Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Dienstbotenschaft – vom Küchenpersonal bis zu den Dienern und Gärtnern – auf ein immens erhöhtes Arbeitsaufkommen gefasst machen. Alminas Vorstellung von einem Rückzugsort für die Verwundeten beinhaltete die Maßgabe, dass die Männer ihre Mahlzeiten entweder auf ihren Zimmern einnahmen, wenn sie zu schwach waren, um diese zu verlassen, oder hinter den vergoldeten Säulen am Ende der nördlichen Bibliothek. In jedem Fall aber sollte ihnen von Dienern aufgetragen werden. Im Grunde gestaltete sich das Vorhaben so, als würden fünfzig Hausgäste dauerhaft in Highclere Castle einziehen.
Bei der Verwirklichung dieses ehrgeizigen Unternehmens spielten Streatfield und Mrs McNair, die 1911 Mrs Bridgland abgelöst hatte, bedeutende Rollen. Mrs McNair nahm wie gewohnt im Wohnzimmer Lady Carnarvons Anweisungen entgegen, doch betrafen diese nun die Unterbringung der Krankenschwestern und die Versorgung von Männern, die sich von Knochenbrüchen oder der Ruhr erholten, mit angemessenen Lebensmitteln. Auch wenn Almina während ihrer gesamten Arbeitszeit in den Kriegsjahren ihre Krankenschwesternuniform trug, änderte dies nichts an der Interaktion mit den Bediensteten. Almina ging zwar einer Beschäftigung nach, dennoch blieb sie Ihre Ladyschaft.
Almina berichtete von einem Anstieg der Einsatzbereitschaft unter ihren Dienstboten, als diese ihr halfen, Highclere Castle für den Einzug der neuen Gäste vorzubereiten. Sie mussten alle Hände voll zu tun gehabt haben und leisteten noch dazu einen wichtigen Anteil an der Kriegsführung ihres Landes. Außerdem war die unermüdliche Arbeit ein willkommenes Mittel, sich von dem bangen Warten auf den nächsten Einberufungsbefehl – für sich selbst, für den Ehemann oder den Sohn – abzulenken. Angesichts des strengen Regimes von Mr Streatfield freuten sich einige auch auf neue Gesichter und eine Abwechslung vom alltäglichen Aufgabenfeld.
Highclere befand sich also in grundlegendem Wandel. Almina beschloss, die Bibliothek zum Aufenthaltsraum der Kranken umzugestalten. Das bestehende Mobiliar wurde beibehalten, doch es wurden zahlreiche Stühle hinzugefügt, um den Männern genügend Sitzgelegenheiten zum Kartenspielen oder zum Lesen zu bieten. Der Raum erstreckt sich über die gesamte Breite des Schlosses und ist dabei nicht nur elegant, sondern auch sehr gemütlich. Die in Leder gebundenen Bücher, die Orientteppiche, die mit Lampen bestückten Tische neben plüschigen Sofas verströmen eine besänftigende Atmosphäre wie ein Platz am Kaminfeuer. Die Verandatüren gehen direkt auf die geschwungene Einfahrt hinaus und bieten Blick auf die Gärten. An sonnigen Tagen ist der Raum lichtdurchflutet, und es dauert nur einen Moment lang, bis man den Kies und den federnden Rasen unter den Füßen spüren kann.
Alles war darauf ausgerichtet, die verwundeten Soldaten den luxuriösen, landhausähnlichen Lebensstil genießen zu lassen. Almina hatte Highclere Castle als Therapiestätte, in der das gemütliche Ambiente der Bibliothek und die exzellente Kochkunst ebenso große Bedeutung besaßen wie die Dienstleistungen der Radiologen, die Almina aus London einberufen hatte, neu erfunden. Die ersten Patienten trafen Mitte September ein – Soldaten der Seaforth Highlanders und der Royal Artillery, die sich Knochenbrüche und Schusswunden zugezogen hatten und ohne Zweifel unter einem ausgeprägten psychischen Problem litten, das später als Kriegsneurose bezeichnet wurde und heute unter dem Begriff posttraumatische Belastungsstörung bekannt ist. Kein Wunder, dass viele von ihnen berichteten, sie hätten beim ersten Anblick von Highclere Castle das Gefühl gehabt, im Paradies gelandet zu sein.
KAPITEL 11
Das verlorene Paradies
Kaum war der Ruf zu den Waffen erfolgt, meldeten sich auch Männer von Highclere. Die meisten männlichen Angestellten arbeiteten auf dem Anwesen als Gärtner, Förster, Wildhüter oder Stallburschen. Selbstverständlich hatten sie von ihrem Arbeitgeber die Erlaubnis einzuholen, sich zum Kriegsdienst zu melden. Lord Carnarvon ließ wissen, dass allen, die als Freiwillige Kriegsdienst leisten wollten, die Rückkehr in ihre bisherige Stellung garantiert sei. Darüber hinaus bot er an, den Ehefrauen den halben Lohn der Männer auszuzahlen, damit das Einkommen der Familie gesichert war. Sein langjähriger Stallmeister, der schon lange vom Stallburschen zum Stallmeister aufgestiegen war, meldete sich bei der Armee, wurde aber mit der Begründung, er sei zu alt,
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