Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
Königin in Margan kannst du es ertragen. Und für Rastafan. Eine Weile jedenfalls. Auch Könige sind nicht unsterblich.
Sie willigte also ein, aber für Doron war die Sache schon vor ihrer Zustimmung klar gewesen. Mit solchen Dingen hielt er sich nicht lange auf. Sie hatten zu geschehen, weil er es so wollte. Auflehnung gegen seinen Willen käme einer Blasphemie gleich. Jaryn hatte es versucht. Nun spielte er in Dorons Leben keine Rolle mehr als Sohn.
Für Zahiras Leben jedoch bedeutete eine Ehe mit Doron einschneidende Veränderungen. Sie hatte auf ein Leben in Luxus gehofft, aber dafür nicht ihre Freiheit aufgeben wollen. Und sie war an eine schier grenzenlose Freiheit gewöhnt. War es ein Fehler gewesen, Rastafan von seiner Herkunft zu erzählen und nach Margan zu gehen? Nein , entschied sie bestimmt, es war der einzig richtige Weg, und mein Fehler war, dass ich ihn nicht schon früher beschritten habe! Aber sie scheute die Auseinandersetzung mit Rastafan. Was würde er dazu sagen? Seine Mutter und Doron! Küsse und Hingabe für den Schlächter Bagaturs.
Als sie endlich den Mut fand, es ihm zu gestehen, war sie bestürzt, wie gleichgültig er es aufnahm. »Meinen Glückwunsch«, sagte er nur. Zahira sah seinen brennenden Blick, der nach innen gerichtet war. Was mochte er sehen auf dem Grund seiner Seele? Er litt an diesem Sonnenpriester, er litt an Jaryn. Plötzlich erfasste sie tiefes Mitgefühl mit ihrem Sohn, aber sie durfte es ihm nicht zeigen, denn die Würfel waren gefallen, es gab kein Zurück mehr. Jeder musste eben einen Preis zahlen.
*
Der große Tag war gekommen. Die Festlichkeiten zu Ehren Rastafans versprachen noch großartiger zu werden als jene für Jaryn, zumal auch noch ein öffentliches Eheversprechen abgegeben werden sollte. Die meisten in Margan wussten nichts über Zahira, aber sie hatten ihre schönen Kleider, ihre Kutsche und die Pferde gesehen. Kaum jemand zweifelte daran, dass sie auch eine prachtvolle Königin abgeben werde. Ihr Sohn, der Prinz, hatte sich noch nicht in der Öffentlichkeit gezeigt. Umso gespannter war jedermann auf ihn, zumal die Feierlichkeiten mit dem sagenhaften Zweikampf der beiden Prinzen ihren Höhepunkt erfahren sollten. Ein Ereignis, an das sich kaum ein Lebender erinnern konnte.
Die Sänften mit Mutter und Sohn nahmen den gewundenen Weg hinauf zum Palasthügel. Der neue Prinz mit dem düsteren Blick und dem verschlossenen Gesicht löste bei den Menschen nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Mancher meinte sogar, ihn von irgendwoher zu kennen. Aber es war üblich, bei solchen Anlässen eine steinerne Miene zu zeigen, das hielt man für feierlich und angemessen. Deshalb nahm auch niemand Anstoß an Rastafans Verhalten.
Alles, was Rang und Namen hatte, war auf dem großen säulenumstandenen Hof versammelt. In entsprechendem Abstand voneinander hatten die Sonnen- und Mondpriester ihre Plätze eingenommen. Saric und Caelian fehlten. Angeblich lagen sie mit schwerem Fieber zu Bett. Auch Jaryn war nicht zugegen, obwohl er neben seinem Vater hätte stehen müssen. Als die Sänfte erschien, erhob sich ein Getuschel und Geflüster. Hundert verschiedene Gerüchte hatten die Runde gemacht, und jeder dachte sich sein Teil, aber niemand würde offen seine Meinung äußern. Borrak hatte die Männer seiner Garde unauffällig überall verteilt. Ein falsches Wort, und die Pfahlschnitzer bekamen Arbeit.
Gaidarons glühender Blick ruhte auf dem Rivalen, der breitbeinig in der Sänfte saß und die Umstehenden unverblümt musterte. Was für ein Mann! Er sah aus wie der Kriegsgott persönlich. Das Spektakel schien ihm zu gefallen und ihn gleichzeitig zu irritieren. Manchmal schweifte sein Blick ab, so als suche er jemanden. Dann wieder wurde seine Miene so finster wie die sieben Abgründe des Bösen. Dieser Mann war kein verzogener Sonnenpriester, eher schon ein Dämon, der heraufgestiegen war, um seinen Schatten auf Jawendor fallen zu lassen. Gaidaron hätte beinahe aufgelacht bei diesem Bild. Nein, kein Dämon, aber ein Mann, mit dem er rechnen musste.
*
Alles wiederholte sich. Doron umarmte seinen Sohn. Dann hielt er zur Verwunderung aller eine zu Herzen gehende Rede, die ihm sein Schreiber aufgesetzt hatte. Sie war umfangreich, denn sie musste vieles erklären und vieles verdunkeln. Fragen, die sich hätten aufdrängen können, wären ohnehin unbeantwortet geblieben. Auch Gaidaron stellte sich viele Fragen. Aber nicht Doron – die Zeit würde sie beantworten
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