Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Scheiße.
Die Frau lächelt mitfühlend und berührt mich am Arm. »Aber keine Sorge, es dauert ewig, bis man abgewertet wird.«
»Wie lange?«
»Das hängt natürlich von Ihrem Einkaufsoutput ab. Und wenn Sie einen Maskottchenvertrag bekommen, können Sie Ihr Shoppingleben noch um einiges verlängern.«
»Wir müssen los«, meint der Mann. »Die Sonderangebote warten nicht ewig, wie man so schön sagt.«
Sie stehen auf und mühen sich mit ihren riesigen Einkaufstüten ab.
»Und nicht vergessen«, sagt die Frau beim Hinausgehen. » Skin Deep . Sie werden großartig sein!«
Mein Handy piept. Ich krame in meinen Tüten und versuche mich zu erinnern, in welche ich es gesteckt habe. Schließlich finde ich es im Reißverschlussfach meiner neuen Seidengeldbörse.
Glückwunsch Rhoda altes haus alter kumpel. Du siehst einfach umwerfend aus meine liebe! Aber die zeit läuft dir weg also beeil dich und werd maskottchen. Denn sonst (LOL!!)
Wirst du es dir jetzt anhören?
»Was anhören?«
Was ich dir die ganze Zeit zu sagen versuche. Es wird Zeit, dass du die Biege machst. Wenn du jetzt nicht abhaust, bist du tot, Rhoda. TOT.
»Das weißt du doch gar nicht.«
Und was ist mit Dan?
»Dan kann auf sich selbst aufpassen.«
Okay. Wenn Dan dich nicht interessiert, was ist mit dem Jungen?
»Welcher Junge?«
Der Kellner beobachtet mich neugierig. Schon wieder führe ich laut Selbstgespräche.
DER JUNGE! DER GOTTVERDAMMTE JUNGE! DER GRUND DAFÜR, DASS DU ÜBERHAUPT HIER BIST!
Ach du Scheiße. An ihn habe ich schon ewig nicht mehr gedacht!
Was zum Henker habe ich gedacht?
Und was um alles in der Welt mache ich hier überhaupt?
Abrupt stehe ich auf und stoße dabei das Champagnerglas um, dessen Inhalt sich quer über den Tisch ergießt.
Das grenzdebile Gruftimädchen lächelt mich leer an, als ich – halb über meine ungewohnten Stiefel stolpernd – in den Telefonladen stürme. Keine Spur von Wiedererkennen auf ihrem dämlichen Gesicht. Aber mit dem falschen Haar und den aufgebrezelten Klamotten muss ich für sie auch wie eine komplett andere Person aussehen.
»Hallo, Ma’am«, begrüßt sie mich fröhlich. »Wie wundervoll, Sie zu sehen! Darf ich ...«
»Wo zur Hölle steckt Dan?«, fahre ich sie an.
Ihr Lächeln verrutscht ein wenig. »Entschuldigung, Ma’am?«
»Schluss mit der Scheiße!« Ich beuge mich über den Tresen, packe sie am T-Shirt und ziehe ihr Gesicht dicht zu mir heran. »Wo ... zur Hölle ... steckt Dan?« Ich ergreife ihre Schulter und schüttle sie grob, aber sie starrt mich nur weiterhin mit ausdruckslosem Gesicht an. »Ich weiß, dass Sie wissen, wo er ist. Raus mit der Sprache!«
Um mich herum setzt ein wildes Piepkonzert ein, als alle Handys gleichzeitig zum Leben erwachen.
»Ich glaube, das ist für Sie, Ma’am!«, sagt das Mädchen.
Mein eigenes Handy piept und vibriert in der Tasche meiner Lederjacke. Aber das ist mir egal, ich werde diese Spielchen nicht länger mitmachen.
Ich probiere es mit einer anderen Taktik. Ich zwinge ein Lächeln auf mein Gesicht. »Ich brauche Ihre Hilfe. Das letzte Mal, als ich hier gewesen bin, war ich mit einem jungen Mann zusammen. Groß, halblange schwarze Haare. So ein Möchtegern-Grufti.«
Tief durchatmen. Nicht aufgeben.
»Er war ein ... ein ... Brauner, so wie ich.«
»Aber Sie sind eine Shopperin!«
»Ja«, sage ich, »aber ich war nicht immer eine.«
Na, wenn das nicht total schizoid klingt!
Sie schnippt mit den Fingern, als habe sie plötzlich begriffen. »Sie wollen etwas umtauschen?«
Das reicht. Wenn ich noch eine Sekunde bleibe, werde ich ihr mitten in ihr dämliches Grinsen schlagen. Ich stürme aus dem Laden.
Ich haste die Passage entlang und ignoriere das Lächeln und die bewundernden Blicke der anderen Shopper und Möchtegerne, die alle dicke Einkaufstaschen tragen oder Einkaufswagen voller Mist vor sich her schieben. Mir ist unverständlich, wie ich in den letzten Stunden ihre ganzen kosmetischen Operationen und Verletzungen als selbstverständlich hinnehmen konnte.
Tja. Gehirnwäsche, was sonst.
Dem kann ich nicht widersprechen.
»Ma’am!«, ruft mir eine Verkäuferin aus der Tür eines Ladens zu, der kompliziertes und schmerzhaft aussehendes Bondage-Zubehör verkauft. »Wir haben Ausverkauf!«
»Verpiss dich!«, schnauze ich sie an, als ich an ihr vorbeihetze.
»Vielen Dank für Ihre Zeit, Ma’am!«, ruft sie mir hinterher.
Ich habe mich selbst in eine solche Rage versetzt, dass ich glatt an der Buchhandlung
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