Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
zufriedengeben.«
Er warf Suthranna einen fragenden Blick zu, doch der erwiderte: »Du magst recht haben, Astvar, aber in dieser Schrecksekunde ist es Erslan wohl nachzusehen, wenn er nicht so überlegt gehandelt hat, wie wir es heute gerne hätten.« Er nickte Sangor zu, er möge fortfahren.
Dieser räusperte sich. »Eine Tat im Liebesrausch wurde von uns nach eingehender Beratung verworfen, obwohl sowohl der Zeitpunkt als auch die gewählte Tötungsart dafür sprechen. Es haben sich jedoch etliche Verdachtsmomente gegen Zahiras Sohn Rastafan ergeben, die ich im Einzelnen ausführen möchte. Natürlich hat er die Tat nicht begangen, aber ganz offensichtlich geplant. Als Beweis liegt uns ein Schreiben vor, das ich später vorlesen möchte.«
»Jenes Schreiben, das dem Gericht von Gaidaron, dem Neffen des Königs, übergeben wurde?«, fragte Astvar.
Sangor nickte. »Ja. Er war zu dieser Zeit der persönliche Sekretär des Prinzen. Wir werden ihn zu dieser Sache später hören.«
Suthranna beugte sich leicht nach vorn. »Und nun zu den weiteren Verdachtsmomenten.« Offensichtlich war er gespannt, was Sangor noch vorzubringen hatte.
Der neigte flüchtig das Haupt. »Natürlich. Bevor der Angeklagte nach Margan kam, hat er sein Leben als Gesetzloser in den Rabenhügeln zugebracht. Sein Stiefvater Bagatur war selbst ein gefürchteter Bandit und seine Mutter Zahira eine entlaufene Sklavin. Für den Prinzen zählten Eigentum und Leben anderer nicht, er nahm sich, was er wollte, weil er es nicht anders kannte, und er führte sein wildes Leben im Palast weiter. Das hat den König sehr verärgert. Man kann sich leicht vorstellen, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn nicht das Beste war.«
»Einspruch«, sagte Astvar. »Das ist eine Vermutung.«
»Dann möchte ich zur Bekräftigung Lenthor als Zeugen aufrufen.«
Suthranna nickte, und Lenthor erhob sich. »Ich kann bezeugen, dass König Doron mir des Öfteren sein Leid klagte über diesen ungebärdigen und ständig betrunkenen Sohn. Er wollte ihm ins Gewissen reden, aber der Angeklagte befolgte seine Einladungen nicht. Der König rief, und er stellte sich taub.«
Ein missfälliges Gemurmel erhob sich auf den hinteren Bänken.
»Könnt Ihr das bestätigen?«, wandte sich Suthranna an Rastafan.
Der nickte. »Ich war nicht in Stimmung. Schließlich hatte ich kurz vorher meinen Bruder umbringen müssen. Da habe ich getrunken, um zu vergessen.«
»Aber war das Verhältnis zu Eurem Vater wirklich gespannt, ja feindlich, wie Lenthor behauptet?«
»Nein. Als es mir besser ging, haben wir uns ausgesprochen. Ich weiß, dass er mich geschätzt hat. Deshalb hat er mich auch mit einem Auftrag betraut, der die Angorner anging. Aber ich sollte ihn erst nach der Hochzeit ausführen.«
»Was war das für ein Auftrag?«
»Ich sollte dort Sklaven erbeuten.«
»Und das hättet Ihr getan?«
»Es war ein königlicher Befehl, nicht wahr?«
»Aber Doron hätte so etwas niemals befohlen«, warf Sangor ein. »Mit den Angornern sind wir befreundet und treiben Handel.«
»Dennoch befahl er es mir. Ihr scheint den König nicht sehr gut gekannt zu haben.«
»Ob es diesen Auftrag gab oder nicht, kann nicht mehr bewiesen werden«, sagte Suthranna. »Mir scheint, das ist für die Verhandlung auch nicht wichtig. Jedenfalls hat Rastafan mit seinem Vater gesprochen.« Er wandte sich an Lenthor: »Hat der König sich nach diesem Gespräch auch weiterhin über seinen Sohn beklagt?«
Lenthor schüttelte den Kopf. »Nein.« Er schielte zu Gaidaron hinüber und setzte sich wieder.
»Fahre fort, Sangor. Bisher haben wir noch keine Beweise gehört.«
»Ich bemühe mich, den Leumund des Angeklagten hervorzuheben. Wer ein Räuberleben hinter sich hat, der scheut auch vor einem Vatermord nicht zurück.«
»Bloße Vermutungen«, warf Astvar gelangweilt ein. »Ich beantrage, diese Bemerkung zu ignorieren.«
Suthranna nickte. »Bitte stellt keine Behauptungen auf, Sangor. Wir möchten nur Tatsachen hören.«
»Dennoch kann die Betrachtung des Charakters zu einer gerechten Urteilsfindung beitragen. Ich weise darauf hin, dass es genügend Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Prinz seinen Vater gehasst haben muss. Dass seine Mutter Doron hasste, beweist ihre Tat. Es ist abwegig zu glauben, er habe von ihrem Hass nichts geahnt. Und es ist wahrscheinlich, dass Zahira ihren Sohn beeinflusst hat. Sie wollte nicht warten, bis Doron auf natürliche Art und Weise stirbt. Rastafan sollte so schnell wie
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