Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
würde sich doch noch erfüllen. Hoffen wir, dass es nicht stimmt.«
»Es stimmt«, flüsterte Jaryn. »Als ich zuletzt mit Rastafan sprach, wusste er nicht, wer er ist. Ich habe Caelian zu ihm geschickt, um ihm zu sagen, dass ich der gesuchte Prinz bin. Er sollte mich nicht für einen Heuchler halten. Caelian sollte ihn besänftigen. Allerdings wechselt Rastafan oft seinen Aufenthalt, deshalb bleibt Caelian wohl so lange aus.«
»Sieh mich an, Jaryn«, sagte Suthranna. Dieser hob den Kopf. Suthranna hielt seinen Blick unnachgiebig fest. »Wenn Rastafan nicht weiß, wer er ist, was verbindet ihn dann mit dir und Caelian?«
»Wir sind Freunde.«
»Weshalb befreunden sich ein Sonnen- und ein Mondpriester mit einem Gesetzlosen? Sag endlich die Wahrheit, Jaryn!«
»Bei Achay! Rastafan und ich, wir lieben uns!«, schrie er verzweifelt. »Nun wisst ihr alles. Jedenfalls könnt ihr euch den Rest zusammenreimen.«
Sagischvar wurde aschfahl. »Lieben? Willst du damit etwas Bestimmtes andeuten?«
Auch Suthranna sah ihn erwartungsvoll an. Jaryn machte sich gerade. »Ja, weshalb soll ich mich dafür schämen? Rastafan und ich schlafen miteinander. Wir sind ein Liebespaar.«
Sagischvar stöhnte auf, aber Suthranna musste sich ein Grinsen verkneifen. Sagischvar merkte es und warf ihm einen empörten Blick zu. »Sie sind Brüder, Suthranna!«
»Das wissen wir noch nicht, und wir wollen es auch nicht hoffen. – Seit wann besteht euer Verhältnis?«, wandte er sich an Jaryn.
»Seit unserer Begegnung im Jammerturm.«
»Das kann nicht sein. Da muss es vorher schon etwas gegeben haben, sonst hättest du ihn doch nicht befreien wollen.«
»Ich wollte ihn nicht befreien, als ich zu ihm ging. Ich wollte mich rächen für den Überfall in den Rabenhügeln. Aber meine Rache …« Jaryns Stimme wurde leise. »Sie misslang. Ich verliebte mich in ihn.«
Sagischvar stützte aufseufzend den Kopf in die Hände. »Ein Sonnenpriester verliebt sich in einen Räuber, der ihn überfallen hat. Hat man in der Geschichte des Tempels jemals etwas Absurderes gehört?«
Jaryn verzog keine Miene. Plötzlich war ihm ganz leicht zumute. Kein Geheimnis quälte ihn mehr. Und Sagischvars Erschütterung bestärkte ihn noch in seiner Überzeugung, dass seine Liebe richtig war. Wäre er in diesem Augenblick wie eine Feder zur Decke geschwebt, es hätte ihn kaum verwundert.
Aber Jaryns merkwürdige Hinwendung zu einem Räuber trieb die beiden Priester weniger um, als Jaryn befürchtet hatte. Als weise Männer wussten sie, dass so etwas vorkam, nur ihre Erziehung ließ sie sich unterschiedlich äußern. Was sie mit Sorge erfüllte, war die Möglichkeit eines zweiten Prinzen. Dieser Sache mussten sie sofort nachgehen. Wenn die Mutter, wie Jaryn behauptet hatte, eine ehemalige Palastsklavin war, dann konnten sie das zumindest nicht ausschließen.
»Wir müssen Anamarna benachrichtigen«, sagte Suthranna.
»Was geschieht mit Rastafan, wenn eure Nachforschungen ergeben, dass ich recht habe?«, fragte Jaryn.
Beide Priester antworteten gleichzeitig, unterbrachen sich dann und tauschten Blicke aus. Es war aber klar, dass sie hier unterschiedliche Ansichten vertraten. »Das ist heute schwer zu sagen«, erwiderte Suthranna abwägend. »Wir wissen noch nicht genug. Lass uns Zeit, bis wir mit Anamarna gesprochen haben.«
Sagischvar nickte dazu. Er erhob sich zum Zeichen, dass die Unterredung für ihn beendet war. Suthranna öffnete ihnen die Tür zu dem Geheimgang, und sie verließen den Mondtempel auf demselben Wege, den sie gekommen waren.
21
Die beiden Priester begannen sofort mit ihren Nachforschungen, und es dauerte nicht lange, so hatten sie durch die Befragung Orchans dasselbe herausgefunden, was auch Jaryn wusste. Sie erfuhren sogar noch ein bisschen mehr, denn den Priestern gegenüber war Orchan ein wenig gesprächiger. Ja, die Sklavin Zahira sei in den Rabenhügeln geflohen, und zuerst habe er nicht gewusst, was aus ihr geworden war. Doch später habe er Kontakt mit ihr gehabt, denn er musste des Öfteren die Rabenhügel durchqueren. Bei dieser Gelegenheit habe sich Zahira wegen kleinerer Gefälligkeiten an ihn gewandt. Sie sei die Frau des Bagatur geworden, der später in Margan gepfählt worden sei. Aber ihr Sohn war nicht von ihm. Sie war bereits in anderen Umständen, als sie aus dem Palast geflohen war.
Besonders bestürzte es Suthranna, dass sie dabei Hilfe aus dem Mondtempel erhalten hatte. Davon hatte er nichts gewusst, denn zu jenem
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