Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
Vom Netzwerk:
Antwort. Mellors’ Gesicht blieb so geistesabwesend, als hätte er nichts gehört. Ängstlich sah Connie ihn an. Clifford drehte sich jetzt um.
    «Wollen Sie mich bitte nach Hause schieben, Mellors!» sagte er in kaltem, überlegenem Ton. «Ich hoffe, ich habe nichts gesagt, was Sie hätte kränken können», fügte er dann widerwillig hinzu.
    «Keineswegs, Sir Clifford. Wollen Sie, daß ich diesen Stuhl schiebe?»
    «Wenn Sie sich dazu bequemen möchten!»
    Der Mann trat hinzu, aber diesmal nützte es nichts. Die Bremse hatte sich verklemmt. Sie zerrten und zurrten, und der Heger legte wieder Gewehr und Joppe ab. Clifford sagte jetzt kein Wort mehr. Schließlich hob der Heger von hinten den Stuhl an und versuchte, mit einem gleichzeitigen Fußstoß die Räder zu lockern. Er schaffte es nicht, und der Stuhl rutschte wieder auf die Erde. Clifford umklammerte die Lehnen. Der Mann keuchte unter der Last.
    «Tun Sie es nicht!» schrie Connie ihn an.
    «Wenn Sie das Rad da lang ziehen wollen – so!» sagte er und zeigte ihr, wie.
    «Nein! Sie dürfen ihn nicht heben! Er ist zu schwer für Sie», sagte sie, jetzt hochrot vor Zorn.
    Doch er sah ihr in die Augen und nickte. Und sie mußte hingehen und das Rad greifen, ganz fügsam. Er hob, und sie zog, und der Stuhl schwankte.
    «Um Gottes willen!» rief Clifford entsetzt.
    Aber es war alles in Ordnung, und die Bremse löste sich. Der Heger schob einen Stein unter das Rad und ging zum Wegrand und setzte sich; sein Herz hämmerte, und sein Gesicht war weiß vor Anstrengung – er war halb bewußtlos. Connie sah zu ihm hin und heulte beinah vor Wut. Eine Pause entstand, ein tödliches Schweigen. Sie sah, daß seine Hände auf seinen Schenkeln zitterten.
    «Haben Sie sich was getan?» fragte sie und ging zu ihm.
    «Nein, nein.» Fast ärgerlich wandte er sich ab.
    Wieder diese Totenstille. Cliffords heller Hinterkopf regte sich nicht. Selbst der Hund stand bewegungslos. Der Himmel hatte sich mit Gewölk zugezogen.
    Endlich holte der Mann tief Atem und schneuzte sich in ein rotes Taschentuch.
    «Diese Lungenentzündung hat mich ganz schön mitgenommen», sagte er.
    Niemand gab eine Antwort. Connie rechnete aus, wieviel Kraft es gekostet haben mußte, den Stuhl mit dem massigen Clifford hochzustemmen: zuviel, viel zuviel! Wenn es ihm nur nicht den Tod gebracht hatte!
    Der Mann stand auf, nahm wieder seine Joppe und zog sie durch die Griffstange des Stuhls.
    «Sind Sie dann bereit, Sir Clifford?»
    «Wenn Sie es sind.»
    Er bückte sich und zog den Hemmklotz hervor; dann stemmte er sich gegen den Stuhl. Er war bleicher, als Connie ihn je gesehen hatte, und abwesender. Clifford war ein schwerer Mann, und der Hügel war steil. Connie trat neben den Heger.
    «Ich will mitschieben», sagte sie.
    Und mit der ungestümen Kraft weiblichen Zorns stemmte sie sich gegen den Stuhl. Er rollte schneller. Clifford drehte sich um.
    «Muß das sein?» fragte er.
    «Jawohl! Willst du den Mann umbringen? Hättest du den Motor arbeiten lassen, solange er –»
    Aber sie sprach nicht zu Ende. Sie keuchte schon. Sie erschlaffte, denn es war eine überraschend schwere Arbeit.
    «Immer langsam!» sagte der Mann an ihrer Seite, und in seinen Augen stand ein kleines Lächeln.
    «Sind Sie sicher, daß Sie sich nichts getan haben?» fragte sie wütend.
    Er schüttelte den Kopf. Sie sah auf seine kleine, kurze, lebendige Hand nieder, die wettergebräunt war. Das war die Hand, die sie liebkoste. Sie hatte sie vorher nie auch nur angesehen. Sie schien so still – wie er; war von einer seltsamen inneren Stille, und sie wollte nach ihr greifen, und ihr war, als könne sie sie nicht erreichen. Ihre ganze Seele strömte ihm plötzlich zu: er war so still, so ungreifbar! Und er fühlte, wie seine Glieder sich wieder belebten. Mit der Linken schob er, und die rechte deckte er über ihr rundes weißes Gelenk, umschloß es sanft, liebkosend. Und die Flamme der Kraft rieselte ihm das Rückgrat hinab, in die Lenden, und belebte ihn. Und Connie beugte sich plötzlich nieder und küßte seine Hand. Und die ganze Zeit hatten sie Cliffords Kopf, wohlgekämmt und reglos, vor sich.
    Oben auf dem Hügel ruhten sie aus, und Connie war froh, sich strecken zu können. Sie hatte flüchtige Träume von einer Freundschaft zwischen diesen beiden Männern gehabt: dem einen, der ihr Mann, dem andern, der der Vater ihres Kindes war. Jetzt erkannte sie die schreiende Ungereimtheit ihrer Träume. Die beiden Männer waren einander so

Weitere Kostenlose Bücher