Lady Ghoul
Beinen, sein Manager mußte ihn stützen.
»Mist«, sagte er, als beide den knallroten Jaguar ansteuerten. »Ich habe noch immer den Leichengeruch in der Nase. Du glaubst mir doch — oder?«
»Klar, Mickey, klar…«
»Okay, du fährst.«
»Auch klar. Und wohin?«
»Ins Hotel.« antwortete Mickey.
»Und dann?«
»Werde ich etwas essen.«
»Eine hervorragende Idee.«
»Und was trinken.«
»Das ist weniger gut.«
»Hör auf, ich weiß selbst, was für mich gut ist und was nicht. Du kannst unterdessen die Typen von der Band anrufen und fragen, ob alles okay bei ihnen ist.«
»Werde ich machen.« Bani war an der Beifahrerseite stehengeblieben und schloß die Tür auf. Mickey stieß sich beim Einsteigen in den niedrigen Leihwagen noch den Kopf, fluchte und hämmerte wütend gegen die wertvolle Innenverkleidung der Tür. Dann stöhnte er über den Schlag des Bullen. »Wie ein Hammer«, sagte er. »Wie ein Hammer.«
»Du hättest auch nicht wie ein Stier auf ihn zuzulaufen brauchen, Mickey.«
»Ich war sauer.«
»Beherrsche dich. Es wird mich viel Mühe kosten, deinen Auftritt heute abend wieder auszubügeln.«
»Dann laß es doch sein, Mann.«
»Das geht nicht. So gut bist du doch nicht, daß du dir alles erlauben kannst.«
»Shit…«
Der Popsänger schloß die Augen. Er wußte selbst, daß er Mist gebaut hatte, würde es aber nie zugeben. Statt dessen dachte er an die Frau, die ihn reingeritten hatte. In den nächsten Tagen würde er sie sich so vornehmen, daß dieser Auftritt am heutigen Abend nichts dagegen war.
»Die mach' ich flach«, flüsterte er. »Ja, die mach' ich flach.«
Bani gab keine Antwort. Er fuhr in Richtung Hotel, das dicht am Hyde Park lag und zur Luxusklasse gehörte.
Als er sich durch den Verkehr gewühlt und den Wagen in die Tiefgarage des Hotels gefahren hatte, war sein Schützling eingeschlafen. Mickey hing schräg im Sitz. Sein Gesicht war entspannt, der Mund stand halb offen, leise Schnarchtöne drangen daraus hervor.
»Man sollte dich den Geiern zum Fraß vorwerfen!« flüsterte Bani.
»Vielleicht mache ich das auch eines Tages, wenn du nichts mehr bringst. Darauf kannst du dich verlassen.« Noch brauchte er ihn und weckte ihn relativ zart.
»Aufstehen, Mickey. Wach werden, wir sind da.«
Craft schlug um sich, spritzte dann hoch und glotzte dumm in die Gegend. »Was ist?«
»Wir sind im Hotel!«
»In der Bar?«
»Nein, in der Garage.«
»Ach so.« Er öffnete die Tür und stierte in die Düsternis. Dann holte er tief Luft, hustete und stieg aus. Neben dem Wagen reckte er sich. »Ich habe wirklich Hunger.«
»Ja, wir werden etwas essen.«
Sie suchten sich in einem der Restaurants einen ruhigen Platz hinter hohen Pflanzen aus. Durch das Fenster konnten sie zum Hyde Park schauen.
Der Ober kam und empfahl warmes Roastbeaf. »Sie können auch Chips dazu haben.«
»Ja, das nehme ich.«
»Für mich auch, bitte«, sagte Bani.
»Und ein großes Bier!« rief Craft dem Ober noch nach. Er holte eine Zigarette hervor. »Was glotzt du mich so an, Bani?«
»Das bildest du dir ein.«
»Du denkst wohl, daß ich auf der Leiter nach unten rutsche, wie?«
»Das kann möglich sein.«
»Aber wenn das geschieht!« keuchte er. »Dann nehme ich dich mit, Bani. Ich reiße dich in die Scheiße rein!« rief er laut, und sein Manager zuckte zusammen.
»Sei doch mal vernünftig.«
»Das bin ich immer. Oder fast.« Er zündete sich das Stäbchen an. Der Ober bestellte das Bier, Bani wollte noch ein Wasser.
»Toll, mußt dich immer von mir abheben. Wann saufen wir denn mal einen zusammen?«
»Wenn du wieder vernünftig bist.«
Für Craft war das Thema erledigt. Er sagte nichts mehr und starrte nur ins Leere.
Das Essen kam, er probierte, war zufrieden und aß anschließend wie ein Ausgehungerter. Nur über die Chips meckerte er. Sie waren ihm zu kalt. Mit Bier spülte er nach und ließ sich anschließend zurücksinken. »Das hat gutgetan.«
»Geht es dir jetzt wieder besser?«
»Wieso? Mir ging es noch nie schlecht.«
»Ich meine mit leerem Magen warst du unausstehlich.«
»Kann sein.« Der Popsänger reckte sich und sagte: »Ich gehe in die Bar. Du kannst ja nachkommen, wenn du willst.«
Bevor der Manager noch eine Antwort geben konnte, war Craft schon verschwunden.
Auch in den Hotelbars hatte er sich nicht immer friedlich benommen. Das schien sich herumgesprochen zu haben. Man behandelte ihn zwar äußerst höflich, begegnete ihm gleichzeitig auch mit einem gewissen
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