Kyria & Reb - Die Rückkehr
ihm, sie fest um meine bewusstlose Freundin zu wickeln.
»Wir müssen weg von hier. Wir sind verraten worden«, knirschte Cam. »Von meinen eigenen Leuten.«
»Ich nehme deine Mutter, Kyria. Wir müssen sie gut einwickeln. Es wird holprig.«
»Und schalte dein KomLink ein, Kyria. Übermittle die Koordinaten an die Amazonen.«, sagte Cam. Seine Stimme klang tonlos.
Ich half Reb mit fliegenden Händen, die Decke so gut es ging um den geschundenen Körper meiner Mutter zu binden. Sie stöhnte, wachte aber nicht auf. Dann lud Reb sie auf seine Schulter, Cam tat dasselbe mit Xari, und ich knipste fahrig auf meinem KomLink herum. Einen Kontakt konnte ich jedoch nicht herstellen. Also eilte ich hinter den anderen her. Reb kroch wieder in den Kabelschacht, aus dem wir gekommen waren, und – Große Göttin – er schleifte meine Mutter hinter sich her. Cam war schon vor uns, und ich hörte Keuchen und Schmerzenslaute. Es war die Hölle, durch den engen Kanal zu kriechen, aber die Angst, dass weitere Angreifer auftauchen könnten, machte mich beinahe gefühllos.
Endlich hatten wir es geschafft, standen wieder in dem U-Bahnschacht. Cam und Reb schulterten ihre Last und eilten mit großen Schritten voran. Ich folgte mit der Lampe. Diesmal nahmen wir an der Abzweigung den rechten Weg, und wieder kamen wir nach endlosen Minuten an eine Tür.
»Schieß auf das Schloss, wir haben keine Zeit, es aufzubrechen«, sagte Reb, und Cam legte Xari vorsichtig auf den Boden. Ein lauter Knall, verbogenes Metall, die Tür öffnete sich, als Reb dagegentrat.
Es war ein Betongang mit einigen Stufen, trocken und sauber. Ich leuchtete meinen Kameraden, so gut es ging, und auf einem Absatz standen wir dann vor einer zweiten Tür. Die allerdings war mit einer Kamera und einem Tastenfeld versehen.
»Gib folgenden Code ein«, keuchte Reb. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Die Flucht hatte ihn angestrengt. Cam war grau im Gesicht und hustete leise.
Ich gab die genannten Zahlen ein, und eine Stimme fragte nach einigen Sekunden: »Wer?«
»Reb, Junora Kyria, Junora Xarina, Junor Ole, Ma Dama Isha.«
Es klickte, ich drückte die schwere Tür auf und stolperte ins Helle. Ein Flur, schimmernde Holzdielen am Boden, altertümliche Glasleuchter an den Wänden. Ein Mann trat ein – und ich legte unwillkürlich die Handflächen vor der Brust zusammen, um ihn mit Respekt zu grüßen.
»Große Mutter!«, sagte Senor Cassius.
»Wir brauchen Hilfe.«
»Ohne Zweifel. Folgt mir.«
Es war ein überwältigender Raum. Regale mit Tausenden von Büchern bedeckten die Wände. Weiche Teppiche, Sessel, eine gepolsterte Liege, Kissen, schimmerndes Kristall auf einem Bord – keine Fenster.
Reb legte meine Mutter vorsichtig auf eine Liege, Cam bettete Xari auf einige Kissen, die Senor Cassius auf den Boden geworfen hatte. Ich prüfte mein KomLink. Der Empfang war wieder da. Und Maie meldete sich augenblicklich.
Sie war stinksauer.
»Maie, Ihre Vorwürfe sind gerechtfertigt. Aber jetzt hören Sie bitte zu. Wir brauchen dringend Hilfe. Die alte U-Bahnstation, sie hieß mal Niederrad. Dort geht ein Kabelschacht ab. Dahinter befindet sich eine Halle, wohl mal ein Betriebsraum. Räumen Sie das Ungeziefer dort weg. Meine Mutter ist in Sicherheit, Xarina wurde verletzt, Reb und ich sind okay. Überwachen Sie Quirin und Victor.«
Maie schwieg. Dann räusperte sie sich. »Wo sind Sie?«
»Das sage ich Ihnen später. Beeilen Sie sich. Und seien Sie vorsichtig, das Ungeziefer ist bewaffnet. Wie lange die Betäubung hält, wissen wir nicht.«
Ich hörte den Alarm im Hintergrund.
»Wir kümmern uns. Aber … Junora, das hat Konsequenzen!«
»Nur zu.«
»Junora Kyria?« Der weißhaarige Gelehrte sah mich an und schüttelte den Kopf. »Wir haben uns schon einmal gesehen.«
»Ja, Senor Cassius. Damals nannte dieser Rüpel mich aber Princess, wie alle seine weiblichen – ähm – Bekannten.«
»Also trügt mich mein Gedächtnis doch nicht. Nun ja, Ihre Geschichte würde ich gerne irgendwann einmal hören. Aber Ihre Mutter und Ihre Freundin bedürfen dringend ärztlicher Hilfe. Müssen wir Geheimhaltung wahren?«
»Unbedingt. Ich würde gerne Dr. Martinez herbitten. Sie ist unsere Ärztin.«
»Dann tun Sie das.«
Dr. Martinez war nur noch sprachlos, als ich ihr einen kurzen Überblick über den Zustand der Verletzten gab, und versprach, so schnell wie möglich zu Senor Cassius’ Haus zu kommen.
Der half uns dann, meine Mutter und Xari aus der Bibliothek im Keller
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