Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
reden. Er hat keine Ahnung, dass du eine verzauberte Prinzessin bist.«
20
Die nackten, gebräunten Oberkörper der beiden Männer glänzten vor Schweiß. Sie warfen ihre Schwerter, mit denen sie den Nahkampf geübt hatten, zu den anderen Waffen und wuschen sich in einem großen Bottich mit kaltem Wasser.
»Wie war ich heute?«, fragte Rastafan, während er sich das nasse Haar aus dem Gesicht schüttelte.
»In einem echten Kampf wärst du tot gewesen«, brummte Tasman. »Du hast keine Geduld, bist zu ungestüm. Du sollst deinen Feind nicht mit einer Holzkeule erschlagen, sondern mit ihm fechten. Achte in Zukunft mehr auf meine Finten. Das üben wir das nächste Mal.«
Rastafan knurrte irgendetwas vor sich hin, das sich anhörte wie ›du bist nie zufrieden‹, aber er wusste, dass Tasman ein strenger Lehrmeister war, und das schätzte er. In Wahrheit schlug er sich recht wacker, aber Tasman vermied es, ihn zu loben, damit sich Rastafan nicht selbst überschätzte.
Natürlich musste er die Kampfeskunst nicht beherrschen. Seit Phemortos war kein König von Jawendor jemals selbst in die Schlacht gezogen. Und in späteren Jahren waren Kriege mit allen Mitteln verhindert worden. Nicht aus Friedfertigkeit, sondern weil die Aristokratie hinter die Mauern von Margan geflohen war, wo sie ihre bevorzugte Stellung genießen wollte. Immer wieder waren mit den Nachbarländern Verträge geschlossen worden, die kriegerische Auseinandersetzungen vermieden. Oder es wurden Intrigen gesponnen und Hochzeiten vereinbart, die den gleichen Absichten dienten.
Rastafan hingegen hatte den Wunsch, in allen Waffenarten nicht nur ausgebildet zu werden, sondern auch die Meisterschaft in ihnen zu erlangen. Mit Tasman übte er das Schwertfechten. Zwei Offiziere aus dem Heer brachten ihm den Umgang mit der Lanze und dem Bogen bei und wie man beides vom Pferd aus einsetzte. Es gab auch noch ein halbes Dutzend Streitwagen, aber sie hatten Rost angesetzt und waren nicht mehr zu gebrauchen.
Der lange Friede hatte dazu geführt, dass es kein stehendes Heer mehr gab. Die Männer gingen anderen Beschäftigungen nach und wurden bei Bedarf einberufen. Dieser bestand jedoch nur im Inland, wenn es galt, aufmüpfige Untertanen zu bestrafen. Lediglich die Offiziere waren verpflichtet, regelmäßig Waffenübungen abzuhalten und einmal im Monat die Fähigkeiten der übrigen Männer zu überprüfen.
Rastafan war entsetzt gewesen, aber bevor er etwas gegen diesen verlotterten Zustand unternahm, wollte er erst einmal selbst zu dem imstande sein, was er von seinen Soldaten forderte. Diese Einstellung war ihm als Anführer der Berglöwen in Fleisch und Blut übergegangen. Er hatte erkannt, dass er viel lernen musste, und er wollte lernen. Dabei halfen ihm sein eiserner Wille und ein Versprechen, das er sich selbst gegeben hatte: Ich will ein guter König werden.
»Du nimmst dir zu viel vor«, hatte Tasman ihn getadelt. »Strategie, Diplomatie, Gesetzeskunde, du willst alles allein machen, aber dafür hast du deine Leute.«
»Habe ich die? Ich sage dir, der Palast ist genauso verkommen wie das Heer. Ich kann mich nur auf ganz wenige verlassen.«
Zu ihnen gehörte der Sonnenpriester Saric. Er brachte Rastafan das Lesen und Schreiben bei und war sein persönlicher Sekretär geworden. Und nach dem Fechtunterricht stand nun eine Schreibstunde an. Rastafan hieb Tasman auf die Schulter. »Ich muss jetzt gehen, mein Freund. Vom Schwert zur Feder. Ist das ein Aufstieg oder ein Abstieg?«
Tasman versetzte ihm einen leichten Rippenstoß. »Wenn du mit der Feder so erbärmlich umgehst wie mit dem Schwert: ein Abstieg natürlich.«
Rastafan nahm eine Boxhaltung ein. »Komm her, du Wicht! Ich zeige dir, wer hier erbärmlich ist.«
Tasman wich zur Seite und lachte. »Beeil dich, sonst bekommst du von Saric wegen der Verspätung noch einen Verweis.«
Saric wartete bereits auf ihn und studierte, was Rastafan das letzte Mal geschrieben hatte. Es waren Stichworte zu einer Verordnung, die Rastafan noch ausarbeiten und dann erlassen wollte. Bei seinem Eintreten hob Saric den Kopf. Er lächelte schmal, als er Rastafans vom Fechten erhitztes Gesicht erblickte.
»Ich komme doch nicht zu spät?«
»Ihr kommt zu spät, Herr, aber wer bin ich, dass ich Euch dafür tadeln dürfte?«
Rastafan stöhnte. »Oh Saric! Das tust du absichtlich.«
»Ihr müsst auf Euren hohen Rang achten. Ich habe es Euch schon ein paar Mal gesagt. Ein König entschuldigt sich nicht bei seinen
Weitere Kostenlose Bücher