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Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne

Titel: Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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er hatte ihn stets für gerechtfertigt gehalten.
    Er griff zur Feder, aber er zögerte. Doron! Ein böser König, ein nichtswürdiger Mensch! Er zuckte innerlich zusammen.
Bin ich nicht dabei, mich selbst in Doron zu verwandeln? Will ich wirklich diese Abscheulichkeiten fortsetzen, die ich an ihm so gehasst habe? Gut, keine Pfähle! Soll ich sie dann alle auf dem Königsplatz köpfen lassen? ›Du musst sie nicht zum Tode verurteilen‹
, hörte er Tasman sagen.
Wäre ein Blutbad tatsächlich förderlich, gute Beziehungen zu den Marganern aufzubauen? Ist ein guter König wirklich ein schwacher König? Oder ist es nicht eher Stärke, Milde zu zeigen und dadurch die Täter zu beschämen?
    Zum ersten Mal war Rastafan verwirrt, wusste er nicht, welchen Stimmen er trauen sollte. Zwanzig Todesurteile. Oh, er hatte getötet, aber nie durch einen Federstrich. Unschlüssig legte er die Feder zur Seite. Plötzlich war ihm klar: Hier saß Rastafan, der Beleidigte, der Zornige, der Rächer. Dieser wollte die Todesurteile unterschreiben. Doch er musste sie als König unterzeichnen. Er trug Verantwortung für das, was er tat, und durfte persönliche Kränkungen nicht die Oberhand gewinnen lassen. Zwanzig elende Betrüger, darunter ein gewissenloser Richter und ein gnadenloser Ausbeuter seiner Untertanen, warteten auf sein Urteil. Musste es nicht königlich ausfallen? Oder durfte es so jämmerlich sein wie die Täter selbst?
    Wie sollte er sich entscheiden? Und wer konnte ihm hier raten?
    Plötzlich fiel ihm Suthranna ein. Ein Mann, der an ihn geglaubt hatte, als die meisten anderen ihn für einen Verräter und Mörder gehalten hatten. Der Mondpriester war kein Mann, der sich aufdrängte, er hielt sich im Hintergrund und sorgte auf seine Weise dafür, dass die Gerechtigkeit in Margan noch ihren Platz fand. Von Razoreth hatten er und Sagischvar gesprochen. Razoreth war es auch gewesen, der ihm das Schwert geführt hatte, als er seinen Bruder und Geliebten niedergestochen hatte. Er war fest entschlossen gewesen, Razoreth abzuschwören. Nicht, dass er an ein Wesen dieser Art geglaubt hätte. Er wusste, dass Razoreth eine andere Bezeichnung für das Böse schlechthin war.
    Rastafan erhob sich. Eigentlich hatte er die Entscheidung schon getroffen. Er würde die Urteile in lebenslangen Kerker umwandeln. Aber es würde nichts schaden, wenn er sich mit Suthranna über seine Erkenntnisse austauschte. Es war für ihn selbstverständlich, diesen in seinem Tempel aufzusuchen.
    Suthranna ließ sich die große Freude nicht anmerken, dass Rastafan in dieser Situation zu ihm kam. Ihm waren die Ereignisse am Hof natürlich nicht verborgen geblieben, und er hatte das Schlimmste befürchtet. Er hielt Rastafan nicht für einen schlechten Menschen, aber er war für sein aufbrausendes Wesen bekannt. Wie leicht konnte er in seinem Zorn das Falsche tun. Auch, wenn er es später bereute, konnten die Verfehlungen nicht wieder gutgemacht werden.
    Sie hatten eine sehr lange Aussprache, in der Suthranna Rastafan nicht nur in seinen Ansichten bestärkte. Er spürte die Verunsicherung in diesem starken Mann, die ihm zu schaffen machte. Ein Rastafan konnte vieles ertragen, aber nicht, dass man ihn für schwankend, kleinmütig oder hilflos hielt. Er hatte daran gearbeitet, den Räuberhauptmann abzulegen und ein König zu werden, wie ihn Jawendor dringend benötigte, und man hatte es ihm schlecht gedankt. Eine gewaltige Aufgabe lag noch vor ihm, für die er all seine Kraft benötigte, da durften ihn keine verderblichen Zweifel bedrängen, ob der Weg, den er eingeschlagen hatte, der richtige war. Ein Weg, der mit einem Mord begonnen hatte und doch nicht Dorons Weg war. Suthranna hätte Rastafan gern diese große Last genommen, aber er durfte es nicht.
    »Darf ich Euch zum Abschluss noch einen Rat geben? Oder besser: Darf ich Euch einen Vorschlag machen?«
    »Bitte, sprecht.«
    »Bevor Ihr die Regierungsgeschäfte wieder aufnehmt – und es wird nicht leicht sein –, solltet Ihr Euch ein paar Tage entspannen. Lasst Margan und alle Probleme hinter Euch und begebt Euch an einen Ort, wo Ihr Ruhe und gute Gespräche findet. Ich spreche von Anamarna und der Kurdurquelle. Wart Ihr schon einmal da?«
    »Nein, aber ich hörte von ihr und von ihrem heilkräftigen Wasser.«
    »Der ganze Ort wirkt heilsam auf Geist und Seele, und natürlich ist das Wasser gut für die Gesundheit, aber das ewige Leben schenkt es einem nicht.«
    Rastafan lächelte. »Das hätte ich auch nicht

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