Lady Daphnes Verehrer
wird es hier passieren. Sie hat darauf bestanden, mich zu begleiten. Die Reise hat vier Tage gedauert, weil ich nicht gewagt habe, die Pferde schneller als in einem sehr mäßigen Tempo laufen zu lassen.« Summerhays setzte sich und bedeutete seinem Gast, es ebenfalls zu tun. »Wir sind wiedergekommen, weil ich die Rückkehr meines Bruders vom europäischen Festland erwarte. Sein Schiff sollte jeden Tag eintreffen.«
Summerhays’ Bruder, der Marquis von Wittonbury, hatte England ein gutes Jahr zuvor verlassen; seiner Gesundheit wegen und aus anderen Gründen, die mit Ehre zu tun hatten. In den Blicken, die Castleford und Summerhays wechselten, schwangen Erinnerungen an die Geschichte um die Abreise des Marquis.
»Das ist also die Erklärung dafür, warum ich hier bin«, sagte Summerhays. »Und warum Audrianna mich begleitet hat. Sie stand ihm schon immer besonders nahe. Bleibt nur noch die Frage zu klären, warum du hier bist.« Er zog die Visitenkarte aus der Tasche, die Castleford dem Diener gegeben hatte, und las mit hochgezogenen Augenbrauen, was auf der Rückseite stand. »Nüchtern, schau an! Ich bin beeindruckt.«
Verdammt!
Summerhays zwinkerte ihm verschmitzt zu. Castleford gab sich gelangweilt und gleichgültig.
Er bezweifelte jedoch, dass Summerhays ihm das Theater abnahm. Von allen seinen Freunden hatte er am meisten Grund dazu, vom Schlimmsten auszugehen. Bevor er seinen seriösen Lebensstil angenommen hatte, um für seinen Bruder einzuspringen, hatten sie häufig gemeinsam auf herrlich skandalöse Weise dem Vergnügen gefrönt.
Als ihm ein paar Erinnerungen an die glorreichen Zeiten durch den Kopf gingen, seufzte Castleford innerlich. Ihm fehlte der alte Sebastian manchmal sehr.
»Ich habe etwas Geschäftliches mit Mrs Joyes zu erledigen.«
Summerhays lachte. »So nennst du das jetzt?«
»Das ist kein Euphemismus, Summerhays. Wir haben wirklich geschäftlich miteinander zu tun, aber Genaueres darf ich dir nicht sagen.«
Summerhays grinste. »Selbstverständlich.«
»Hör auf, wie ein lüsterner alter Mann zu grinsen, und schick bitte endlich nach ihr.«
Summerhays fingerte an der Karte herum. »Das würde ich ja, und ich würde dich sogar mit ihr allein lassen, damit ihr diese
Geschäftssache
unter vier Augen besprechen könnt, aber die Dame ist leider nicht zugegen. Sie hat das Haus vor zwei Tagen verlassen.«
Castleford ließ sich nichts anmerken, aber ihn packte abermals die kalte Wut. Wenn sie dieses Haus verlassen hatte, dann hatte sie London verlassen. Sie hatte genau gewusst, dass er sie abholen kommen würde, sobald er diese verdammten ärztlichen Bescheinigungen eingeholt hatte, und sie war vor ihm davongelaufen.
Diese Memme! Dieses Aas!
Das konnte er auf keinen Fall dulden. Wenn er es hinnahm, gestand er damit ein, dass sie ihn gründlich zum Narren gehalten hatte und bei diesem Spiel nichts anderes als seine Demütigung zum Ziel gehabt hatte.
Summerhays betrachtete ihn prüfend. Castleford streckte die Beine aus, verschränkte die Arme und tat so, als müsse er ein Gähnen unterdrücken. »Sie ist weg? Gut zu wissen. Dann muss ich ihr einen Brief nach Cumberworth schicken und die Sache schriftlich klären.«
»Ich glaube nicht, dass sie in Cumberworth ist. Sie hat eine von unseren Kutschen genommen und einen der Kutscher, und weder das Gefährt noch der Mann ist bisher zurückgekehrt.«
Seine Wut verrauchte etwas und wich einer lebhaften Neugier. »Das ist ja sonderbar.«
»Ja, nicht wahr?«
»Wissen die Bediensteten, wohin sie gefahren ist?«
»Sie haben nur berichtet, dass sie einen Koffer mitgenommen hat, aber nicht alle ihre Sachen, und dass sie dem Kutscher sagte, sie würden erst nach Westen fahren, dann nach Norden.«
Nach Norden? Sie hatte einmal gesagt, dass das Regiment von Hauptmann Joyes im Norden gewesen war, als sie ihn geheiratet hatte. Nur dass es nie einen Hauptmann Joyes gegeben hatte.
»Und Lady Sebastian hat nicht zufällig eine Ahnung, wo sie sein könnte?«
Summerhays legte die Visitenkarte auf dem Tisch ab. »Sie nimmt an, dass Mrs Joyes zunächst ihr Anwesen aufgesucht hat und dann zu einem Besuch bei der Familie ihres Mannes aufgebrochen ist. Meine Frau meint sich zu erinnern, dass diese im Norden lebt. Es ist schon eine Weile her, seit Mrs Joyes zuletzt zu Hause war. Und wenn sie eine solche Reise unternehmen wollte, wird sie sich erst vergewissert haben, dass bei The Rarest Blooms alles in Ordnung ist. Das ist das Einzige, das Audrianna dazu
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