Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
strahlten, als er sie ansah. »Noch nichts zu sehen von den Booten.«
Dann drehte er sich wieder um und schaute wie sie über die beinahe schon kitschpostkartenblaue Lagune hinweg nach Bora Bora. Über den spektakulären Vulkangipfeln schwebte jetzt eine kleine weiße Wolke. Während des atemberaubenden Landeanflugs, dem schönsten der Welt, wie Shainee fand, waren die hohen Vulkankegel, die aus der schroffen, grün überwucherten Insel hervorragten, ganz deutlich zu sehen gewesen. Wie auch der Kranz der schmalen Motus, die wie eine Perlenkette rund um die Insel im türkisblauen Wasser schimmerten.
»Dreams really do come true«, hörte sie wieder Israel Kamakawiwo ’oles sanfte Stimme, als sie sich daran erinnerte, wie sie sich vorhin gefühlt hatte. Ihr Herz hatte wie wild geklopft, und ihre Augen schwammen in Tränen, so gerührt war sie, so bewegt, so aufgewühlt, mit Tim hierherzukommen. Tahiti, Moorea und Bora Bora waren schon so lange das Ziel ihrer Träume gewesen. So viele Jahre hatte sie sich danach gesehnt, und nun war sie hier. Ein Traum ging in Erfüllung, und sie war sehr glücklich. Ein Gefühl der Leichtigkeit erfüllte sie, ließ sie wie auf einer Wolke schweben, und es störte sie nicht, dass sie noch keinen neuen Traum hatte, der nun diese plötzliche Leere in ihr ausfüllte. Denn Tim war ja da, in ihrem Denken und Fühlen, und da war kein Platz für etwas anderes als ihn.
Mit dem Jetboat waren sie am Flugplatz auf dem Korallenriff abgeholt und in ihr Resort auf einem der Motus gebracht worden – den Traum aller Hochglanzreisemagazine: Overwater Bungalows im polynesischen Stil, die auf einem langen Steg weit in die türkisblaue Lagune hineinragten, ein einsamer Strand mit weißem Sand, kleine Holzterrassen zum Frühstücken oder Abendessen, Auslegerboote, Palmen, Blüten, Stille.
Nachdem Tim und Shainee mit kühler Kokosnuss und duftender Blütenkette willkommen geheißen wurden, hatten sie sich in der kristallklaren Lagune erfrischt. Dann fuhren sie mit dem Boot hinüber nach Vaitape, der kleinen Stadt in der Bucht gegenüber ihrem Resort. Und los ging’s zu ihrer abenteuerlichen Inselsafari mit den 4 x 4s, wie Tim frotzelte, als er die beiden Pferde streichelte. Sie erwiesen sich tatsächlich als erfahrene Off-Roaders, denn der Weg durch den Dschungel die Berge hinauf war für die Pferde nicht immer einfach. Aber der stundenlange anstrengende Ritt lohnte sich: Von der Flanke des Mont Otemanu, dem höchsten Gipfel von Bora Bora, genossen sie einen fantastischen Blick über die Insel, die steil aufragenden Felszinnen über ihnen, die Baie de Faanui unter ihnen, die malerischen Dörfer an der Küstenstraße, die Lagune in allen erdenklichen Blautönen und die leuchtend weißen Strände auf den Motus. Ein Traum in Blau, Grün und Weiß – nur die neongelben Auslegerboote für die Ruderwettkämpfe passten nicht so recht in die Postkartenidylle.
Tim war vom Pferd gesprungen und durch das hohe Gras bis an den Rand des vulkanischen Abgrunds gestürmt. Er war ergriffen, und seine Stimme bebte, als er gestand: »Das ist eine Tour, die ich nie mehr vergessen werde.«
Als Shainee neben ihn trat, umarmte er sie, und sie küssten sich. »Ich auch nicht«, flüsterte sie und strich ihm durch das windzerzauste Haar. »Nie mehr, solange ich lebe.«
Dort oben am Lookout wurde auch die Idee zu den Tattoos geboren, die sie nicht nur für immer an diesen wundervollen Tag erinnern, sondern sie für den Rest ihres Lebens aneinander binden sollten.
Nach ihrer Rückkehr nach Vaitape unten an der Bucht suchten sie gleich einen Tattoo-Shop auf.
Ein Tattoo wollt ihr? Klar, mach ich euch! Wann? Jetzt! In eurem Hotel? Okay, sucht euch was aus, dann rudere ich euch in meinem Glasfaserboot rüber in euer Resort. Eine Te Ruau-Zeremonie? Herrlich romantisch! Frisch verliebt, stimmt’s? Seit fünf Tagen? Hey, ihr beide seid ganz schön mutig! Aber sicher werden wir rechtzeitig fertig!
Arm in Arm mit Tim hatte sie die traditionellen schwarz weißen Ornamente an den Wänden betrachtet, Sonnen, Sterne, Wirbel, Kreise, Masken, Vögel und Fische, Ranken und Blätter, und sie waren sich schnell einig geworden. Sie wollten das Symbol ihrer Liebe tragen, für immer.
Der Schmerz der sirrenden Tattoonadel auf ihrer Haut riss Shainee aus ihren Erinnerungen an den schönen Nachmittag.
Der Tattookünstler beugte sich über ihren rechten Oberarm und wischte mit einem mittlerweile fleckigen Tuch Blut und Schweiß und Farbe ab.
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