Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
Sie nahm sie heraus, setzte sich damit aufs Bett und gab sich den Gefühlen hin, die seit siebzehn Monaten darin verborgen lagen.
Ihre Hände zitterten, und sie rang mit den Tränen, als sie den süßen Babystrampler hervorzog. Mit der niedlichen Kapuze mit den aufgestellten Plüschöhrchen sah er aus wie ein winziges Koalababy. Jodi drückte den Strampler fest an ihr Gesicht und atmete den vertrauten Duft von Weichspüler und Babypuder ein. Der Schmerz packte sie, wie panisch, und ihr Herz raste plötzlich. Da war der Teddybär, den Kyle seiner Schwester geschenkt hatte. Da waren die Briefe, die sie ihrem Sternenkind geschrieben hatte. Und da die vergilbenden Ultraschallbilder. Der Schmerz stieg ihr in den Kopf, als sie sie betrachtete. Am Rand des schwarz-weißen Gekrissels las sie Tims Handschrift: ›Ich in Mummys Bauch.‹ Der vierte Monat: Sienna kopfüber. Sie hat ein hübsches kleines Gesicht. Augenbrauen und Lider haben sich entwickelt, und sie hat feines, daunenweiches Haar. Sie kann sich bewegen, im Bauch herumturnen und am Daumen lutschen. Und ihr Herz schlägt doppelt so schnell wie Mummys.
Aber jetzt hatte es aufgehört zu schlagen.
Am liebsten wollte sie losheulen. Ihr war schon wieder ganz flau ...
Was ist geblieben? Der Schmerz. Die Trauer. Die Leere.
Die Erinnerung. Die Sehnsucht.
Die Angst vor einer neuen Schwangerschaft.
Ganz sanft berührte Jodi ihre Brüste und ihren Bauch.
Wozu noch der Test? Sie kannte doch die Symptome. Die wohligen Gefühle der Freude und der Erwartung. Die Frage, ob sie das Kind lieben konnte. Und ob er es konnte.
Und ob es eine gemeinsame Zukunft gab.
Tim ist fort, dachte sie. Nie mehr wird er mich streicheln und seine Finger durch mein langes Haar gleiten lassen, nie mehr mit mir über etwas lachen, das nur wir beide verstehen, nie mehr kichernd mit mir aufs Bett fallen, nie mehr seine Arme um mich legen, so wie früher, als zwischen uns noch alles in Ordnung war. Bevor unser Kind starb. Bevor unser Sternchen zwischen uns stand. Die Sehnsucht. Und die Angst.
Jodi strich sich über die Stirn, den Nacken, dann blieb ihre Hand auf ihrer Wange liegen. Sie war ganz heiß. Sie atmete tief durch, packte alles zurück in die rosa Schachtel und schloss den Deckel.
Laird hatte ihr damals zur Seite gestanden, als Tim während der Erdbebenkatastrophe in Haiti nicht sofort nach Hause kommen konnte. Als Kyles Kinderarzt hatte er sehr einfühlsam die Fragen des Kleinen beantwortet: ›Warum ist das Baby gestorben? Wird Mummy auch sterben? Und Daddy?‹
Tims bester Freund hatte sie liebevoll in den Arm genommen, als sie weinte, und er hatte ihr das Gefühl gegeben, dass sie als Frau nicht versagt hatte. Er hatte die richtigen Worte gefunden – er wusste, dass es nicht wichtig ist, was man sagt, sondern was man tut. Stundenlang hatten sie geredet, über Trauer, über Wut, über Einsamkeit – lange Spaziergänge an der Küste, enge Umarmungen auf dem Ledersofa vor dem Kamin und Bettgeflüster übers Handy. Laird hatte mit ihren Tränen umgehen können – besser als Tim. Er trauerte anders – stiller, ohne Tränen, obwohl auch er stundenlang mit Laird geredet hatte. Er kam einfach anders damit klar, schon wegen seines Bruders. Von Daddys, die ihre Kinder verlieren, wurde erwartet, dass sie stark und beschützend waren. Tim wollte immer alles reparieren. Aber ein gebrochenes Herz war nur schwer zu flicken. Tim flüchtete sich in seine Arbeit, um sich abzulenken. Und ließ sie damit allein. Auch im Bett.
Kein Kind mehr?
Oh, Tim!
Jodi stellte die Schachtel aufs Bett und zog sich aus – Jeans, Pullover, Shirt. Auf dem Weg ins Bad, das neben dem Schlafzimmer lag, sah sie aus dem Fenster. Das große Haus aus weißem Stein, Stahl und Glas mit dem gläsernen Kuppeldach stand für eine glücklichere Zeit weit weg von Verlust und Trauer, Trennung und Einsamkeit. Die Liegestühle auf der hinteren Veranda mit den gelb gestreiften Sitzkissen erinnerten an heiße Sommerabende mit Blick auf die Woodford Bay mit den weißen Yachten und der Skyline von Sydney am Horizont. An gemütliche Grillabende im Garten mit Laird, der gleich nebenan wohnte. An lange Gespräche mit Tim bei einem Glas Rotwein. An Kyles sorgloses Gekicher, wenn er bei den violett blühenden Jacarandabäumen unten am Wasser spielte. Dieses Haus stand für alles, was sie verloren hatten.
Der Schwangerschaftstest lag auf dem Rand der Badewanne. Okay, die Anwendung war denkbar einfach. Der Test sagte ihr nicht nur, ob
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