiten, die Ids zu verfolgen.«
»Meines nicht. Meine Mutter fand mein Benehmen schließlich so untragbar, dass sie mir mein Id wegnahm und mich verstieß.«
Es war erstaunlich, wie sehr sich Alvar veränderte. Eine geradezu sichtbare Aura kalter Wut umgab ihn, obwohl er völlig ruhig dasaß.
»Diese Schlange!«
Es war nur ein tonloses Zischen.
Ich war ebenfalls entsetzt, so entsetzt, dass mir die Worte fehlten. Kein Wunder, dass Reb auf Mütter nicht eben gut zu sprechen war.
Aber dann atmete ich tief ein. »Maie hat ihn dennoch gefunden, Alvar. Sie muss sehr gründlich nach ihm gesucht haben.«
Alvars Wut legte sich, die Luft im Raum wurde wieder wärmer.
»Ja, sie hat ihr Versprechen gehalten. Wann hat sie dir das Kreuz gegeben?«
Rebs Hände umschlossen das Cidreglas so fest, dass seine Knöchel beinahe weiß wurden. Ich sprang für ihn ein.
»Nach einer Prügelei mit einer Raider-Group am ersten Mai. Sie hat ihn verletzt auf der Straße aufgelesen und in ein Heilungshaus bringen lassen. Dort habe ich ihn getroffen. Und so kam eins zum anderen.«
»Brillant zusammengefasst, Kyria. Wobei mich später das ein oder andere Detail doch noch interessieren würde.«
»Ja, später. Alvar, wieso sind Sie gerade hierhergekommen?«
»Auch darüber hatten wir uns in unserer Gruppe vorher Gedanken gemacht – jeder von uns hat sich ein Reservat als Fluchtort ausgesucht. Ich habe hier familiäre Wurzeln. Mein Großvater väterlicherseits stammt aus Morlaix. Mein Vater war damals nach NuYu gegangen, um in La Capitale zu studieren. Er traf meine Mutter und blieb dort. Die Grenzen sind nicht so hermetisch verschlossen, wie es manchmal scheinen mag, Kyria. Es ist vor allem Angst und Bequemlichkeit, die die Menschen in NuYu hält.«
»Und die Medien berichten wiederum manchmal, dass die Einwohner der Reservate Menschen aus NuYu schlecht behandeln oder sogar umbringen.«
»Idioten. Abgesehen von echten Verbrechern, die hierher fliehen, wird jeder Besucher freundlich aufgenommen. Aber genau das ist eben eines der Dinge, die wir aufgedeckt haben – die Medien werden manipuliert, die Berichterstattung ist einseitig, Informationen werden unterschlagen oder verfälscht.«
»Das habe ich inzwischen auch herausgefunden. Der ölige Delbert hat über den Überfall der Raider auf die Subcults völlig falsch berichtet. Und Maie hat versucht, es richtigzustellen. Sie ist inzwischen Chefermittlerin bei den Amazonen«, erklärte ich.
»Ja, mir war immer klar, dass sie Karriere machen und dennoch sich selbst treu bleiben würde. Es freut mich, das bestätigt zu hören.«
»Haben Sie keine Kontakte mehr nach NuYu? Ich meine, Hazel und ich haben uns schon Nachrichten zukommen lassen.«
Alvars Mundwinkel zuckte, ähnlich wie Rebs, wenn er amüsiert war.
»Natürlich habe ich Kontakte. Aber es wäre für Maie nicht eben förderlich gewesen, wenn sie Nachricht von einem Subversiven erhalten hätte. Ich wollte nicht ihre Loyalität einer solchen Belastung aussetzen. Aber mit den restlichen Mitgliedern unserer ehemaligen Gruppe stehe ich noch immer in Verbindung und auch mit denen, die in NuYu unsere Arbeit fortführen.«
»Die Wardens.«
»Die du gar nicht kennen dürftest, Junora.«
»Ich kenne ja auch nur einen. Und den nur zufällig, weil er als Ole MacFuga bei unseren Empfängen und Festen aufgetaucht ist.«
»Ole MacFuga?«
Reb ließ endlich sein Glas los und sagte: »Camouflage.«
»Oh, ich verstehe. Ein begabter Junge.«
»Er hat uns geholfen.«
»Er hat mich mit dem Kurierdienst beauftragt.«
»Fangt ihr schon wieder an, Punkte machen zu wollen?«
»Ich nicht. Ich würde gerne mehr wissen über das, was Sie herausgefunden haben, Alvar. Ich bin so oft in der letzten Zeit belogen worden … «
Das war mir herausgerutscht, ehe ich mich zurückhalten konnte.
»Du hast in einem sehr behüteten Umfeld gelebt, Kyria. Belogen ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck – man hat viel von dir ferngehalten. Aber ich werde dir alle Fragen beantworten, soweit ich es kann. Vorher würde ich aber gerne eure Geschichte hören.«
Reb hatte die ganze Zeit
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