Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
Fußspuren verwischte der Sand sofort, aber ›Kalisha‹ war immer noch zu sehen.
Das Gehen war sehr beschwerlich. Nach einer Stunde waren sie noch nicht sehr weit gekommen, sie sahen den Felsen immer noch. Caelian warf sich in den Sand. »Ich bleibe jetzt hier liegen, bis Alathaia uns ein Zeichen sendet, denn sonst, so fürchte ich, werden wir bis in alle Ewigkeit hier herumtappen, wo eine Düne wie die andere aussieht.«
Sie standen gerade vor einer großen, recht steilen Düne. »Wir sollten bis zu ihrem Kamm hinaufklettern«, schlug Jaryn vor. »Von da oben haben wir eine bessere Aussicht. Dann können wir entscheiden, wie es weitergeht.«
Caelian ließ sich überreden. Der Anstieg war kräftezehrend, doch als sie ihn endlich geschafft hatten, erstreckte sich vor ihnen immer noch das gleichförmige Wellenmuster der Sandhügel. Kein Baum, kein Haus, nicht einmal ein Fels ragte als Landmarke heraus. »Ein Ding der Unmöglichkeit«, murmelte Caelian.
»Es sieht so aus«, stimmte Jaryn zu, »allerdings sehen wir immer nur das, was oben ist.«
»Wie meinst du das?«
»Wir können nicht in jedes Wellental hineinschauen. Hinter jeder Düne könnte etwas verborgen sein, das wir nur nicht sehen.«
»Wenn du mir die richtige Düne zeigen kannst, hinter der die Lustgefilde beginnen, dann mache ich mich gleich auf den Weg.«
Jaryn seufzte, aber auch er hatte keine Hoffnung mehr. Bei Kalisha war er noch guter Dinge gewesen, aber jetzt sah er ein, dass er nur den Sehnsüchten einer alten, einsamen Frau aufgesessen war. »Also kehren wir um«, sagte er. »Hier ist wirklich jedes menschliche Trachten vergeblich.«
Sie waren ein Stück auf dem Kamm entlang gewandert und rutschten jetzt mehr als sie gingen den Hang hinunter. Doch als sie unten waren und sich umschauten, konnten sie ›Kalisha‹ nicht mehr sehen. »Verflucht, wir müssen auf der falschen Seite abgestiegen sein«, sagte Caelian.
Jaryn sah hinauf zum Kamm. »Noch einmal hinauf? Das meinst du nicht ernst?«
»Erst einmal ausruhen.« Die Pausen waren das Einzige, was sie bei Laune hielt. Sie nahmen ein paar kräftige Schlucke aus ihren Wasserschläuchen. »Ja, wir müssen hier weg, es wird jetzt immer heißer, und es gibt nirgendwo Schatten.«
»Ich habe gehört, man kann sich auch in den Sand eingra…« Caelian hörte mitten im Wort auf. »Was war das denn?«
Von fern hörten sie merkwürdige Laute. Jaryn sprang auf. »Da schreit ein Esel! Es ist Laila!« Noch bevor Caelian ihn zurückhalten konnte, war Jaryn schon losgerannt und hatte die Richtung eingeschlagen, aus der die Laute kamen. Caelian beeilte sich, ihm zu folgen. Dabei fluchte er vor sich hin. Wenn es wirklich Laila war, dann mussten sie auch noch ihr Wasser mit ihr teilen. Auf alle Fälle verloren sie die Richtung nun endgültig. Sie umrundeten einige kleinere Hügel und kamen den Schreien näher. Gleich musste der Esel um die nächste Düne biegen.
Caelian fiel auf, dass das Laufen ihn plötzlich weniger anstrengte. Der Sand war nicht mehr so tief, unter der dünnen Schicht war er wie von vielen Schritten festgetreten. Führte hier doch ein Pfad durch die Wüste? Sie folgten ihm durch eine schmale Rinne zwischen zwei Dünen und blieben wie angewurzelt stehen. Der leicht abschüssige Weg führte direkt auf einen Teich zu, und es konnte keine Fata Morgana sein, denn sie erblickten dort Laila und noch zwei weitere Tiere, die hier zur Tränke gekommen waren. Als Laila Jaryn erblickte, kam sie mit aufgestellten Ohren auf ihn zugetrabt und stieß ein freudiges ›Iiii-aaaah‹ aus. Der umarmte glücklich ihren Hals, und Caelian schloss sich von der anderen Seite an. »Du Mistvieh!«, rief er gutmütig. »Du hast uns gerettet. Von heute an sind wir Freunde, versprochen.«
»Wie hat sie bloß den Weg über die Berge gefunden?«, wunderte sich Jaryn, während er ihren Rücken streichelte.
»Sie ist eben schlauer als wir, dazu gehört ja auch nicht viel«, spottete Caelian.
Das Ufer des Teiches wurde von einigen grünen Pflanzen gesäumt, die auf die beiden nicht einladend wirkten, aber für einen Esel gereicht haben mochten.
Sie füllten zuerst ihre Wasserschläuche. Dann entledigten sie sich ihrer Kleider und wateten in das Wasser. »Ist das herrlich!«, rief Jaryn und tauchte unter. Caelian tat es ihm nach und versuchte gleich, das freche Fischlein zu angeln, das sich zwischen Jaryns Beinen versteckt hatte. Dieser schwamm einen Bogen und näherte sich Caelian von hinten. Doch das wurde
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