Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
Ganz sanft berührte sie ihre Brüste, deren Narben im gedimmten Licht wie Perlmutt schimmerten. Wie der rosige Rand sich öffnender Muscheln. Sie umfasste ihre Brüste, so wie Tim sie umfassen würde, wenn er sie ungestüm küssen würde. Sie streichelte sie ganz behutsam, so wie sie sich fast schmerzhaft danach sehnte, dass sie gestreichelt würden. Nicht, weil sie etwas spüren konnte – die Haut unterhalb der Narben war noch immer völlig gefühllos. Sondern weil sie sich nach Zärtlichkeit sehnte, nach Geborgenheit und Nähe.
Und einem Augenblick der Selbstvergessenheit.
Ohne Scham. Und ohne Angst.
Nur noch ein Tag. Ein gemeinsames Frühstück. Und dann?
Seufzend hob sie den Pareo auf und schlang ihn wieder um ihren Körper.
Ich will den Tag mit Tim verbringen, dachte sie. Ich will so lange wie möglich mit ihm zusammen sein, bevor wir für immer auseinander gehen.
Kurz entschlossen holte sie das Faltblatt der Autovermietung vom Nachttisch. Bei Avis am Flughafen hatte sie für morgen einen Ford Ranger für eine Inselrundfahrt gebucht. Der Flyer zeigte den geländegängigen meerblauen Allradwagen mit Ladefläche. Mit dem flotten Flitzer hätte Tim bestimmt seinen Spaß!
Okay, was noch? Sie sah sich im Bungalow um. Da, die Postkarte I Tahiti neben dem Fernseher. Und die Landkarte der Insel aus ihrem Koffer. Und der Reiseführer mit den Post-its neben den Sehenswürdigkeiten, die sie sich ansehen wollte. Und da war noch ein Prospekt vom Paul-Gauguin-Museum – dort gab es auch ein schickes Restaurant mit Blick auf die Lagune. Sie freute sich: Das würde ein richtig schöner Tag mit Tim werden.
Hey, noch ein bisschen Reiseproviant! Aus ihrer Handtasche holte sie eine Rolle Life Savers, Bonbons mit Fruchtgeschmack. Sie drehte die Rolle: Tropical Flavor, stand da – passt doch!
So, und jetzt noch etwas Driving Music für ihre stürmische Beinahe-Romanze. Bei Amazon fand sie das perfekte Lied und kopierte den MP3-Download vom Notebook auf einen Memory Stick. Billy Ocean – das würde richtig fetzen! Den Titel des Songs kritzelte sie auf die Postkarte mit dem knallroten Herz, wobei sie sich ein verschmitztes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Wie Tim wohl reagieren würde?
So, fertig! Aus dem Bad holte sie das geflochtene Palmblattkörbchen, in dem die Shampoo- und Showergel-Fläschchen gesteckt hatten, und packte alles hinein. Noch eine Blüte, das war’s.
Mit dem Körbchen trat sie auf ihre Veranda und blickte hinüber zu Tims Bungalow. Die Schiebetür stand offen, die Vorhänge waren halb zugezogen, die Veranda lag im Schatten. Vielleicht duschte er gerade nach seinem Bad in der Lagune?
Also los! Sie zog sich rasch ein Shirt über, stieg die Stufen hinunter zur kleinen Plattform und glitt ins Wasser. Die starke Strömung riss sie mit sich bis zu Tims Veranda, wo sie das Körbchen abstellte. Mit einem leisen Plätschern und Glucksen zog sie sich hoch und schlich die Stufen hinauf. Da, der Tisch! Dort würde er das Körbchen finden, sobald er aufwachte.
Der Vorhang bewegte sich! Tim war aus der Dusche gekommen!
Lautlos glitt sie zurück ins Wasser. Noch während sie sich gegen die starke Strömung zurückkämpfte, hörte sie den Skype-Klingelton ihres Laptops.
Ob das Mark war?
Mit dem frischen Duschhandtuch um die Hüften hockte er sich vor sein Notebook, lud die Fotos von Shainee von seinem BlackBerry herunter und installierte sie als Screensaver.
Mit einem gedankenverlorenen Lächeln strich Tim über ihr Gesicht und dachte an den Kuss. Er konnte nicht anders, er fühlte sich einfach zu ihr hingezogen. Ihm wurde ganz heiß ums Herz, wenn er sie neben sich spürte. Trotz ihrer tödlichen Krankheit sprühte sie geradezu vor Lebenslust!
Was für eine Frau!
Ein Blick zur Uhr: Kurz vor Mitternacht – kurz vor acht in Sydney. Schlafenszeit für Kyle.
Er skypte Jodi an. Schon nach dem dritten Klingelton leuchtete der Videoscreen auf.
»Hallo, Daddy!« Kyle trug einen lustigen Kangaroo Jumper, den Tim noch nicht kannte. Der Pullover war aus dunkelblauem Fleece mit aufgesticktem gelbem Känguru. Die Kapuze hatte aufgestellte weiße Ohren. Echt süß!
»Hallo, Kleiner. Alles in Ordnung?«
»Ja, klar. Und bei dir?« Kyle legte den Kopf schief. »Deine Haare sind ja ganz nass.«
»Ich war gerade im Meer schwimmen. Hey, dein Kangaroo Jumper gefällt mir.«
»Den hab ich gestern bekommen.«
»Von Mummy?«
»Nee.« Der Kleine schüttelte den Kopf. »Nach der Schule hab ich was in
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